Der Stand der Hoffnungen
In den geschäftigen, staubigen Straßen von Lagos, Nigeria, unter dem breiten Schatten eines alten Mangobaums, stand Esthers kleiner Imbiss. Mit nur 24 Jahren war Esther eine junge Frau, deren Laden aus alten Brettern und Wellblechen zusammengenagelt war. Er war bescheiden, aber er war ihr alles.
Esther selbst besaß nicht viel. Ihre Sandalen waren abgetragen, ihr einfaches Kleid war geflickt, doch ihr Gesicht trug immer ein Lächeln. Trotz der Müdigkeit, die sie von den frühen Morgenstunden des Kochens bis in den späten Nachmittag begleitete, begrüßte sie jeden Kunden freundlich. „Guten Tag, Sir. Herzlich willkommen“, sagte sie jedem, der an ihrem Stand vorbeikam.
Jeden Morgen, lange bevor die Sonne ihren Zenith erreichte, kochte sie Reis, Bohnen und Yam-Brei. Ihre Hände arbeiteten schnell, angetrieben von der Notwendigkeit, aber ihr Herz war von einer leisen Traurigkeit durchzogen. Esther hatte keine Familie mehr. Ihre Eltern waren gestorben, als sie noch jung war. Sie lebte in einem kleinen Zimmer unweit ihres Ladens: ohne Licht, ohne fließendes Wasser, nur sie und ihre Träume von einem besseren Leben.
Eines Nachmittags, als Esther ihre Bank abwischte, kam ihre Freundin, Mama Titi, vorbei. „Esther“, sagte Mama Titi, „warum lächelst du immer, wenn du genauso kämpfst wie wir alle?“ Esther lächelte wieder und antwortete: „Weil Weinen keinen Topf mit Essen füllt.“ Mama Titi lachte und ging, doch ihre Worte blieben bei Esther. Es war wahr. Sie hatte nichts. Trotzdem gab sie den Menschen zu essen, selbst wenn sie nicht bezahlen konnten. Sie wusste nicht, dass ihr Leben im Begriff war, sich zu verändern.

Die tägliche Begegnung
Jeden Nachmittag geschah etwas Seltsames an Esthers Stand. Ein verkrüppelter Bettler tauchte von der Straßenecke auf. Er kam immer langsam und schob seinen alten Rollstuhl mit den Händen vorwärts. Die Räder machten ein raues Geräusch auf den Steinen: Quietsch, quietsch, quietsch.
Passanten lachten oder hielten sich die Nase zu. „Schaut euch diesen schmutzigen Mann schon wieder an“, sagte ein Junge. Die Beine des Mannes waren in schmutzige Bandagen gehüllt. Seine Kniehosen waren an den Knien zerrissen. Sein Gesicht war dunkel von Staub. Seine Augen waren müde. Einige sagten, er stinke. Andere meinten, er sei verrückt.
Aber Esther sah nie weg. Sie nannte ihn Papa J.
An diesem Nachmittag, als die Sonne unerbittlich brannte, schob Papa J seinen Rollstuhl und hielt neben ihrem Stand an. Esther sah ihn an und sagte leise: „Du bist wieder hier, Papa J. Gestern hast du nichts gegessen.“
Papa J blickte nieder. Seine Stimme war tief. „Ich war zu schwach, um zu kommen“, sagte er. „Ich habe seit zwei Tagen nichts gegessen.“
Esther blickte auf ihren Tisch. Nur ein Teller Bohnen und Yam war übrig. Das war das Essen, das sie selbst essen wollte. Sie zögerte einen Augenblick. Dann, ohne ein Wort, nahm sie den Teller und stellte ihn vor ihn. „Hier, iss“, sagte sie.
Papa J sah das Essen an, dann sie. „Du gibst mir wieder deinen letzten Teller?“
Esther nickte. „Ich kann wieder kochen, wenn ich nach Hause komme.“
Seine Hände zitterten, als er den Löffel nahm. Seine Augen sahen feucht aus, aber er weinte nicht. Er beugte nur den Kopf und begann langsam zu essen. Die Leute, die vorbeigingen, starrten sie an.
„Esther, warum fütterst du diesen Bettler immer wieder?“, fragte eine Frau.
