Ein alleinstehender Hausmeister wurde gefeuert, nachdem er einer Fremden geholfen hatte, aber das Leben belohnte ihn auf die unerwartetste Weise. Berlin erwachte langsam, als Lukas bereits seit einer Stunde auf den Beinen war. Mit 29 Jahren kannte sein Körper diese Routine besser als jede Uhr 5 Uhr morgens immer.
Die Zweizimmerwohnung in Neuköln lag noch im Halbdunkel, als er die Küche betrat, seine nackten Füße kalt auf den Fliesen. Er machte das Licht nicht an, um Sopie nicht zu wecken. Seine siebenjährige Tochter, die im einzigen Schlafzimmer schlief, eingewickelt in die Rosadecke, die einst ihrer Mutter gehört hatte. Dre Jahre. Es waren schon drei Jahre, seit Maria gegangen war, dahinerafft von einer Krankheit, die erst ihre Ersparnisse und dann ihren letzten Atemzug verschlungen hatte. Lukas fuhr sich mit der Hand über das müde Gesicht, spürte die

Bartstoppeln, die grauen Strähnen, die ein 29-jähriger nicht haben sollte. Im fleckigen Spiegel des winzigen Badezimmers sah er einen Mann, der aussah wie 40 mit tiefen Augenringen wie Kratern und Schultern, die eine unsichtbare, aber reale Last trugen. Der fast leere Kühlschrank bot gerade genug, um den Kaffee und das Essen für den Tag vorzubereiten.
Kartoffeln, die Reste vom Gulasch, die bis Freitag reichen mussten. Er arbeitete in der Stille jener schweren Morgenstille, in der jeder Gedanke zu laut im Kopf wieder halt. An der Kühlschranktör, gehalten von einem verblichenen Magneten, schrie eine Mitteilung der Schule in roten Buchstaben: Sophie hat Schwierigkeiten in Mathematik. Wir empfehlen dringend Nachhilfe.
Dringend. Alles in Lukas Leben war dringend die überfällige Miete, die Stromrechnung, die morgenfällig war, das Asthmaspre, das Sophie brauchte. Er faltete den Zettel und steckte ihn in die Tasche seiner abgetragenen Hose, zusammen mit all den anderen Mahnungen an seine Unzulänglichkeit als Vater. Doch als er ins Zimmer trat und so fies warme Stirn küsste, ihr zuflüsterte, dass er am Abend zurück sein würde, spürte er die einzige Gewissheit, die er hatte, er würde alles für dieses Mädchen tun.
Auf der anderen Seite der Stadt in einem Penthaus in Charlottenburg, das mehr wert war als alles, was Lukas in fünf Leben verdienen würde, schaltete Lena Schmidt um 2 Uhr morgens ihren Computer aus. Mit 28 Jahren war sie die jüngste und gefürchtetste CEO auf dem deutschen Markt für Gesundheitstechnologie.
Ihr Unternehmen revolutionierte den Zugang zu teuen Behandlungen, indem es künstliche Intelligenz nutzte, um die Medizin zu demokratisen. Und das gefiel den alten Giganten der Branche nicht, die Millionen mit Exklusivität verdienten. Lena war das egal.
Sie hatte dieses Imperium allein aufgebaut, Stein für Stein, jedes Nein, das sie erhielt, weil sie zu jung, zu Sehrfrau, zu kün war, in Treibstoff verwandelt. Sie nannten sie kalt, berechnend, unmenschlich. Sollen Sie doch reden? Sie kannte ihr eigenes Herz und wusste, dass jeder seiner Schläge einen einzigen Zwecke. Neben dem Kinseisbett zeigte ein gerammtes Foto eine Frau mit grauem Haar und einem gütigen Lächeln.
Ihre Mutter, Frau Luzia, die ihr Leben lang Häuser geputzt hatte, damit Lena studieren konnte, die den einzigen wertvollen Ring, den sie besaß, verkauft hatte, um das Studium ihrer Tochter zu bezahlen und die nun in einem Privatkrankenwelt dahinichte, im Kampf gegen eine neurodegenerative Krankheit, bei der die traditionelle Medizin aufgegeben hatte.
All das Geld von Lena, all ihr Erfolg, hatte eine einzige Bestimmung ihrer Mutter die experimentelle Behandlung zu ermöglichen, die ihr vielleicht noch ein paar Jahre schenken könnte. Lena berührte das Glas des Rahmens mit den Fingerspitzen. “Bald, Mama”, flüsterte sie dem Foto zu. “Bald finden wir die Heilung.” Sie bemerkte das dunkle Auto ohne Kennzeichen nicht, das seit drei Stunden vor ihrem Gebäude packte.
Sie bemerkte auch nicht, als sie von einem späten Treffen mit internationalen Investoren kam, dass dasselbe Fahrzeug ihr fünf Autos dahinter folgte. Lenas Welt bestand aus Zahlen, Verträgen und strategischen Entscheidungen. Sie hatte vergessen, dass manche Spieler sich nicht an die Regeln halten. Die Dunkelheit der Gasse verschluckte sie wie ein Schlund.