Ein obdachloser Teenager opfert sein letztes Essen für ein blindes Mädchen und trägt sie 10 Meilen auf dem Rücken durch den Regen. Er ahnt nicht, wessen Tochter er gerade gerettet hat.

Die Innenstadt war lebendig, aber nicht auf eine einladende Art. Neonlichter zuckten über schmierige Ladenfronten. Dampf stieg aus Gullydeckeln und vermischte sich mit dem fernen Heulen von Polizeisirenen. Die Bürgersteige waren überfüllt. Anzugträger, die aus Bürogebäuden eilten. Touristen, die Selfies machten.

Niemand blickte nach unten. Niemand sah sich um. Und niemand bemerkte jemals den Jungen, der sich an den Rändern der Welt bewegte.

Malik bewegte sich wie jemand, der wusste, wie man unsichtbar ist. 16 Jahre alt, schwarz, dürr, gekleidet in Schichten unpassender Kleidung, die er gefunden oder eingetauscht hatte. Sein Kapuzenpullover war zwei Nummern zu groß, die Ärmel ausgefranst. Er war ein Geist in der lauten Maschinerie der Stadt.

Es war kurz nach sechs, aber die Sonne war bereits hinter den Hochhäusern versunken. Die Leute eilten nach Hause. Malik beobachtete sie, während er in die Gasse hinter der vietnamesischen Bäckerei in der Jefferson Street abbog. Hierher kam er die meisten Abende. Der Besitzer warf am Ende des Tages unverkaufte Backwaren weg, die noch essbar waren.

Malik kauerte sich hinter den Müllcontainer und fand, was er suchte: Ein kleiner Laib Weißbrot, noch eingewickelt. Er lächelte schwach. Es würde reichen.

In diesem Moment hörte er es. Ein leises, unterdrücktes Weinen.

Er erstarrte. Hinter einem Stapel flachgedrückter Pappkartons kauerte jemand. Malik stand langsam auf, bereit zu fliehen. Doch was er sah, ließ sein Blut gefrieren.

Ein kleines Mädchen.

Sie kauerte auf dem Beton, die Knie an die Brust gezogen. Ihr Kleid war einmal rosa gewesen, jetzt war es braun vor Schmutz. Ihre Haut war voller Kratzer. Und ihre Augen… sie bewegten sich nicht. Sie starrten leer und glasig geradeaus. Sie zuckte nicht einmal zusammen, als er näher kam.

“Hey”, sagte er leise. “Geht’s dir gut?”

Das Mädchen wandte den Kopf seiner Stimme zu, aber ihre Augen blieben leer. “Ich soll nicht mit Fremden reden”, sagte sie. Ihre Stimme war klein und heiser.

Malik spürte, wie sich etwas in seiner Brust zusammenzog. “Ich bin Malik”, sagte er sanft. “Jetzt bin ich kein Fremder mehr.”

Sie antwortete nicht. Ihre Finger waren weiß, so fest krallte sie sich an den Karton. “Hast du Hunger?”, fragte er.

Sie zögerte und nickte dann kaum merklich.

Malik öffnete seinen Rucksack. Darin war eine kleine braune Papiertüte. Er hatte sie früher am Tag von einer Freiwilligen in einer Kirche bekommen. Ein eingepacktes Putensandwich, das noch warm gewesen war, als man es ihm gab. Er hatte es für später aufgespart, für den Moment, wenn der Hunger unerträglich wurde.

Er nahm es heraus, wickelte es vorsichtig aus und hielt es ihr hin.

Sie streckte zitternd die Hände aus und nahm es. Die Art, wie sie abbiss, zerbrach etwas in ihm. Sie kaute nicht schnell. Sie hielt das Essen einfach im Mund, als könnte sie nicht glauben, dass es echt war.

“Wie heißt du?”, fragte er. “Ava.” “Ich weiß nicht, wo ich bin”, flüsterte sie.

Ein Junge, der nichts besaß, gab die einzige saubere Mahlzeit, die er hatte, einem blinden Mädchen, das noch weniger besaß.

Als Ava zu zittern begann, stand Malik auf. “Mein Platz ist nicht weit”, sagte er. “Ist nicht viel, aber es ist trocken.”

Sie bewegte sich nicht. Er half ihr auf die Beine.

Sein “Zuhause” war ein Verschlag aus Sperrholz und Planen, eingeklemmt zwischen einer Ziegelmauer und einer Tankstelle. Es war ein Unterschlupf, den die Welt vergessen hatte. Er half Ava hinein, wickelte die einzige Decke, die er besaß, um ihre Schultern und setzte sich neben sie.

Der Regen kam kurz nach Mitternacht, erst leise, dann ein stetiges Trommeln gegen das Flickwerk aus Planen. Wasser tropfte durch die Ecken, aber in der Mitte war es trocken. Ava war vor Erschöpfung eingeschlafen. Malik saß mit angezogenen Knien da und beobachtete sie. Er zog seinen eigenen Kapuzenpullover aus und legte ihn über die Decke, die kaum ihre Füße bedeckte. Die Kälte kroch ihm in die Arme, aber es war ihm egal.

“Bist du noch da?”, durchbrach eine leise Stimme die Stille. “Ich bin hier”, sagte er. “Ich dachte, du gehst vielleicht.” Malik schüttelte den Kopf, obwohl sie es nicht sehen konnte. “Ich lasse dich nicht hier draußen.” Eine Pause. Dann flüsterte Ava: “Hast du eine Mama?” Er zögerte. “Ich hatte eine.” “Ich auch.”

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