Esther lächelte und antwortete: „Wenn ich an seiner Stelle im Rollstuhl säße, würde ich mir nicht auch wünschen, dass mir jemand hilft?“
Papa J kam jeden Tag, aber er bettelte nie mit dem Mund. Er rief die Leute nicht an. Er streckte seine Hände nicht aus. Er bat nicht um Essen oder Geld. Er saß immer still in seinem Rollstuhl neben Esthers Holzstand. Sein Kopf war stets gesenkt. Seine Hände ruhten auf seinen Beinen. Sein Rollstuhl sah aus, als würde er jeden Moment auseinanderbrechen. Eines der Räder hing sogar schief. Während andere ihn ignorierten, brachte Esther ihm immer einen Teller warmes Essen. Manchmal war es Reis, manchmal Bohnen und Yam. Sie gab es ihm mit einem großen Lächeln.
Der Besuch im schwarzen Auto
Es war ein heißer Nachmittag. Esther hatte gerade zwei Schuljungen Jolof-Reis serviert, als sie aufblickte und Papa J wieder an seinem gewohnten Platz sah. Seine Beine waren immer noch in alte Bandagen gewickelt. Sein Hemd hatte jetzt noch mehr Löcher, aber er saß einfach da, wie immer, ohne etwas zu sagen.
Esther lächelte und schöpfte heißen Jolof-Reis auf einen Teller. Sie fügte zwei kleine Stücke Fleisch hinzu und ging zu ihm hinüber. „Papa J“, sagte sie sanft. „Dein Essen ist fertig.“
Papa J blickte langsam auf. Seine Augen waren müde. Aber als er Esther sah, wurden sie weicher. „Du erinnerst dich immer an mich“, sagte er.
Esther kniete nieder und stellte das Essen vorsichtig auf den Hocker neben ihm. „Selbst wenn die ganze Welt dich vergisst“, sagte sie, „werde ich es nicht tun.“
Gerade in diesem Moment fuhr ein großes schwarzes Auto vor und hielt direkt vor ihrem Laden. Die Tür öffnete sich langsam, und ein Mann stieg aus. Er trug ein sauberes weißes Hemd und dunkle Hosen. Seine Schuhe glänzten, als hätte sie jemand gerade poliert. Er war groß und kräftig mit tiefen Augen.
Esther stand schnell auf und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. „Guten Tag, Sir“, sagte sie.
„Guten Tag“, antwortete der Mann. Aber seine Augen waren nicht auf sie gerichtet. Er sah Papa J an. Der Mann blinzelte nicht. Er starrte ihn lange Zeit an. Papa J aß weiter, aber Esther bemerkte etwas Seltsames: Er hatte aufgehört zu kauen.
Der Mann trat einen Schritt näher und neigte den Kopf, als versuche er, sich an etwas zu erinnern. Er wandte sich an Esther und sagte: „Bitte geben Sie mir einen Teller Jolof-Reis. Mit Fleisch.“
Esther servierte schnell das Essen und reichte es ihm. Doch als er das Essen entgegennahm, blickte er noch einmal zu Papa J zurück. Diesmal wirkten seine Augen unsicher. Er öffnete die Autotür, stieg wortlos ein und fuhr davon.
Das Verschwinden
Am nächsten Morgen wachte Esther früh auf. Sie fegte vor ihrem Imbiss und reinigte ihren Holztisch, wie immer. Als die Sonne aufging, blickte sie immer wieder die Straße hinunter. „Jeden Moment“, flüsterte sie. „Wird Papa J hereingekugelt kommen.“
Aber Stunden vergingen. Kein Rollstuhl, kein Papa J.
Am Mittag begann ihr Herz schneller zu schlagen. Sie ging zur Seite des Ladens und blickte die Straße in beide Richtungen hinunter. „Wo ist er?“, fragte sie sich.
Sie fragte Mama Titi, die Frau, die in der Nähe Gemüse verkaufte. „Tante, hast du Papa J heute gesehen?“ Mama Titi lachte und winkte ab. „Dieser alte Mann? Vielleicht ist er auf eine andere Straße gekrochen. Er hat ja keine Beine.“
Esther lachte nicht. Sie fragte zwei Jungen, die Wasserbeutel verkauften. „Habt ihr den alten Mann im Rollstuhl gesehen?“ Sie schüttelten die Köpfe. Sie fragte sogar den Motorradfahrer, der in der Nähe parkte. „Sir, haben Sie Papa J heute Morgen gesehen?“ Der Mann spuckte auf den Boden und sagte: „Vielleicht ist er es leid, an einem Ort zu sitzen. Oder vielleicht ist er gegangen.“
Esthers Brust wurde schwer. Sie setzte sich neben ihren Reistopf und starrte auf den leeren Platz, wo Papa J immer saß. Ihre Augen verließen diesen Raum den ganzen Tag nicht.
