Der Schock in den Zahlen: Die stärkste Partei rechts der Mitte
BERLIN. Die Nachricht schlug am späten Dienstagabend ein wie eine Bombe und markiert einen Wendepunkt in der Geschichte der Bundesrepublik: Eine neue INSA-Umfrage im Auftrag der „Bild“-Zeitung, veröffentlicht am 11. November 2025, sieht die Alternative für Deutschland (AfD) bundesweit bei 26,0 Prozent [INSA-Umfrage]. Nur einen symbolträchtigen Prozentpunkt dahinter liegt die einst unangetastete Volkspartei der Mitte, die CDU/CSU, mit 25,0 Prozent. Es ist ein politisches Beben, dessen Epizentrum in der tiefen Zerrissenheit der Nation liegt und das das Berliner Establishment in seinen Grundfesten erschüttert.
Die nackten Zahlen, erhoben zwischen dem 7. und 10. November, sind mehr als nur eine Momentaufnahme; sie sind ein Zeugnis einer tiefen Vertrauenskrise. Sie malen das Bild einer Nation, die das Vertrauen in ihre traditionellen politischen Führer verloren hat. Die AfD verzeichnet im Vergleich zur letzten Bundestagswahl vom 23. Februar 2025 einen schwindelerregenden Zuwachs von 5,2 Prozentpunkten. Im krassen Gegensatz dazu stürzt die Union unter Friedrich Merz um 3,5 Punkte ab [Zuwachs].
Noch düsterer ist das Bild für die amtierende „Ampel“-Koalition: Bundeskanzler Olaf Scholz’ SPD stagniert bei 15,5 Prozent; Bündnis 90/Die Grünen liegen nur noch bei 11,5 Prozent. Der liberale Koalitionspartner FDP ist mit 3,0 Prozent praktisch aus dem Bundestag katapultiert [Ampel-Zahlen]. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) scheitert mit 4,0 Prozent ebenfalls an der Fünf-Prozent-Hürde. Das Hauptnarrativ ist unverkennbar: Die Regierungskoalition ist politisch am Ende, die größte Oppositionspartei verliert, und die Partei am rechten Rand des Spektrums ist nun die nominell stärkste Kraft im Land.

Das kollektive Versagen der Mitte: Die Erosion der Union
Diese Umfrage ist kein Ausrutscher. Sie ist der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, die sich seit Monaten abzeichnete und deren Schock in der Normalisierung dieses Zustands liegt [Normalisierung]. Die AfD hat sich als dominante Kraft im politischen Diskurs etabliert – nicht trotz, sondern wegen der massiven Kritik und der Versuche, sie auszugrenzen.
Das wahre Drama dieser Zahlen liegt nicht allein im Aufstieg der AfD, sondern im gleichzeitigen Scheitern der CDU/CSU. In einem normalen politischen Zyklus würde die größte Oppositionspartei massiv von einer derart unbeliebten Regierung profitieren. Doch das Gegenteil geschieht: Die Wähler unzufriedener „Ampel“-Anhänger laufen nicht zur Union über – die Union verliert [Scheitern Union].
Friedrich Merz, angetreten als konservativer Hoffnungsträger, der die AfD „halbieren“ wollte, steht vor einem Scherbenhaufen. Es gelingt ihm offensichtlich nicht, die Themen zu besetzen, die die Menschen bewegen. Die Unzufriedenheit mit der Migrationspolitik, die Sorge um die deindustrialisierte Wirtschaft, die Wut über Energiepreise und eine als bevormundend empfundene Klimapolitik – all diese Emotionen kanalisiert nicht die CDU, sondern die AfD [Profilverlust]. Die Union wirkt profillos, zerrissen zwischen Anbiederung an den grünen Zeitgeist und dem Versuch, konservative Werte zu vertreten. Die Mitte verliert ihre Stimme und ihre Attraktivität.
Die Paradoxie der Brandmauer: Der Weg in die Unregierbarkeit
Mit der AfD als stärkster Kraft rückt eine Debatte unweigerlich ins Zentrum, die das Establishment bisher zu verdrängen suchte: die Frage der „Brandmauer“ [Brandmauer]. Die kategorische Ablehnung jeder Zusammenarbeit mit der AfD durch alle anderen Parteien war lange ein ungeschriebenes Gesetz. Doch was passiert, wenn diese Partei nicht nur zweit-, sondern stärkste Kraft ist?
Die Arithmetik wird zum Albtraum. Eine Koalition aus AfD und CDU/CSU hätte laut dieser Umfrage eine satte parlamentarische Mehrheit von 51,7 Prozent. Diese Option ist (noch) ein Tabu. Doch die „Brandmauer“ wird so zum paradoxen Problem: Sie sollte die AfD isolieren, doch bei fortschreitender Erosion der Mitte könnte sie das Land in die Unregierbarkeit führen [Unregierbarkeit]. Sie zwingt die geschwächten Parteien der Mitte zu immer unnatürlicheren Bündnissen – wie einer großen Koalition aus CDU/CSU, SPD und Grünen, einem Bündnis von Verlierern – die den Wählerfrust nur weiter steigern [Bündnisse]. Die AfD muss nicht einmal regieren, um das System vor sich herzutreiben; ihre bloße Existenz bei dieser Stärke lähmt den politischen Prozess.