“Bitte, mach es einfach!” Die blutende Frau forderte ihren Tod, doch Rancher Elias ignorierte das flehende Gebet und entschied, das Leben mit einer schicksalhaften Tat zu retten.

Die Sonne brannte die Wüste unbarmherzig, verbrannte alles, was sie berührte. Die Erde riss unter ihrer Last, und die Luft flimmerte wie Glas.

Mitten in dieser glühenden Stille stolperte eine junge Frau durch das hohe, tote Gras. Ihre Handgelenke waren vor ihrem Körper gefesselt. Die Seile schnitten tief in die Haut und hinterließen blutige Spuren. Ihr Atem ging stoßweise. Jeder Schritt war ein Kampf, den sie verlor.

Sie stürzte. Der Boden riss ihre Knie auf, Staub füllte ihren Mund, erstickte sie.


Einen langen Moment lang lag sie regungslos da, bis die Hitze sie wie an ein Kreuz an den Boden presste. Dann erspähten ihre Augen etwas vor sich: ein zerbrochenes Fass, alt, gespalten, halb im trockenen Boden versunken.

Sie kroch darauf zu und schleppte ihre gefesselten Hände wie Ketten hinter sich her. Als sie es erreichte, versuchte sie aufzustehen, aber das Holz zerfiel und hinterließ Holzsplitter in ihren Handflächen. Trotzdem stützte sie sich daran ab. Es war das Einzige, woran sie sich noch festhalten konnte.

Ihr Kleid war zerrissen, mit Blut und Staub verschmiert. Die Haare klebten in feuchten Strähnen an ihrem Gesicht. Fliegen landeten auf ihren Armen, Lippen und offenen Wunden. Sie versuchte, sie zu verscheuchen, aber ihre Hände waren zu schwach.

Ein Flüstern entfuhr ihr, trocken wie Sand. „Bitte, Herrgott, nicht so.“


Das Geräusch von Hufen durchbrach die Stille. Langsam, gleichmäßig, immer näher. Ihr Körper spannte sich an. Ihr Blick huschte zum Horizont. Ein Pferd, ein Reiter, groß, schweigsam. Die Sonne hinter ihm machte ihn zu einer schwarzen Silhouette im gleißenden Licht.

Panik flammte in ihr auf, aber ihre Beine gehorchten ihr nicht. Der Körper gab auf. Der Geist nicht. Sie presste ihre Stirn gegen das glühend heiße Holz des Fasses und flüsterte: „Nur nicht noch einmal, bitte, nicht noch einmal.“

Der Reiter hielt nur wenige Schritte entfernt an. Das Pferd schnaubte, scharrte mit dem Huf im Staub. Es ertönte das Geräusch von Schritten, Sporen. Ein Schatten fiel auf sie.


Sie hob den Kopf. Die Augen halb geöffnet, der Blick trüb. Das Gesicht des Mannes war von der Sonne verborgen, aber sie sah die Pistole an seinem Gürtel. Ihr Herz schlug einmal, zweimal und verlangsamte sich.

Sie atmete aus, kaum hörbar. „Mach die Fesseln nicht los. Tu es einfach.“

Der Mann erstarrte. Der Wind legte sich. Nur das Summen der Fliegen und das Knarren des Sattels unterbrachen die Stille.

Er sah sie an. Die blauen Flecken, das Brandzeichen an ihrem Arm, den Schmutz in jeder Linie ihres Gesichts. Er nahm seinen Hut ab und ließ die Sonne sein wettergegerbtes Gesicht beleuchten.

Sein Name war Elias Macrae, 40 Jahre alt. Ein Mann, der alles verloren hatte, aber noch nicht verlernt hatte, das Richtige zu tun. Er hatte den Tod gesehen, er hatte ihn verursacht. Aber das hier war anders. Das war auf die Haut gebrannte Grausamkeit. So sah die Hölle bei Tageslicht aus.


Er kniete neben ihr. „Miss, Sie sind in Sicherheit“, sagte er leise.

Sie lachte. Ein gebrochenes, zerbrechliches Geräusch. „In Sicherheit?“ Ihre Stimme brach. „Es gibt keine Sicherheit, solange er lebt.“

Elias’ Augen verengten sich. „Wer?“

Sie blickte ihn an. Pupillen erweitert, Lippen zitternd. „Hale“, flüsterte sie.

Ihr Körper erschlaffte, ihr Kopf fiel nach vorne. Sie sank ihm in die Arme, der Atem kaum spürbar. Elias fing sie auf, bevor sie auf den Boden schlug. Die Haut brannte vor Hitze.