Zwei weitere Tage vergingen. Immer noch kein Zeichen von Papa J. Esther konnte nicht mehr lächeln wie zuvor. Sie bediente Kunden, aber ihr Gesicht sah traurig aus. Sie konnte nicht viel essen. Selbst der Geruch ihres süßen Jolof-Reises machte ihr Unbehagen. Ihre Gedanken kreisten immer wieder um Papa J. „Ist ihm etwas Schlimmes zugestoßen?“, sagte sie leise.
Nachts saß sie allein in ihrem kleinen Zimmer hinter dem Laden. Sie hielt den letzten Teller fest, mit dem sie ihn bedient hatte, und sah ihn an. „Papa J hat nie einen Tag verpasst“, sagte sie leise. „Selbst wenn es regnet. Selbst wenn er krank ist. Warum jetzt?“
Sie stand auf, öffnete ihr kleines Fenster und blickte auf die dunkle Straße hinaus. Eine kalte Brise drang in den Raum. Ihre Augen füllten sich mit Wasser. Sie war nicht nur besorgt. Sie hatte Angst. Etwas fühlte sich falsch an. Sehr falsch. Und tief in ihrem Inneren wusste sie, dass Papa J nicht nur fehlte. Etwas war passiert – etwas Großes und vielleicht Gefährliches.
Die mysteriöse Nachricht
Es war der vierte Tag. Esther saß leise in ihrem Laden. Sie schnitt Zwiebeln und deckte ihren Tisch, wie jeden Morgen. Rauch stieg vom Feuer auf, als sie Wasser für den Reis kochte.
Gerade dann hielt ein schwarzes Auto vor ihrem Laden. Ein großer Mann stieg aus. Er trug eine leuchtend rote Kappe. Seine Schuhe glänzten, und seine Kleidung sah teuer aus. Esther hatte ihn noch nie zuvor gesehen. Er lächelte nicht. Er grüßte sie nicht. Er ging einfach zu ihrem Tisch und reichte ihr einen braunen Umschlag.
Esther sah ihn verwirrt an. „Was? Was ist das?“, fragte sie und hielt den Umschlag mit beiden Händen.
Der Mann antwortete nicht. Er sagte nur: „Lesen Sie es und sagen Sie niemandem etwas.“ Dann drehte er sich um und stieg zurück ins Auto. Bevor Esther ein weiteres Wort sagen konnte, fuhr das Auto davon.
Sie sah nach links. Sie sah nach rechts. Niemand sonst sah zu. Mit zitternden Händen öffnete sie den Umschlag. Darin war ein weißes Blatt Papier. Sie entfaltete das Papier langsam. Es standen nur wenige Worte darauf:
„Kommen Sie um 16:00 Uhr zum Greenhill Hotel. Sagen Sie niemandem etwas. Von einem Freund.“
Esther stand still. Ihr Mund öffnete sich leicht, aber es kamen keine Worte heraus. Ihre Hände begannen zu zittern. „Greenhill Hotel“, sagte sie leise. „Aber ich war noch nie in einem Hotel.“ Sie sah das Papier noch einmal an. Ihr Herz klopfte schnell. Wer hatte das geschickt? Was für ein Freund? Sie blickte die Straße hinunter. Das Auto war weg. Sie sah das Papier wieder an.
Esther hielt den Umschlag an ihre Brust. Sie blickte zum Himmel. Er war bewölkt. Aber eines wusste sie mit Sicherheit: Sie musste gehen.
Die Enthüllung im Hotel
Um genau 15:30 Uhr stand Esther vor ihrem kleinen Laden. Sie sah auf das Schloss in ihrer Hand, atmete tief durch und schloss die Holztür. Sie drehte den Schlüssel zweimal. „Gott, bitte geh mit mir“, flüsterte sie. Sie ging zur Straße und hielt eine Rikscha an. „Greenhill Hotel“, sagte sie dem Fahrer.
Während sie durch die belebten Straßen von Lagos fuhren, hielt Esther den braunen Umschlag fest in der Hand. Ihr Herz raste. Sie wusste nicht, wer den Brief geschickt hatte. Sie wusste nicht, was passieren würde, aber etwas in ihrem Inneren sagte ihr, dass dies kein gewöhnlicher Tag war.
Nach einigen Minuten erreichten sie das Hoteltor. Esther blickte auf. Das Gebäude war sehr hoch mit Fenstern, die wie Glaswände aussahen. Die Wände waren sauber. Die Eingangstür war groß und glänzend. Alles um sie herum fühlte sich an wie ein Traum.
