Der Mordfall, der Deutschland erschütterte, steht vor seiner größten juristischen Zerreißprobe. Verteidiger Andreas Om attackiert die Indizienkette der Staatsanwaltschaft frontal und enthüllt: Das Fundament des Verdachts ist brüchiger als angenommen. Die Entscheidung des Gerichts wird zeigen, ob die Logik eines Verdachts oder die Pflicht zum rechtsstaatlichen Zweifel obsiegt.
An einem windigen Morgen in Rostock, vor der nüchternen Fassade des Gerichtsgebäudes, reichte Strafverteidiger Andreas Om ein einziges Dokument ein, das das gesamte Fundament des Falls Fabian ins Wanken bringen könnte: den Antrag auf Haftprüfung. Seit Wochen sitzt Gina H., die ehemalige Partnerin des Vaters des achtjährigen Fabians, in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Mord an dem Jungen, die Beseitigung der Leiche in einem abgelegenen Waldstück bei Klein Upahl und die grausame Verbrennung.
Obwohl dieser Fall das Land tief erschüttert und die öffentliche Empörung unerbittlich ist, basiert ein erheblicher Teil der Verdachtsmomente auf Indizien – zeitliche Widersprüche, eine Fahrtstrecke, ein Handy, ein paar Schuhe und die entsetzliche Entdeckung, die sie selbst bei der Polizei meldete. Die Beweiskette der Staatsanwaltschaft wirkt zwar auf den ersten Blick schlüssig, doch ein klares Tatwerkzeug fehlt, eindeutige Spuren wurden nicht öffentlich gemacht, und die Beschuldigte schweigt konsequent.
Genau diese Schwachstellen greift Om nun mit aller juristischen Härte an. Die Haftprüfung zwingt den zuständigen Ermittlungsrichter, jeden einzelnen Baustein des Verdachts neu zu bewerten. Hinter verschlossenen Türen bereitet der Anwalt eine Strategie vor, die auf den empfindlichsten Punkt zielt: die Möglichkeit, dass die Ermittler ein Szenario für wahrscheinlich halten, ohne es juristisch wasserdicht belegen zu können.
Die Frage, die nun wie ein Donnerschlag über dem Fall steht, ist unvorstellbar und real zugleich: Was, wenn das Gericht entscheidet, dass die Beweise nicht für eine weitere Haft reichen und Gina H. plötzlich wieder auf freien Fuß kommt?

Kapitel 1: Der tragische Komplex – Indizien, Feuer und die schockierende Entdeckung
Der Fall Fabian 8 entwickelte sich in nur wenigen Wochen zu einem der erschütterndsten Kriminalkomplexe der jüngeren deutschen Geschichte. Alles begann, als der lebhafte Junge am Nachmittag des 10. Oktober in Güstrow verschwand. Die hektischen Suchaktionen von Hunderten Freiwilligen, Feuerwehr und Polizei in den umliegenden Wäldern wichen schnell der Gewissheit, dass dies kein gewöhnlicher Vermisstenfall war.
Am 14. Oktober folgte der Fund, der das Land schockierte. Gina H. selbst meldete die verbrannten sterblichen Überreste des Kindes in der Nähe eines abgelegenen Waldweges bei Klein Upahl. Dieser Moment, der sie als Finderin inszenierte, sollte später zum Ausgangspunkt massiver Zweifel und zur zentralen Säule des Verdachts werden. Die Kriminaltechnik stellte fest, dass die Leiche offenbar mit Brandbeschleuniger übergossen wurde, ein Detail, das den Charakter einer geplanten Tat verstärkte und den Kreis möglicher Täter drastisch einengte.
Je tiefer die Ermittler gruben, desto mehr geriet Gina H. in den Fokus:
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Zeitliche Diskrepanzen: Ihre Angaben zu Zeitfenstern und ihrer angeblichen Route mit dem Hund passten nicht nahtlos.
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Emotionale Ambivalenz: Die Beziehung zwischen ihr und Fabians Vater war kompliziert und emotional belastet. Gleichzeitig gab es Zeugen, die ihr ein durchaus herzliches Verhältnis zu Fabian selbst bescheinigten.
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Die Entdeckung: Die zentrale Frage lautete: War es reiner Zufall, dass genau sie den toten Jungen fand, oder wies dieser Moment auf ein Vorwissen hin?
Die Ermittler entwickelten ein Szenario: Spuren an ihren Schuhen, ein Handy, das zu einem kritischen Zeitpunkt schwieg, und eine Route, die länger dauerte als üblich. Doch trotz des wachsenden Verdachts blieb eines auffällig: Ein eindeutiger Beweis, ein technisches Gutachten, das alle Zweifel beseitigen konnte, fehlte weiterhin.
Kapitel 2: Die Anatomie eines fragilen Verdachts
Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass ihre Indizienkette ein in sich schlüssiges Bild ergibt. Der Tatort war ein Ort, den Gina H. regelmäßig aufsuchte. Die logistische Abfolge des Transports und der Brandlegung sei nur von jemandem durchführbar gewesen, der den Ort kannte und bei dessen Anwesenheit kein Verdacht aufkam. Für die Ermittler waren diese Bausteine – die zeitliche Abfolge, die Nähe zum Fundort, die emotionalen Spannungen – ausreichend, um einen dringenden Tatverdacht zu begründen.