Er hob sie leicht hoch, zerbrechlich wie eine Stoffpuppe. Er blickte in die Ferne, der Kiefer angespannt. Der Name klang in seiner Erinnerung nach. Hale. Er kannte ihn, hasste ihn und wusste: Das war kein Zufall.


Er sah die Frau in seinen Armen an, die verwundeten Handgelenke, den schwachen Puls, und in ihrem Schweigen hörte er das, was er seit Jahren nicht mehr gehört hatte: Verantwortung.

„Nun, Miss“, murmelte er, „Sie haben sich den Falschen ausgesucht, um um den Tod zu bitten. Ich bin nicht derjenige, der Sie töten wird.“

Er setzte sie aufs Pferd, schwang sich selbst in den Sattel und wandte sich dem Tal zu. Die Sonne brannte von hinten, der Wind trug den Geruch von Fett und Blut. Irgendwo in der Ferne schrie eine Krähe. Elias blickte nicht zurück.

Er sah lange auf das Mädchen in seinen Armen. Die Seile an ihren Handgelenken schienen älter als ihre Angst. Er zog sein Messer und schnitt sie durch. Sie zuckte zusammen, als die Spannung nachließ. Ihre Hände fielen herab, die Haut übersät mit Striemen.

„Ruhig“, murmelte er heiser, bedauernd.

Sie antwortete nicht. Ihre Augen verdrehten sich, ihr Körper sackte wieder zusammen. Er blickte noch einmal zum Horizont. Kein Staub, keine Reiter, nur schwere Luft und das Zirpen der Zikaden.

Er hob sie aufs Pferd, hielt sie dicht bei sich und ritt zurück.


Die Ranch war still, abgesehen vom Wind. Alle paar Minuten zuckte sie zusammen, flüsterte unzusammenhängende Dinge: Namen, Orte, Fetzen von Gebeten. Er hörte nicht zu. Er wusste längst, dass Schmerz seine eigene Sprache spricht.

Als sie die Ranch erreichten, neigte sich die Sonne bereits hinter die Hügel. Der alte Ort wirkte müde und stumm. Die Farbe an den Zäunen war längst abgeblättert, und der Schuppen neigte sich, als hätte er vor vielen Jahren aufgegeben. Kein Zuhause, aber sicher.

Elias legte das Mädchen auf ein Bett im Gästezimmer, goss etwas Wasser aus dem Krug und befeuchtete ihre Lippen. Sie regte sich, öffnete aber die Augen nicht. Das Fieber brannte immer noch in ihr.

Er setzte sich daneben, der Mann, der einst schwor, niemanden mehr zu retten. Er hatte schon zu viele begraben. Und doch war er wieder hier.


Als sie schließlich die Augen öffnete, griff sie zuerst nach ihren Handgelenken. Sie starrte lange auf die Spuren der Seile, dann auf ihn. „Sie haben mich losgebunden“, flüsterte sie.

„Es fühlte sich richtig an“, antwortete er leise.

Ihr Blick musterte sein Gesicht. Zuerst wachsam, dann sanfter. „Warum haben Sie mir geholfen? Sie kennen mich doch nicht.“

Elias zuckte mit den Achseln. „Wahrscheinlich brauche ich das nicht. Sie sehen einfach aus wie ein Mensch, der schon genug Schmerz für ein ganzes Leben ertragen hat.“

Sie wandte den Blick ab, ihre Lippen zitterten. „Ich heiße May. Ich war Lehrerin im Osten.“

Er nickte. Das Wort Lehrerin klang fremd in dieser Wüstenlandschaft. „Was haben Sie hier gemacht, May?“

Sie zögerte. „Ich dachte, ich käme, um zu unterrichten, aber sie haben gelogen. Sie sagten, es sei eine Schule. Aber es war keine Schule.“

Elias sah sie lange an, fragte nicht weiter. Er musste nicht. Er kannte diesen Blick, sah ihn bei denen, die das Schlimmste überlebt hatten.


Draußen frischte der Wind auf und brachte den Geruch von fernem Regen mit sich. Elias wandte sich zur Tür. Es gab viele Fragen, aber keine verlangte in dieser Nacht eine Antwort.

Als er in den Sonnenuntergang hinaustrat, blitzte ihm ein Gedanke durch den Kopf: Wenn May die Wahrheit sagte, war der Teufel selbst nach Montana zurückgekehrt.

Der nächste Morgen war still, zu still. Elias tränkte das Pferd am Trog. Die Hitze stieg bereits. Die Luft flimmerte über dem Boden.

May saß auf der Veranda, in einem seiner alten Hemden, und starrte in den Horizont, als würde dort immer noch etwas hinter ihr her sein. Sie sprach wenig, Elias fragte wenig, und das passte beiden.

Am Mittag übertönten die Zikaden alles, und in der Luft lag der Geruch von Staub und Gewitter. Da hörte Elias Hufschläge – nicht aus Richtung der Stadt, sondern von der südlichen Straße.

Er hob den Blick. Die Hand legte sich auf den Holster.


Auf der Straße erschien ein Reiter. Langsam hinkte das Pferd. Eine Frau sprang vom Sattel, bevor das Tier überhaupt zum Stehen kam. Ihr Kleid war mit Staub bedeckt.

Elias blinzelte einmal, dann noch einmal. „Eliza“, flüsterte er.

Sie sah dünner aus, als er sich erinnerte. Das Haar zerzaust, das Gesicht blass.

„Ich habe mich entschieden“, zitterte Elizas Stimme. „Jack, ich wusste nicht, wohin ich sonst gehen sollte.“

Elias runzelte die Stirn. Eliza Reed, Toms Frau. „Mädchen, du siehst aus, als wärst du durch die Hölle gegangen. Was ist passiert?“

Sie antwortete nicht sofort, griff nur in ihre Satteltasche und holte eine kleine Holzkiste hervor. Sie hielt sie fest, als hätte sie Angst, sie würde verschwinden.

„Ich habe etwas mitgebracht. Du musst das sehen.“


Elias nahm die Kiste. Sie war schwerer, als sie aussah. Darin lagen Papiere, Briefe, Namen in ordentlicher Handschrift, Quittungen, Geld und etwas, das Elias’ Blut gefrieren ließ: Toms Handschrift.

„Eliza“, sagte er leise. „Was ist das?“

Ihre Stimme brach. „Das ist alles, Jack. Alles, was Hale getan hat, und wie Tom verwickelt war.“ Sie schluchzte. „Ich habe versucht, ihn aufzuhalten, ihn angefleht, aber er sagte, Hale besitzt ihn jetzt, und es gibt keinen Ausweg außer dem Tod.“

Elias’ Kiefer spannte sich an. Er blickte erneut auf die Papiere: Namen von Frauen, Beträge, Daten. Die Tinte war noch frisch. Etwas Kaltes und Böses schlich sich über seinen Rücken.

„Eliza, du hättest das nicht mitbringen sollen. Wenn Hale das erfährt, schickt er seine Leute.“

„Ich weiß“, flüsterte sie. Tränen glänzten in ihren Augen. „Deshalb bin ich zu dir gekommen. Du bist der Einzige, den er fürchtet.“


Elias antwortete nicht. Er starrte nur auf den Horizont. Die Sonne spiegelte sich in den Feldern, am Rand seines Hutes. Er spürte fast den Sturm, der von weitem heraufzog, jede Sekunde näherrollend.

May trat auf die Veranda. Entsetzen in ihren Augen. Zum ersten Mal sah sie Eliza. Nun waren drei Leben miteinander verflochten durch Angst, Blut und das Böse eines einzigen Mannes.

Elias hob die Kiste, als wäre sie ein Fluch. „Wenn Hale kommt“, murmelte er, „dann kommt die Hölle mit ihm.“


Die Sonne brannte unerbittlich an diesem Morgen. Elias ritt los wie ein Mann, der eine Entscheidung getroffen hatte. Hinter sich die Ranch, die im flimmernden Dunst kleiner wurde. Vor sich die leere Ebene, die sich zu der zerfallenen Kirche zog, von der Eliza gesprochen hatte.

Sie hatte ihn angefleht, nicht allein zu gehen. May schwieg, sah nur von der Veranda zu, mit einem Blick, der immer Abschied bedeutete.

Die Luft flimmerte vor Hitze. Staub klebte an seinem Mantel, Schweiß an seinem Nacken. Jeder Zaunpfosten war wie ein Grabstein verlorener Seelen.

Als der Kirchturm in Sicht kam, verstummte die Welt. Nur Fliegen und Wind. Die Kirche stand halb zerfallen, mit Unkraut überwuchert, ohne Fenster, mit zerbrochenen Türen.

Elias stieg ab, band sein Pferd an einer Querstange fest. „Hey, ist jemand hier?“, rief er.

Die einzige Antwort war das Echo.


Und plötzlich eine Stimme aus dem Schatten. „Ich dachte immer, du würdest langsam sterben, Captain.“

Elias drehte den Kopf. Corbin. Hales rechte Hand. Ein Mann, mit dem er einst gekämpft hatte, als Gesetz und Gesetzlosigkeit dasselbe waren.

