Es war ein kalter Montagmorgen in Cottonwood Springs, Wyoming, als die ersten Strahlen der Sonne über die sanften Hügel brachen und lange Schatten auf das abgenutzte Ranchhaus von Jackson Reed warfen. Mit 35 Jahren stand Jackson auf seiner Veranda, eine Kaffeetasse in der Hand, und beobachtete, wie der Tag anbrach. In zwei Wochen würde er Sarah Montgomery, die Lehrerin der Stadt, heiraten. Das Leben, so schien es, hatte endlich seinen Platz gefunden.
Doch dann hörte er das Knirschen von Wagenrädern auf dem staubigen Weg und drehte sich um. Merkwürdig, er hatte keinen Besuch erwartet – vor allem nicht zu dieser Stunde. Als der Wagen näher kam, erkannte er Sheriff Wilkins, dessen Gesicht so ernst war wie die Morgennebel.
„Morgen, Sheriff“, rief Jackson, stellte seine Kaffeetasse ab. „Etwas früh für einen Besuch, oder?“ Der Sheriff nahm seinen Hut ab, ein Zeichen, dass es schlechte Nachrichten gab.
„Jackson, ich fürchte, ich muss dir etwas Schweres mitteilen“, begann der Sheriff, und Jacksons Brust zog sich zusammen. „Was ist los?“ fragte er angespannt.
„Es geht um deinen Bruder Thomas und seine Frau Rebecca. Es gab einen Unfall gestern. Ihr Wagen stürzte von Widow’s Pass.“ Jacksons Welt blieb für einen Moment stehen. „Sind sie…?“ fragte er kaum hörbar.
Der Sheriff nickte langsam. „Es tut mir leid, Sohn. Sie haben es nicht geschafft.“
Jackson stützte sich auf den Pfosten der Veranda, während Erinnerungen an seinen jüngeren Bruder über ihn hinwegrollten. Angeln am Bach, Pferde brechen, stolz bei Thomas’ Hochzeit vor fünf Jahren stehen. „Die Jungen?“ fragte er, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
„Thomas und Rebecca hatten zwei kleine Söhne, Matthew, vier Jahre alt, und James, gerade mal zwei. Sie waren nicht im Wagen“, erklärte der Sheriff. „Sie sind bei Mrs. Wilson in der Stadt, aber sie fragen nach Familie.“
Jackson starrte über das Land, das er und Thomas zusammen beackert hatten, bevor Thomas nach Osten gezogen war. „Ich sattel die Pferde. Bring mich zu ihnen.“
Die Fahrt in die Stadt war still. Jeder Hufschlag schlug tiefer in Jacksons Herz. Sein Bruder war tot. Rebecca auch. Und jetzt warteten die Jungen in Mrs. Wilsons Gasthaus auf ihn.
„Sie sind oben“, sagte Mrs. Wilson, als sie die Tür öffnete, ihre Augen von Mitgefühl erfüllt. „Die armen kleinen Lämmer, sie weinen fast die ganze Nacht nach ihrer Mama.“
Jackson zog seinen Hut ab, plötzlich bewusst seiner staubigen Stiefel und der Tage alten Stoppeln. Was wusste er schon über die Pflege von Kindern? Er war ein Rancher, kein Vater.
„Onkel Jack“, ertönte eine kleine Stimme. Matthew, mit einem roten, weinenden Gesicht und einem kleinen Holzpferd, das sein Vater Thomas geschnitzt hatte, kam die Treppe hinunter. Etwas brach in Jacksons Brust, als der Junge zu ihm lief und seine kleinen Arme um seine Beine schlang.
„Ich bin bei dir, mein Junge“, flüsterte Jackson, seine Stimme brach. „Ich bin jetzt für dich da.“
James schlief in einem improvisierten Bett, sein dickes Gesicht friedlich, ohne zu wissen, dass sich seine Welt für immer verändert hatte.
„Was passiert jetzt mit ihnen?“ fragte Mrs. Wilson sanft. Jackson schaute auf den schlafenden James und dann auf Matthew, der immer noch an ihm hing. Es gab nur eine Antwort: „Sie kommen mit mir nach Hause. Sie gehören zum Reed-Clan. Sie gehören auf Reed-Land.“
Es war erst, als er die wenigen Sachen der Jungen auf seinen Wagen lud, dass das volle Gewicht seiner Entscheidung auf ihn einwirkte. Sarah, seine Braut, wartete darauf, dass sie ihr Leben gemeinsam begannen – in zwei Wochen. Aber jetzt hatte er zwei kleine Kinder im Schlepptau. Sarah war eine großartige Lehrerin, aber würde sie auch eine Mutter für diese Jungen sein? Und wollte sie das überhaupt?
Als sie den Wagen zurück zum Ranchhaus fuhren, mit Matthew an seiner Seite und James in einem Korb, fragte sich Jackson, wie er Sarah das erzählen würde und ob sie verstehen konnte, was er soeben versprochen hatte.
Zwei Tage später saß Sarah in ihrem Klassenzimmer und ordnete die Bücher, als Betsy Miller, ein junges Mädchen, sie ansprach. „Miss Montgomery, ich habe gehört, Mr. Reed’s Bruder und seine Frau sind gestorben. Und jetzt nimmt er die Jungen auf.“
Sarah saß schwer in ihrem Stuhl. Ihr Herz sank. Die Jungen, die sie in der Kirche bei den Gemeindeveranstaltungen gesehen hatte, würden bei Jackson wohnen? Sie hatte sich immer vorgestellt, dass sie mit Jackson allein leben würde, zumindest für eine Weile, bevor sie vielleicht eigene Kinder bekamen.
Als Jackson sie später besuchte, sah sie es sofort in seinen Augen – er hatte keine Wahl. Die Jungen brauchten ihn, und jetzt brauchten sie sie auch. Sarah verstand, dass sie ihre Pläne ändern musste, aber es war nicht leicht. Sie fragte sich, ob sie wirklich die Mutterfigur sein konnte, die die Jungen brauchten, oder ob sie sich mit einer Rolle abfinden musste, die ihr zu groß erschien.
Doch als sie das erste Mal mit den Jungen zusammen war, wurde ihr klar, dass ihre Entscheidung, zu bleiben, die richtige war. Als sie mit ihnen aß, Matthew ihr von seinem Spielzeug erzählte und James sich bei ihr anlehnte, spürte sie, wie sich ihr Herz öffnete.
Jackson und Sarah sprachen viel darüber, was ihre Zukunft bringen würde. Aber der Tag ihrer Hochzeit rückte näher, und Sarah fragte sich, ob sie wirklich bereit war, die Verantwortung für zwei trauernde Kinder zu übernehmen. Doch als Jackson sie schließlich in den Arm nahm und sagte: „Ich kann dir nicht genug danken, dass du bleibst“, wusste sie, dass sie das Richtige tat.
Am Tag ihrer Hochzeit, als sie die Kirche betrat, wusste Sarah, dass dies der Beginn eines neuen Lebens für sie und die Jungen war. Ihr Hochzeitstag war nicht wie geplant – keine große Feier, keine langen Vorbereitungen. Aber es war der Tag, an dem sie ein Versprechen ablegte – ein Versprechen, die Jungen zu lieben, so wie sie es für Sarah und Jacksons Zukunft taten.