Doch ein Szenario ist kein Beweis, und genau in dieser Kluft setzt die Verteidigung an. Strafverteidiger Om sieht in der Argumentation der Staatsanwaltschaft ein „Gesamtbild ohne feste Eckpfeiler“, das vor Gericht nicht standhalten darf. Er zielt auf die Nahtstellen der Ermittlung, an denen Annahmen juristische Tatsachen ersetzen:
2.1. Die unsichere Zeit des Todes
Der wohl heftigste Angriff betrifft den exakten Todeszeitpunkt. Die Ermittler gehen davon aus, dass Fabian bereits am 10. Oktober starb. Om argumentiert jedoch, dass die Verbrennung der Leiche wesentliche Spuren zerstört hat, wodurch die Rekonstruktion des Todeszeitpunkts zwangsläufig unsicher wird.
Wenn der Todeszeitpunkt nicht eindeutig feststeht, bricht ein großer Teil der Indizienkette zusammen.
Ohne einen zweifelsfreien Todeszeitpunkt verlieren auch die zeitlichen Lücken und Bewegungsprofile, die Gina H. zur Last gelegt werden, ihre zwingende Beweiskraft.
2.2. Das doppeldeutige Schweigen
Gina H.s konsequentes Schweigen in der Untersuchungshaft wird von der Staatsanwaltschaft als Hinweis auf Täterschaft interpretiert und von der Öffentlichkeit oft als Schuldeingeständnis verstanden. Om kontert scharf: Schweigen ist ein Schutzmechanismus, kein Eingeständnis. Die Ermittler hätten eine Lücke mit Bedeutung gefüllt, ohne sie mit Beweisen zu unterfüttern.
2.3. Das Paradoxon des Auffindens
Die zentrale logische Schwäche des Verdachts ist das Paradoxon, dass Gina H. die Leiche selbst meldete. Om stellt die Frage, die Millionen Zuschauer beschäftigt: „Warum sollte jemand, der ein Verbrechen vertuschen will, die Polizei ausgerechnet direkt zu dem Ort führen, an dem die eigene Tat angeblich stattgefunden hat?“
Zwar zogen Ermittler die Möglichkeit einer „kontrollierten Entdeckung“ in Betracht – eine Strategie, bei der Täter durch das Melden des Fundes Vertrauen gewinnen wollen. Doch Om betont, dass es dafür im Aktenmaterial keinerlei konkrete Anhaltspunkte gebe. Die Tatsache des Auffindens bleibt somit ein scharfes juristisches Werkzeug in der Hand der Verteidigung.
Kapitel 3: Der Kampf gegen den Tunnelblick und die Wut der Öffentlichkeit
Die Strategie von Andreas Om ist nicht nur juristisch, sondern auch psychologisch. Er stellt sich bewusst gegen die kollektive Überzeugung, die den Fall bereits als gelöst ansieht. Er argumentiert, dass die Ermittlungen nahezu vollständig auf Gina H. fokussiert wurden, nachdem sie die Leiche fand.
Diese Fixierung ist psychologisch nachvollziehbar, aber juristisch gefährlich, denn eine Ermittlung, die sich früh verengt, riskiert Details auszublenden, die nicht zum eigenen Narrativ passen. Om zeigt damit die Gefahr des Tunnelblicks auf, die das Fundament der Anklage zusätzlich destabilisiert.
Die Konfrontation im Rahmen der Haftprüfung ist daher ein Kampf zwischen zwei Mächten:
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Die Wucht der Emotion: Die öffentliche Meinung, die Trauer um Fabian und das unbedingte Bedürfnis nach Gerechtigkeit.
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Die Kälte des Paragrafen: Die rechtsstaatliche Pflicht, die Freiheit eines Bürgers nur dann einzuschränken, wenn die Beweise über jeden Zweifel erhaben sind.
Der Haftbefehl, so wurde berichtet, stützte sich auf die „hohe Wahrscheinlichkeit“, dass Gina H. die Tat begangen habe. Doch die Verteidigung argumentiert, dass Wahrscheinlichkeit keinen Beweis ersetzt und die Indizienkette nicht stark genug ist, um die schwerste Vorsichtsmaßnahme des deutschen Strafrechts – den Freiheitsentzug – zu rechtfertigen.
Das drohende Urteil: Juristische Erschütterung im Dezember
Die Uhr tickt. Innerhalb weniger Tage, sicher noch im Dezember, muss der Ermittlungsrichter am Amtsgericht Rostock entscheiden. Es ist ein Moment, der nicht nur über die Freiheit einer einzelnen Frau entscheidet, sondern auch darüber, wie stabil die bisherigen Ermittlungen tatsächlich sind.
Die Staatsanwaltschaft bleibt fest von ihrem dringenden Tatverdacht überzeugt. Doch wenn der Richter Oms Argumentation folgt – dem Bild eines logisch wirkenden, aber rechtlich bröckelnden Konstrukts – dann könnte Gina H. völlig unerwartet aus der Haft entlassen werden. Möglicherweise unter strengen Auflagen, aber dennoch frei.
Dieser Schritt wäre für die Öffentlichkeit unvorstellbar und für die Ermittler ein gewaltiger Rückschlag. Die Unsicherheit, die den Ausgang so offen macht, basiert auf der einen, alles entscheidenden rechtsstaatlichen Frage: Was wiegt schwerer – die Logik eines Verdachts oder die Verpflichtung, die Freiheit eines Menschen nur dann einzuschränken, wenn kein Zweifel mehr bleibt?
Die Entscheidung des Gerichts wird das Bild, das Deutschland sich von Gina H. gemacht hat, entweder bestätigen oder in tausend Teile zerbrechen lassen. Die Geschichte des Mordfalls Fabian steht am Scheideweg, und das nächste Kapitel könnte eine juristische Erschütterung sein, die den Fall neu definiert.