Zwei Sicherheitsleute standen am Tor. Einer von ihnen trug eine dunkle Brille. Er sah Esther an und trat vor. „Guten Tag, Madam“, sagte er. „Wen möchten Sie sprechen?“
Esther öffnete langsam den Mund. „Ich … ich habe diesen Brief bekommen“, sagte sie und zeigte ihm das Papier. „Hier steht, ich soll hierher kommen. Mein Name ist Esther.“
Der Wächter nahm das Papier, sah es an und lächelte dann. „Oh, Esther. Jemand wartet drinnen auf Sie.“ Er sagte: „Sie können hineingehen.“
Sofort kam ein Mann in einem schwarzen Anzug aus der Glastür. Er ging zu Esther. Er sagte nicht viel. „Kommen Sie bitte mit mir“, sagte er und begann, zurück nach drinnen zu gehen.
Esther folgte ihm. Ihre Beine fühlten sich schwach an, aber sie bewegte sich weiter. Der Mann in Schwarz führte sie durch einen langen Flur. Dann blieb er vor einer hohen braunen Tür stehen. Er wandte sich ihr zu und sagte: „Jemand wartet drinnen.“
Esthers Herz schlug lauter. Sie sah die Tür an. Dann sah sie den Mann an. „Kann ich jetzt hineingehen?“, fragte sie.
Der Mann nickte. „Ja, gehen Sie einfach hinein. Sie sind in Sicherheit.“
Esther atmete tief durch. Dann stieß sie die Tür auf.
Ihre Augen richteten sich sofort auf den Mann, der in der Mitte des Zimmers in einem Rollstuhl saß. Sie erstarrte. Ihr Mund öffnete sich. Ihre Hände begannen zu zittern.
„Papa J“, sagte sie und hielt sich die Brust.
Aber dieser Mann sah nicht aus wie der arme Mann, der neben ihrem Laden zu sitzen pflegte. Sein Haar war ordentlich. Sein Gesicht war frisch. Er trug ein weißes Hemd mit goldenen Knöpfen. Eine glänzende Armbanduhr zierte sein Handgelenk. Er saß immer noch in einem Rollstuhl, aber er sah anders aus, sauber und poliert. Er sah nicht schwach oder müde aus. Er wirkte ruhig und kraftvoll.
Er schenkte ihr ein langsames Lächeln. „Esther“, sagte er leise. „Komm herein.“
Esther konnte sich zuerst nicht bewegen. Ihr Herz raste. Sie sah ihn noch einmal an. „Papa J, bist du das wirklich?“, fragte sie.
Der Mann sah ihr in die Augen. „Ja, Esther. Ich bin es.“ Er zeigte auf den Stuhl ihr gegenüber. „Bitte setz dich“, sagte er freundlich.
Esther setzte sich langsam hin und sah ihn immer noch an, als würde sie träumen. „Mein Name ist nicht Papa J“, sagte er sanft.
Esther blinzelte. „Ist er nicht?“
Er nickte. „Mein richtiger Name ist Chief George. Ich bin ein Milliardär.“
Esther legte beide Hände in den Schoß. Sie starrte ihn schockiert an. „Ein Milliardär?“, fragte sie mit leiser Stimme.
Chief George nickte. „Ja, ich besitze viele Unternehmen. Ich habe Häuser, Schulen und Krankenhäuser gebaut. Ich habe im Laufe der Jahre viel Geld verdient.“
Esther sah verwirrt aus. „Aber warum hast du vorgegeben, arm zu sein?“
Er lächelte wieder, aber diesmal wirkten seine Augen ernst. „Ich wollte das wahre Herz der Menschen sehen. Ich wurde es leid, dass die Leute nur halfen, wenn sie dachten, jemand würde zusehen. Ich wollte jemanden treffen, der hilft, einfach weil es das Richtige ist.“
Esthers Augen wurden feucht.
„Du hast mir Essen gegeben“, fuhr er fort. „Du hast es mit Freude gegeben. Du hast mich nie um etwas gebeten. Du hast mich nicht ausgelacht oder bist weggegangen.“ Er sah sie freundlich an. „Deshalb bist du hier. Jedes Jahr wähle ich zehn Menschen aus, die wahre Güte zeigen. Ich helfe ihnen, Millionäre zu werden. Weil Menschen wie du auch anderen helfen können.“
Esther stand immer noch unter Schock und dachte über alles nach, was Chief George ihr erzählt hatte.
Chief George lächelte leicht. Dann legte er langsam beide Hände auf die Armlehnen des Rollstuhls. Esther beugte sich vor und beobachtete ihn.
Und dann stand er auf.
Ihre Augen weiteten sich. Ihr Mund stand offen. „Du… du kannst gehen?“, fragte sie schockiert.
Chief George nickte. „Ja“, sagte er leise. „Ich kann gehen.“
Esther lehnte sich zurück und sah ihn immer noch an, als hätte sie einen Geist gesehen. „Aber warum die ganze Zeit im Rollstuhl sitzen?“, fragte sie.
Er sah ihr in die Augen und antwortete: „Ich wollte sehen, ob sich noch jemand um mich kümmern würde. Selbst wenn ich kaputt aussah. Ich wollte wissen, wer ein gutes Herz hat.“
Esthers Lippen begannen zu zittern. Ihre Augen wurden feucht. Eine Träne fiel. „Ich…“, sagte sie leise. „Ich habe dir nicht geholfen, weil ich etwas wollte. Ich wusste nicht, dass du reich bist. Ich dachte nur… ich dachte nur, es sei das Richtige.“
Chief George lächelte wieder und trat näher. „Genau deshalb habe ich dich ausgewählt“, sagte er.
Esthers Platz
Chief George stand einen Moment lang still und sah Esther mit freundlichen Augen an. Dann sagte er: „Esther, folge mir. Es gibt einen Ort, den ich dir zeigen möchte.“
Sie blickte überrascht auf. „Einen Ort?“
„Ja“, sagte er mit einem Lächeln. „Ich möchte dir etwas zeigen. Es ist Teil deiner Belohnung. Du hast ein gutes Herz, und Menschen wie du verdienen gute Dinge.“
Esther stand langsam auf. „Okay“, sagte sie, ihre Stimme ruhig, aber unsicher.
Chief George drehte sich um und öffnete die Tür. Esther folgte ihm. Der Flur war ruhig. Zwei Männer in schwarzen Anzügen warteten bereits vor der Tür. Sie nickten Chief George zu und gingen hinter ihnen her. Esther sah sich um. Alles fühlte sich immer noch wie ein Traum an.
Als sie hinaustraten, öffnete sich ihr Mund weit. Fünf große schwarze SUVs standen auf dem Parkplatz. Sie glänzten wie Spiegel. Große Männer in schwarzen Anzügen standen neben jedem. Chief George ging direkt zum ersten Auto. Einer der Männer öffnete ihm die Tür. Esther stand immer noch schockiert da.
Chief George blickte zurück und lächelte. „Steig ein, Esther.“
Sie atmete tief durch und stieg langsam in das Auto. Sobald die Tür geschlossen war, folgten die anderen Autos. Der Konvoi von fünf SUVs fuhr aus dem Hoteltor, wie aus einem Film. Esther saß leise da, ihr Herz schlug schnell. Wohin brachte er sie? Und was wollte er ihr zeigen?
Die Autos bewegten sich langsam durch die Stadt. Esther saß neben Chief George und blickte aus dem Fenster. Sie sah beschäftigte Menschen gehen, geöffnete Läden, fahrende Busse, aber ihr Kopf war voller Fragen. Wohin gingen sie?
Nach etwa 30 Minuten bogen die Autos auf eine saubere, ruhige Straße ab. Die Gebäude hier sahen neu und edel aus. Glaswände, glänzende Schilder, frische Farbe überall. Dann hielten die Autos an. Chief George öffnete die Tür und stieg aus. Ein Wächter öffnete schnell auch Esthers Tür.
„Komm“, sagte Chief George lächelnd.
Dann erstarrten ihre Augen. Direkt vor ihr stand ein sehr großes und wunderschönes Gebäude. Es war nicht nur ein Laden. Es war ein Multi-Millionen-Luxusrestaurant, die Art von Ort, in dem nur reiche Leute essen gingen. Es stand allein, weit und hoch, mit Glasfenstern, die vom Boden bis zur Decke reichten. Die Wände waren weiß und glatt wie Marmor. Die Türen hatten glänzende goldene Griffe. Am Eingang standen Blumen.
Esthers Mund öffnete sich. Sie hatte so etwas in ihrem Leben noch nie gesehen. Aber was sie am meisten schockierte, war das Schild. Es sagte:
„Esther’s Place, Zuhause süßer Mahlzeiten.“
Esther trat einen Schritt zurück. Sie sah das Schild noch einmal an, um sicherzugehen, dass ihre Augen ihr keinen Streich spielten. „Ist… ist das echt?“, fragte sie mit leiser Stimme.
Chief George nickte sanft. „Ja, es gehört dir.“
„Mir?“, flüsterte sie.
Er griff in seine Tasche, zog einen Schlüsselbund heraus, streckte ihn Esther entgegen und zeigte auf die Tür. „Geh hinein.“
Esther nahm die Schlüssel und ging langsam zur Tür. Ihre Hände zitterten. Sie öffnete sie. Was sie drinnen sah, ließ sie sich den Mund zuhalten. Der Boden glänzte. Die Stühle waren groß und weich. Die Tische sahen aus, als wären sie aus Glas und Gold gefertigt. An der Decke gab es Lichter, die wie Sterne aussahen. Die Luft roch frisch. Alles war neu und perfekt.
Im hinteren Bereich befand sich eine große Küche. Drinnen sah sie Gasherde, saubere Töpfe, Gefriertruhen, Kühlschränke und sogar Uniformen für Angestellte.
Sie drehte sich langsam um und sah Chief George an. Ihre Augen waren voller Tränen. „Du hast das alles für mich gekauft?“
Chief George ging hinein und stellte sich neben sie. „Ja“, sagte er leise. „Du hast mich mit deinem kleinen Geld gefüttert, als du nichts hattest. Jetzt möchte ich dir einen Ort geben, an dem Könige und Königinnen essen werden. Du wirst nie wieder leiden.“
Esther sank auf die Knie. Ihre Hände bedeckten ihr Gesicht. Sie weinte, aber es waren Freudentränen. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, sagte sie.
„Du brauchst nichts zu sagen“, antwortete Chief George. „Deine Güte hat bereits für dich gesprochen.“
Die ewige Güte
Von diesem Tag an wurde Esther die Chefin eines großen Speiselokals in Lagos. Es war nicht mehr wie ihr kleiner Stand am Straßenrand. Dieser Ort war grandios. Die Böden glänzten. Die Wände hatten feine Lichter. Die Stühle waren weich und sauber. Leise Musik spielte im Hintergrund. Die Menschen fühlten Frieden, sobald sie eintraten.
Sie kochte nicht mehr. Sie servierte kein Essen. Professionelle Köche kümmerten sich um die Küche. Sie trugen weiße Kittel und Hüte. Kellner trugen feine Uniformen und lächelten, während sie das Essen servierten. Esther saß einfach in ihrem Büro im Obergeschoss. Ihr Name stand an der Tür. Ihr Bild hing an der Wand. Jeder respektierte sie.
Aber selbst mit all dem Geld, dem Komfort und dem Ruhm vergaß sie nie, woher sie kam. Sie vergaß nie Papa J. Und sie vergaß nie, wie Güte ihr Leben verändert hatte.
Eines Morgens kam ihr Manager in ihr Büro. „Madam“, sagte er. „Der Essenswagen ist bereit.“
Esther stand auf. „Lass uns gehen“, sagte sie.
Draußen vor dem Restaurant wartete ein großer weißer Transporter. Auf der Seite des Wagens stand ein Name: Esthers Essensliebe, die Hungrigen speisen. Esther hatte eine Wohltätigkeitsorganisation gegründet. Jede Woche fuhren ihre Essenswagen durch die Stadt. Sie gaben kostenloses Essen an arme Menschen unter Brücken, in der Nähe von Bushaltestellen, rund um Märkte. Die Menschen stellten sich lächelnd an. Einige hatten keine Schuhe. Einige waren Kinder. Einige waren alte Männer.
Esther ging zu jedem Einzelnen und reichte ihnen warmes Essen. Sie sagte: „Esst gut. Ihr seid nicht vergessen.“
Einer ihrer Mitarbeiter flüsterte: „Madam, warum tun Sie das?“
Esther blickte langsam auf. Sie berührte sanft ihre Brust. „Güte hat mich hierher gebracht, also muss ich Güte wieder aussenden.“
Der Mitarbeiter nickte leise. Und während sie alle die essenden und lächelnden Menschen beobachteten, schien die Sonne sanft auf Esthers Gesicht. Sie blickte zum Himmel und flüsterte: „Danke, Chief George. Danke, dass du mich gesehen hast.“
Dann drehte sie sich um, ging zurück zum Wagen und fuhr los, um die nächste Straße zu speisen. Ihr Leben hatte sich für immer verändert, aber ihr Herz blieb dasselbe.