Neue Spur aus der Asche: Ein verkohlter Handschuh zwingt die Ermittlungen zur Neubewertung
GÜSTRO/ROSTOCK. Mehr als einen Monat nach dem grausamen Verbrechen an dem achtjährigen Fabian (†8) in Güstro schien der Fall in einer unheilvollen Stille festgefahren. Hauptverdächtige Gina H. (29), die Ex-Partnerin von Fabians Vater, sitzt seit Wochen in Untersuchungshaft und schweigt beharrlich. Doch ein einziger Fund hat die Ermittlungen der Mordkommission Rostock schlagartig wieder in Bewegung gebracht: Ein verkohlter Lederhandschuh, entdeckt nur rund 100 Meter von der Stelle entfernt, an der Fabians Leiche gefunden wurde.
Was zunächst wie ein Zufallsobjekt schien, entwickelt sich im Landeskriminalamt (LKA) Mecklenburg-Vorpommern zum entscheidendsten Puzzleteil seit der Festnahme der Verdächtigen. Der Gegenstand wird derzeit akribisch auf DNA, Faserreste und Brandbeschleuniger untersucht. Die dramatischste Wende jedoch kam mit ersten, vorläufigen Laborergebnissen, die eine neue und beunruhigende Möglichkeit eröffnen: Die gesicherte DNA auf dem Handschuh stammt nicht eindeutig von Gina H..
In einem Fall, der sich seit Wochen auf eine einzige Verdächtige konzentrierte, steht nun plötzlich eine zweite, unbekannte Person im Verdacht. Wer ist der ominöse Unbekannte? Handelte es sich um einen Mittäter, einen Helfer – oder war die festgenommene Gina H. möglicherweise nicht die Hauptakteurin?

Der unkonventionelle Fund und die Lücke im Suchradius
Die Umstände des Fundes selbst sind so ungewöhnlich, dass sie sofort Misstrauen und Spekulationen weckten. Der Handschuh wurde nicht von der Polizei selbst gesichert, sondern von einer Spaziergängerin gefunden und, in einer Plastiktüte verpackt, während laufender Dreharbeiten an ein RTL-Kamerateam übergeben. Dieser unkonventionelle Ablauf ließ nicht nur die Öffentlichkeit rätseln – war der Fund manipuliert? – sondern beschäftigte auch die Ermittler intensiv.
Besonders brisant: Der Fundort lag in einem Bereich, der bereits zuvor von der Polizei gründlich durchsucht worden war. Dies wirft die paradoxe Frage auf: Wurde der Handschuh damals übersehen, oder ist er erst später dorthingelangt?
Ermittler halten einen zufälligen Verlust im Zuge der Tat oder eine bewusste, panische Ablage in dem 100-Meter-Radius für denkbar. Für die Familie Fabians, die seit Wochen zwischen Hoffnung und Verzweiflung schwankt, ist der Gegenstand – dieses symbolische Stück verkohltes Leder – nun die letzte Hoffnung auf ein „Zeichen, egal wie klein“.
Die stumme Blockade: Gina H.s Schweigen und die Folgen
Der Fall Fabian ist untrennbar mit dem Schweigen der Hauptverdächtigen Gina H. verbunden. Sie war die Frau, die den leblosen Körper fand, die Frau, die das Kind kannte, und die Frau, die nach ihrer Festnahme kein Wort zu den Vorwürfen geäußert hat.
Für die Ermittler bedeutet dieses Schweigen eine „Blockade“ und einen Stillstand der klassischen Verhörmethoden. Ohne ihre Aussage müssen sich die Behörden ausschließlich auf äußere Beweise, digitale Spuren (die Widersprüche zu ihrer ursprünglichen Schilderung zeigten) und forensische Analysen verlassen. Die Konzentration liegt damit voll auf dem LKA in Rostock.
Dort wird der Handschuh unter strengsten Bedingungen untersucht. Die Priorität der forensischen Teams liegt auf der Suche nach Hautzellen im Inneren sowie auf der chemischen Untersuchung nach Brandbeschleunigern wie Benzin oder Spiritus. Sollten solche Rückstände gefunden werden, könnte das den Verdacht untermauern, dass der Handschuh während der Brandlegung getragen wurde.
Erste Informationen zur materiellen Beschaffenheit des Handschuhs wurden bereits geprüft: Gibt es eine Materialstruktur-Übereinstimmung mit einem Exemplar, das bei der Verdächtigen gefunden wurde? Auch hier war die Hitze (Verkohlung) der größte Feind, der biologische Spuren oft zerstört.
Der Schock im Labor: DNA-Rätsel mit zwei Gesichtern
Der eigentliche Wendepunkt im Fall trat ein, als das LKA DNA-Material auf dem Handschuh sichern konnte. Die Nachricht, die intern durchsickerte, sorgte für Aufsehen und Nervosität: Die gefundene DNA ist nicht eindeutig der in U-Haft sitzenden Gina H. zuzuordnen.
Dieser Fund wirft alles über den Haufen. Nach Wochen, in denen sich die Ermittlungen und die öffentliche Meinung auf eine einzige Person konzentriert hatten, muss die Staatsanwaltschaft nun vorsichtig einräumen, dass eine „weitere Person beteiligt war“.
Die Andeutung ist klar: Es könnte jemanden geben, der bislang nicht im Fokus stand. Die Ermittler müssen nun mit Hochdruck Vergleichsproben aus dem erweiterten Umfeld Fabians und Gina H.s analysieren. Der Handschuh, der als Schlüssel zur Belastung von Gina H. galt, ist plötzlich ein Rätsel mit zwei Gesichtern: