An einem regnerischen Oktobernachmittag im Jahr entdeckte D. Amelie Förster, Professorin für neuere Geschichte an der Ludwig-Maximilians Universität München, eines der verstörendsten Beweisstücke in einer über 100 Jahre alten Kriminalgeschichte. Der kleine Antiquitätenladen in der Münchner Maximilianstraße war seit Jahren ihr Zufluchtsort vor dem akademischen Alltag und der betagte Inhaber, Herr Samuel Wittmann bewahrte oft interessante historische Objekte für sie auf.
Das stammt aus einem Nachlass in Augsburg”, erklärte Wittmann, während er vorsichtig einen kunstvoll geschnitzten Holzrahmen auswickelte. Die Familie hat den Dachboden der Großmutter geräumt und wollte alles loswerden. Die alte Dame hat nie über ihre Kindheit gesprochen. Sie sagte, es sei zu schmerzhaft gewesen.

Das Foto im Rahmen zeigte ein formelles Familienportrait aus der späten Kaiserzeit. Typisch für die 1890er Jahre, auf die sich Dr. Förster spezialisiert hatte. Das Bild stellte eine wohlhabende deutsche Familie dar, aufgenommen in ihrem geschmackvoll eingerichteten Salon. Der Vater stand hinter seiner sitzenden Frau, beide in der strengen Sonntagskleidung des Wilhelminischen Bürgertums.
Drei Kinder zwischen 8 und 16 Jahren waren sorgfältig um die Eltern herum platziert, ganz nach der üblichen Kompositionsweise professioneller Fotografen jener Zeit. Auf den ersten Blick schien an dem Foto nichts ungewöhnlich. Kleidung, Möbel und Aufnahmetechnik entsprachen genau dem, was man von einem Studiofoto aus dem Jahr 1895 erwartete. Dr.
Firstster kaufte das Foto für 60 € hauptsächlich als Lehrmaterial für ihre Vorlesung über das bürgerliche Familienleben im späten 19 Jahrhundert. Sie ahnte nicht, dass dieses scheinbar harmlose Portrait Beweise für Verbrechen enthielt, die über ein Jahrhundertlang unentdeckt geblieben waren. Am Abend, als sie das Foto für ihre wissenschaftliche Sammlung katalogisieren wollte, machte sie eine Entdeckung, die ihr Verständnis des Willelminischen Familienlebens grundlegend verändern sollte und eine Untersuchung eines der grausamsten Kriminalfälle der deutschen Geschichte
auslöste. In ihrem Arbeitszimmer an der Universität begann Dr. Firstster mit der Dokumentation. Unter professioneller Beleuchtung und mit einer hochauflösenden Digitalkamera erstellte sie detaillierte Aufnahmen des Portraits. Das Originalmaß 30 Multiplikationszeichen 40 cm und war in einen aufwendig geschnitzten Rahmen gefasst, ein Hinweis auf den Wohlstand der dargestellten Familie.
Der Hintergrund zeigte einen typischen Salon jener Zeit, schwere Vorhänge, ornamentierte Tapeten, massives Mobiliar. Als sie die Aufnahme mit einer Lupe untersuchte, fielen ihr die Wanddekorationen hinter dem Vater auf. Zunächst wirkte alles wie erwartet: Teller, Gemälde, religiöse Motive. Doch als die Lupe über den Bereich hinter der linken Schulter des Mannes wanderte, stockte ihr der Atem.
Zwischen den üblichen Wandverzierungen hing etwas, das niemals in einem anständigen Familienhaus hätte gezeigt werden dürfen. Eine Reihe menschlicher Skalps, sorgfältig präpariert und gerahmt wie Jagdtrophäen. Die Haare unterschieden sich in Farbe und Struktur, was darauf hindeutete, dass sie von verschiedenen Personen stammten.
Die professionelle Konservierung zeigte, dass jemand mit Fachwissen in Präparation und Konservierung am Werk gewesen war. Dr. Firstster kontaktierte sofort Dr. Robert Chen, einen forensischen Anthropologen an der Universitätsklinik München, der auf historische Beweisanalysen spezialisiert war. Seine mikroskopische Untersuchung bestätigte ihre schlimmsten Befürchtungen.

“Das sind zweifellos menschliche Skalps”, erklärte er. Die Art der Konservierung und Anordnung zeigt, dass sie mit großem Aufwand gesammelt und präsentiert wurden. Die Analyse ergab zudem, dass die Haare von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Altersgruppen stammten, ein Hinweis auf eine systematische Tatserie. “Das war kein Verbrechen aus Affekt”, sagte Dr.
Chen. Das war geplante methodische Sammlung über einen langen Zeitraum. Weitere Nachforschungen ergaben das Familien im 19. Jahrhundert bei Atelierfotos bewusst ihre wertvollsten Besitztümer präsentierten, um Wohlstand und Status zu zeigen. Dass diese Familie ihre Sammlung offen zur Schau stellte, deutete darauf hin, dass sie keinerlei Angst vor Entdeckung hatte oder dass die Verbrechen nie bemerkt worden waren.