
Er gehörte zu den begabtesten deutschen Kommandeuren des Zweiten Weltkriegs. Ein Mann, dessen strategisches Genie die Kriegsführung der Wehrmacht maßgeblich prägte. Ein Offizier, der den innovativen Angriffsplan gegen Frankreich entwickelte, die Krim eroberte und einen entscheidenden Sieg bei Charakov errang.
Hätte Hitler ihm freie Hand an der Ostfront gelassen, so spekulieren Militärhistoriker bis heute, hätte der Verlauf des Krieges möglicherweise anders ausgesehen. Dies ist die Geschichte von Generalfeldmarschall Erich von Mannstein, ein Portrait eines der kontroversesten Militärstrategen des 20. Jahrhunderts.
Erich von Mannstein entstammte dem pomch kaschubischen Adelsgeschlecht der Familie Lewinski. Er wurde am November 1887 als zehnes Kind des Generals Eduard von Lewinski und seiner Ehefrau Helene geboren. Seine Lebensgeschichte beginnt jedoch mit einer bemerkenswerten familiären Besonderheit. Da Helenes Schwester Hedwig von Mannstein kinderlos geblieben war, gab die Mutter ihren Sohn zur Adoption frei.
So wuchs der junge Erich im Hause seines Onkels auf. und trug fortan den Namen Mannstein, einen Namen, der in die Militärgeschichte eingehen sollte. Die Familie, in der er aufwuchs, war tief in der preußischen Militärtradition verwurzelt. Soldaten fanden sich in nahezu jeder Generation. Es überrascht daher nicht, daß der junge Erich schon früh den Wunsch hegte, in die Fußstapfen seiner Vorfahren zu treten und Soldat zu werden.
Im Alter von 13 Jahren wurde Erich in das Kadettenchor eingewiesen. Hier begegnete er zum ersten Mal der Härte und Disziplin des Militärdienstes. Die Ausbildung war streng, die Anforderungen hoch, doch der junge Kadett zeigte sich den Herausforderungen gewachsen. Als Kadett hatte er die außergewöhnliche Gelegenheit, an den Festlichkeiten am Kaiserhof in Berlin teilzunehmen.
Es war die Zeit der Bellpok, eine Epoche des Glanzes und der scheinbaren Stabilität. Er erlebte das kaiserliche Deutschland in seiner vollen Pracht. Bei diesen Gelegenheiten konnte er die führenden Persönlichkeiten des Deutschen Reiches aus nächster Nähe erleben. Den Kaiser selbst, den Kronprinzen, Reichskanzler von Bylo Generalfeldmarschall schliefen.
Diese Begegnungen prägten sein Weltbild nachhaltig. Später bereits als junger Offizier traf er zahlreiche Veteranen der Kriege des 19. Jahrhunderts Männer, die im deutsch-österreichischen Krieg und im deutsch-französischen Krieg gekämpft hatten. Ihre Erzählungen von preußischer Kriegskunst und militärischem Ruhm faszinierten ihn.
Die Bellok fand ihr jehes Ende mit dem Ausbruch des ersten Weltkriegs im August 1914. Leutnand Mannstein zog als Adjutant des zweiten Garderegiments an die Front. Der Krieg, den viele für ein kurzes Abenteuer hielten, sollte Europa für vier Jahre in einen Albtraum stürzen. Mahnstein nahm an der Einnahme von Namur in Belgien teil.
Die Festung galt als nahezu uneinnehmbar, doch die deutsche Artillerie bewies ihre verheerende Schlagkraft. Anschließend kämpfte er in der Schlacht an den Masurischen Seen, einem der bedeutendsten Siege deutscher Waffen im Osten. Im Herbst desselben Jahres war er an der Herbstoffensive in Polen beteiligt. Doch im November 1914 erlitt er eine schwere Verwundung.
Eine Granatsplitterverletzung hätte beinahe sein Leben beendet. Monatelang lag er im Lazarett. Nach seiner Genesung kehrte er in den Dienst zurück, jedoch nicht mehr als Fronttoffizier. Aufgrund seiner Verwundung wurde er in den Generalstab versetzt. Diese Versetzung sollte sich als Wegweisend für seine weitere Karriere erweisen.
Im Stab konnte er seine Fähigkeiten zur strategischen Planung entwickeln. 1915 nahm er an der Offensive im Norden Polens und an Operationen in Serbien teil. Das folgende Jahr brachte ihn nach Ferdun. jenem Ort, der zum Synonym für das sinnlose Gemetzel des Ersten Weltkriegs werden sollte. Hunderttausende starben hier in einem Stellungskrieg, der Monate andauerte.
Später diente er an der Somme in der Champagne und 1918 bei Rims und Sedan. Mit jedem Jahr wurde der Krieg brutaler, die Verluste erdrückender. Die anfängliche Kriegsbegeisterung war längst einer düsteren Ernüchterung gewichen. Der November 1918 markierte einen Wendepunkt in Mannsteins Leben. Die Niederlage Deutschlands im Krieg und die Abdankung des Kaisers waren für ihn wie für das gesamte Offizierschor ein traumatischer Schock.
In seinen Memoen beschrieb er später die Erschütterung. die diese Ereignisse auslösten. Für die Militärs war es schwer zu akzeptieren, dass es keinen Herrscher mehr gab, dem sie Treue geschworen hatten. Dass die Streitkräfte fort an zivilen Behörden einer Republik unterstellt sein sollten, widersprach ihrem tiefsten Selbstverständnis.
Schließlich, so schrieb er, war die Armee eine königliche Armee gewesen. Das bedeutete, dass sie untrennbar mit dem Monarchen verbunden war. Diese Aussage offenbart das Dilemma vieler Offiziere der alten Garde. Sie hatten Kaiser gedient, nicht dem Staat. Die Weimarer Republik war für sie keine legitime Nachfolgerin des Kaiserreichs, sondern ein Notbehelf, dem man allenfalls widerwillige.
Trotz seiner anfänglichen Schwierigkeiten, die Veränderungen zu akzeptieren, blieb Mahnstein während der Zwischenkriegszeit im Militärdienst. Die Alternative wäre ein Leben als Zivilist gewesen, eine Vorstellung, die für einen Mann seiner Prägung undenkbar war. Er diente unter anderem im Kommando Grenzschutz Ost in Breslau.
Die Aufgabe dieser Einheit bestand darin, polnische Aufstände in Schlesien zu bekämpfen. Mannsteins Haltung gegenüber den polnischen Aufständischen war von tiefer Verachtung geprägt. In seinen Aufzeichnungen bezeichnete er sie als bewaffnete Banden, die fähische Kampfmethoden anwenden. Diese Wortwahl offenbart nicht nur sein persönliches Urteil, sondern auch die vorherrschende Einstellung innerhalb der Reichswehr gegenüber Polen und seinen territorialen Ansprüchen.
Anschließend wechselte er in den Stab des Zweiten Reichs Werkchor in Kassel. Von dort aus übernahm er die Führung einer Kompanie im fünften Infantergiment in Angeründe. Diese Zeit als Kompanchef ermöglichte es ihm, die Ausbildung und Führung von Truppen aus unmittelbarer Nähe zu erleben. Nach zwei Jahren kehrte er erneut in Stabsfunktionen zurück.
Er arbeitete in den Kommandostellen der Werkreise Städtin und Dresden sowie im Reichswehrministerium. Diese Positionen verschafften ihm tiefe Einblicke in die Organisation und Planung der deutschen Streitkräfte. Besonders bemerkenswert war seine Teilnahme als Beobachter bei Manövern der tschechoslowakischen und sowjetischen Armee.
Im Kaukasus konnte er die rote Armee in Aktion studieren, eine Erfahrung, die ihm Jahre später von unschätzbarem Wert sein sollte. Mannsteins Einstellung zum unabhängigen Polen war ausgesprochen feindselig. Er betrachtete den östlichen Nachbarn als aggressiv und militärisch überlegen, eine Bedrohung für Deutschland. Der Verlust Schlesiens, Poms und der Provinz Posen an Polen war für ihn und seine Kameraden unerträglich.
Diese Gebiete galten als urpreußisch, als deutsches Kernland. Ihre Abtretung aufgrund des Versaill Vertrags wurde als nationale Demütigung empfunden. Mannstein war überzeugt, dass Polen nur auf eine Gelegenheit wartete, um nach dem Wilner Vorbild gegen Deutschland vorzugehen. Damit meinte er, dass Polen einen Aufstand der polnischen Minderheit in Deutschland provozieren könnte, um dann unter dem Vorwand diese Minderheit zu schützen, weitere Gebiete militärisch zu besetzen.
Diese Sichtweise teilten zahlreiche andere Offiziere der Reichswehr. Daraus resultierten die ständigen Bemühungen der militärischen Führung, den Schutz der Ostgrenzen gegen eine erwartete polnische Aggression zu gewährleisten. Verteidigungspläne wurden entworfen, Truppen positioniert, Befestigungen angelegt. Diese Feindbildkonstruktion sollte Jahre später eine unheilbvolle Rolle spielen, als sie von der nationalsozialistischen Propaganda instrumentalisiert wurde.
Obwohl Mahnstein weder Anhänger Hitlers noch seiner lärmenden Partei war, begann nach der Machtübernahme der NSDAP sein Aufstieg zu bedeutenderen Positionen. Das konservative Offizierschor und die Nationalsozialisten fanden in ihrer Ablehnung der Weimarer Republik und in ihrer revisionistischen Außenpolitik gemeinsame Interessen.
Im Dezember 1933 wurde Mannstein zum Oberst befördert. Im Februar des folgenden Jahres übernahm er die Position des Stabschefs des Dritten Werkreises in Berlin. Die Reichshauptstadt war das politische und militärische Zentrum. des sich rapide wandelnden Deutschlands. Mitte 1936 erfolgte seine Ernennung zum Chef der ersten, der Operationsabteilung des Generalstabs des Heeres.
Im Herbst desselben Jahres wurde er zum Generalmajor befördert und zum ersten Stellvertreter des Generalstabschefs des Heeres ernannt. Diese Position verschaffte ihm enormen Einfluss auf die strategische Planung der Wehrmacht. Er war nun einer der Architekten der deutschen Kriegsvorbereitung. In seiner Funktion als hochrangiger Generalstabsoffizier unterstützte Mannstein nachdrücklich die Expansion und technische Entwicklung der deutschen Streitkräfte.

Seine Vorschläge zielten darauf ab, die Schlagkraft der Wehrmacht zu maximieren. Er empfahl die Einführung von Sturmgeschützen in den Infanteriedivisionen. Eine Innovation, die sich im kommenden Krieg als äußerst wirksam erweisen sollte. Ebenso befürwortete er eine verstärkte Rolle der Panzerwaffe. Er erkannte früh, dass gepanzerte Verbände konzentriert eingesetzt kriegsentscheidend sein könnten.
1938 bereitete er die Pläne für den Einmarsch der Wehrmacht in Österreich vor. Der sogenannte Anschluss erfolgte im März jenes Jahres. Ohne einen Schuss abzufeuern marschierten deutsche Truppen in das Nachbarland ein. Dies war erst der Anfang. Die militärische Maschinerie, an deren Perfektionierung Mannstein mitgearbeitet hatte, würde schon bald ihre zerstörerische Kraft entfalten.
Die Jahre der Aufrüstung und Planung näherten sich ihrem verhängnisvollen Höhepunkt. Der 1. September 1939 markierte den Beginn des Zweiten Weltkriegs. Deutsche Truppen marschierten in Polen ein, doch es war nicht der Polenfeldzug, der Mannsteins militärischen Ruhm begründete, sondern sein innovativer Plan für den Angriff auf Frankreich.
Der ursprüngliche deutsche Angriffsplan für den Westfeldzug, bekannt als Fallgelb, sah einen Schwerpunkt durch Belgien vor. Eine Wiederholung des Schliefenplans von 1914. Mannstein hielt diesen Plan für vorhersehbar und unzureichend. Im Herbst 1939 entwickelte er eine revolutionäre Alternative. Sein Konzept sah vor, den Hauptstoß durch die Adennen zu führen, durch jenes Waldgebiet, das die Alliierten für Panzer unpassierbar hielten.
Die französischen und britischen Generalstäbe hatten ihre stärksten Kräfte in Flandern und entlang der Marinolinie konzentriert. Die Adennen galten als natürliches Hindernis. Mansteins Plan war von bestechender Kühnheit. Starke Panzerverbände sollten durch die Adennen brechen, die Maß überqueren und dann in einem gewaltigen Schwung nach Westen vorstoßen.
Dieser Sichelschnitt würde die alliierten Armeen in Belgien vom Hauptkörper der französischen Streitkräfte abschneiden und einkesseln. Zunächst stieß sein Plan auf Widerstand. Generalstabschef Hallder und andere hohe Offiziere hielten das Vorhaben für zu riskant. Doch Mahnstein beharte auf seiner Konzeption. Schließlich im Februar wurde sein Plan Hitler persönlich vorgetragen. Der Führer war begeistert.
Mannsteins Konzept entsprach genau Hitlers Vorliebe für gewagte unkonventionelle Operationen. Der Plan wurde übernommen und bildete die Grundlage für den spektakulärsten deutschen Sieg des Krieges. Im Mai 1940 begann Fall gelb. Die Panzerverbände brachen durch die Ardennen vor, überquerten die Mars bei Sedan und rasten zur Kanalküste.
Innerhalb weniger Wochen war Frankreich besiegt. Die Welt stand fassungslos vor dieser militärischen Meisterleistung. Mansteins strategische Innovation hatte den Blitzkrieg ermöglicht. Sein Name war nun untrennbar mit diesem überwältigenden Triumph verbunden. Nach dem Sieg über Frankreich kommandierte Mannstein zunächst das 38. Armeechor.
Mit Beginn des Unternehmens Barbarossa am 22. Juni 1944 führte er dieses Chor im Rahmen der Heresgruppe Nord. Seine Truppen nahmen an der Eroberung der baltischen Staaten teil. Der Vormarsch erfolgte mit beispielloser Geschwindigkeit. Doch anders als im Westen stieß die Wehrmacht hier auf einen Gegner, der bereit war, unbegrenzte Opfer zu bringen.
Die rote Armee zog sich kämpfen zurück, vernichtete Infrastruktur und hinterließ verbrannte Erde. Im September 1944 übernahm Mannstein das Kommando über die elfte Armee. Seine Aufgabe: Die Eroberung der Krim. Die Halbinsel galt als strategisch bedeutsam für die Kontrolle des schwarzen Meeres und die Sicherung der rumänischen Ölfelder.
Die Operation begann im Oktober. Mahnsteins Truppen durchbrachen die sowjetischen Befestigungen am Perikop Istmus, jenem schmalen Landstreifen, der die Krim mit dem Festland verbindet. Es folgte ein methodischer Vormarsch über die gesamte Halbinsel. Die Eroberung von Sevastopol, der mächtigen Festungsstadt, erwies sich als außerordentlich schwierig.
Die sowjetischen Verteidiger leisteten erbitterten Widerstand. Monatelang dauerten die Kämpfe. Erst im Juli 1942 fiel die Stadt nach einer der längsten Belagerungen des Krieges. Für die Eroberung der Krim wurde Mahnstein am 1. Juli 1942 zum Generalfeldmarschall befördert. Er war auf dem Höhepunkt seiner militärischen Karriere angelangt.
Mit 58 Jahren gehörte er zu den jüngsten Trägern dieses höchsten militärischen Ranges. Doch der scheinbare Triumph trug bereits die Saat der Katastrophe in sich. Hinter den militärischen Erfolgen vollzog sich ein Vernichtungskrieg von beispielloser Brutalität. Einsatzgruppen der SS ermordeten in seinem Verantwortungsbereich zehntausende Juden, Partisanen und Zivilisten.
Die Frage nach Mahnsteins Wissen und Verantwortung für diese Verbrechen sollte ihn bis an sein Lebensende verfolgen. Der Winter 1942 brachte die Wände an der Ostfront. Im November schlossen sowjetische Armeen die sechste Armee in Stalingrad ein. 300.000 Deutsche Soldaten saßen im Kessel fest.
Hitler befahl: “Die sechste Armee darf nicht ausbrechen, sie muss halten.” Mannstein erhielt den Auftrag, mit einer neuierten Heresgruppe Don Entsatzangriff durchzuführen. Das Unternehmen Wintergewitter begann am 12. Dezember. Mannsteins Panzerverbände kämpften sich durch eisige Steppe und sowjetische Verteidigungslinien. Sie kamen bis auf 50 Kilometer an Stalingrad heran, doch die Kräfte reichten nicht aus.
Der Durchbruch gelang nicht. General Paulus und die sechste Armee kapitulierten am 2. Februar 1934. Stalingrad war eine militärische Katastrophe von epochaut. Die Niederlage erschütterte das Vertrauen in die Unbesiegbarkeit der Wehrmacht. Im Reich begann man zu begreifen, daß dieser Krieg möglicherweise nicht zu gewinnen war.
Doch Mahnstein demonstrierte erneut sein strategisches Können. Im Februar und März 1934 führte er eine brillante Gegenoffensive bei Tarkov. Durch geschickte Manöver und konzentrierten Panzereinsatz gelang es ihm mehrere sowjetische Armeen zu zerschlagen und die Stadt zurückzuerobern. Der Sieg bei Charakov stabilisierte vorübergehend die Ostfront.
Er zeigte, dass die Wehrmacht noch immer zu erfolgreicher Kriegsführung fähig war, doch es war ein Pyrussieg. Die strategische Initiative hatte unwiderruflich zur roten Armee gewechselt. Mannsteinsverhältnis zu Hitler war komplex und widersprüchlich. Einerseits schätzte der Diktator die militärischen Fähigkeiten seines Feldmarschalls.
Andererseits kam es zunehmend zu Konflikten über die strategische Führung des Krieges. Mannstein plädierte wiederholt für eine flexible, bewegliche Kriegsführung. Er wollte Raumreis geben, um Zeit und Kräfte für entscheidende Gegenschläge zu gewinnen. Hitler hingegen bestand auf dem Halten jeder Position, auf dem Verbot jeglichen Rückzugs.
Der Führer befürchtete, dass Rückzüge die Moral untergraben und verbündete Staaten zum Abfall bewegen würden. Seine Befehle lauteten: “Halten, halten um jeden Preis. Diese Starheit kostete zehntausende Soldaten das Leben, die in aussichtslosen Kesseln ausharten, statt sich rechtzeitig zurückzuziehen. Mannstein versuchte mehrfach Hitler von einer rationaleren Kriegsführung zu überzeugen.
Er schlug vor, ihm den Oberbefehl an der Ostfront zu übertragen mit entsprechenden Vollmachten für operative Entscheidungen. Hitler lehnte ab. Er traute keinem seiner Generäle vollständig. Die Beziehung verschlechterte sich zunehmend. Mnsteins nüchterne, sachliche Art kollidierte mit Hitlers ideologischem Fanatismus. Der Feldmarschall dachte in militärischen Kategorien von Kräfteverhältnissen und operativen Möglichkeiten.
Hitler dachte in Kategorien von Willen, Durchhaltevermögen und rassischer Überlegenheit. Im Märzin4 wurde Mannstein von seinem Kommando entbunden. Offiziell aus gesundheitlichen Gründen. Tatsächlich, weil Hitler seiner überdrüssig geworden war. Der begabteste Stratege der Wehrmacht verbrachte den Rest des Krieges in Untätigkeit.
Die militärischen Leistungen Mannsteins sind unbestritten, doch sie stehen im Kontext eines verbrecherischen Angriffskrieges und systematischer Massenmorde. In seinem Verantwortungsbereich wurden schwerste Kriegsverbrechen begangen. Die elfte Armee unter seinem Kommando arbeitete mit Einsatzgruppen der SS zusammen.
In der Krim wurden ztausende Juden, Roma und sowjetische Kriegsgefangene ermordet. Mannstein behauptete später von diesen Verbrechen nichts gewusst zu haben. Historische Dokumente widersprechen dieser Darstellung. Befehle mit seiner Unterschrift belegen seine Kenntnis und teilweise Billigung von Maßnahmen gegen Zivilisten und Partisanen.
Der sogenannte Reichenau Befehl vom 10. Oktober 1944 den Mannstein für seinen Verantwortungsbereich übernahm, forderte ein hartes Vorgehen gegen die jüdische Bevölkerung. Der Befehl sprach von der Notwendigkeit harter Sühne am jüdischen Untermenschentum. Diese Dokumente zeichnen das Bild eines Offiziers, der zumindest durch Unterlassung und Duldung an Verbrechen beteiligt war.
Die Frage der individuellen Schuld bleibt komplex, doch die historische Verantwortung ist evident. Nach Kriegsende wurde Mannstein von britischen Truppen gefangen genommen. Er verbrachte mehrere Jahre in Kriegsgefangenschaft. Anders als viele andere hohe Offiziere wurde er nicht in den Nürnberger Prozessen angeklagt.
Stattdessen stellten ihn die britischen Militärbehörden 1949 in Hamburg vor Gericht. Die Anklage lautete auf 17 Punkte, darunter die Weitergabe verbrecherischer Befehle und die Duldung von Kriegsverbrechen. Der Prozess erregte internationale Aufmerksamkeit. Mannsteins Verteidigung argumentierte, er sei ein unpolitischer Soldat gewesen, der lediglich seine militärischen Pflichten erfüllt habe.
Die Anklage legte Dokumente vor, die seine Verstrickung in das System der Verbrechen belegten. Am 19. Dezember 1949 wurde das Urteil verkündet. Mannstein wurde in neun von 17 Anklagepunkten schuldig gesprochen und zu acht Jahren Haft verurteilt. Die Strafe wurde später auf 12 Jahre reduziert. Aufgrund gesundheitlicher Probleme wurde er 1935 vorzeitig entlassen.
Er verbrachte seine letzten Lebensjahre in der Bundesrepublik Deutschland, wo er 1965 seine Memoen unter dem Titel verlorene Siege veröffentlichtee. In diesem Werk stilisierte er sich als unpolitischen Fachmann, der gegen Hitlers Diletantismus gekämpft und nur durch politische Einmischung am Sieg gehert worden sei. Diese Selbstdarstellung prägte lange die Rezeption seiner Person, wird aber von der modernen Geschichtswissenschaft kritisch hinterfragt.
Erich von Mannstein starb am 10. Juni 1973 in Irschenhausen bei München im Alter von 85 Jahren. Erich von Mahnstein verkörperte den deutschen Generalstabsoffizier in Reinform. Hochgebildet, strategisch brillant, technokratisch effizient. Seine militärischen Fähigkeiten standen außer Frage.
Der Sichelschnittplan gegen Frankreich gilt bis heute als Meisterwerk operativer Planung. Doch seine Geschichte wirft grundlegende Fragen auf über die Verantwortung des Einzelnen, über Gehorsam und Gewissen über militärisches Können und moralisches Versagen. Kann militärische Brillanz von den Zielen getrennt werden, denen sie dient? Welche Verantwortung trägt der Experte für das System, dem er seine Expertise zur Verfügung stellt? Mannstein war kein glühender Nationalsozialist.
Er gehörte zur konservativen preußischen Offizierskaste, die Hitler zunächst verachtete, dann duldete und schließlich diente. Diese Offiziere glaubten, das Regime nutzen zu können für ihre eigenen Ziele. Die Revision von Versaill, die Wiederherstellung deutscher Größe, die Vernichtung des Bolschewismus. Sie erkannten zu spät, dass nicht sie das Regime nutzten, sondern das Regime sie.
Ihre militärische Professionalität, ihre strategische Brillanz, ihre organisatorische Effizienz stellten sie in den Dienst eines Systems, das Europa in den Abgrund stürzte. Mannsteins Fall demonstriert die Grenzen rein technokratischen Denkens. Ein Stratege ohne moralischen Kompass, ein Experte ohne politisches Urteilsvermögen, ein Profi, der seine Professionalität über ethische Erwägungen stellt.
All das macht ihn zu einer tragischen, aber auch schuldhaften Figur. Die Bewertung seines Lebens und Wirkens bleibt bis heute Gegenstand historischer Kontroverse. Doch eines ist gewiss. Militärisches Genie entbindet nicht von moralischer Verantwortung. Die Geschichte Erich von Mannsteins ist eine Mahnung. Sie erinnert uns daran, daß Kompetenz und Können niemals Selbstzweck sein dürfen.
Sie müssen stets der Frage standhalten, wem dienen Sie? Zu welchem Zweck werden Sie eingesetzt? Die Dokumente schweigen nicht. Sie fordern uns auf, die richtigen Fragen zu stellen. Und diese Fragen bleiben aktuell in jeder Zeit für jeden, der Verantwortung trägt.