„Also hat Hale dich geschickt.“

Corbin grinste böse. „Er hat mir aufgetragen, dich an deinen Platz zu erinnern. Misch dich nicht in seine Angelegenheiten.“

Elias legte die Hand auf den Holster. „Ich mische mich nicht in seine Angelegenheiten. Ich räume sie auf.“

Corbins Grinsen verschwand. Die Welt hielt den Atem an. Elias sagte leise: „Du kannst immer noch gehen, Junge.“

Und dann ertönte das Geräusch, das keine Worte brauchte. Zwei Pistolen zuckten aus den Holstern. Ein Schuss zerriss die Stille. Staub flog auf. Elias taumelte zurück. Die Kugel hatte seine Schulter gestreift.

Corbin sank auf die Knie. Blut verdunkelte den Staub. Er versuchte etwas zu sagen, aber der Wind trug seine Worte fort.


Elias stand da, schwer atmend. Rauch stieg aus dem Lauf. Neben der Hand des Toten blitzte etwas auf. Ein Feuerzeug aus Messing. Er hob es auf. An der Seite waren Kratzer: Pixie. Tom. Clara.

Der Wind drehte sich, brachte den Geruch von Regen und Schießpulver. Elias ballte die Faust, seine Augen brannten. Er sah nach Westen, wo sich dunkle Wolken sammelten.

„Nun, Brüderchen?“, flüsterte er. „Wenn es so ist, dann komm und hol mich.“

Donner rollte über die Ebene. Die ersten Regentropfen fielen wie Blut in den Staub. Und irgendwo jenseits des Sturms ritt Tom Callahan bereits nach Hause.

Der Regen setzte plötzlich ein, kalt und stark. Staub und Blut vom Boden wischend, ritt Elias durch das Gewitter, eine Hand auf die verwundete Schulter gepresst, die andere die Zügel umklammernd. Blitze zerrissen den Himmel und beleuchteten den Weg nach Hause. Er betete nicht, flüsterte nur den Namen seines Bruders.


Als die Ranch in der Ferne auftauchte, tobte der Sturm bereits über dem Tal. Die Scheunentür schlug im Wind. Clara stand mit einer Laterne auf der Veranda. Hinter ihr schrie Eliza im Haus.

Elias sprang vom Pferd und stürmte hinein. Tom war da. Nass, wütend, zerrissen von einer Mischung aus Zorn und Reue. Die Pistole in seinen Händen, aber seine Augen waren noch furchteinflößender. Voller Scham.

„Warum, Tom?“, Elias’ Stimme war müde, nicht zornig. „Du hättest ehrlich leben können, besser sein können.“

„Ich habe es versucht“, flüsterte Tom. „Aber Hale besitzt alles. Das Gesetz, die Leute, mich.“

„Du hast deine Wahl getroffen“, sagte Elias sanft. „Aber du kannst noch einmal wählen.“

Toms Hand zitterte. Ein Schuss ertönte. Ein einziger.

Als der Rauch sich verzog, lag Tom auf dem Boden. Blut sickerte in die alten Dielen, dieselben, auf denen sie einst laufen gelernt hatten. Toms Augen suchten das Gesicht seines Bruders.


„Gut zu sein rettet niemanden.“

Elias schüttelte den Kopf. Tränen mischten sich mit dem Regen. „Es rettet dich. Jetzt.“

Toms Brust hob sich einmal und blieb stehen. Der Wind legte sich. Der Donner zog in die Berge.

Elias trat in den Regen. Clara stand neben ihm und umarmte Eliza. Worte waren überflüssig. Er nickte kurz, aber bedeutungsvoll.

Bei Sonnenaufgang war der Sturm vorüber. Elias sattelte zwei Pferde und reichte Clara ein altes Buch: Große Erwartungen. Die Seiten waren abgenutzt, der Buchrücken gebrochen.

„Das ist alles, was von deinem früheren Leben übrig ist“, sagte er. „Nimm es. Lerne wieder. Gib ihm einen Sinn.“

Sie lächelte schwach. „Und du? Du kommst doch mit uns?“

Elias blickte auf die Nordhügel, wo das Morgenlicht das nasse Gras berührte. „Ich reite ein Stück mit. Es gibt Dinge, die ich beenden muss.“

Als sie sich trennten, brach die Sonne durch die Wolken. Und zum ersten Mal seit vielen Jahren wirkte die Erde rein. Manchmal verändert Güte nicht die Welt, aber sie verändert jene Herzen, die noch zuhören können. Und vielleicht ist das genug.

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