Wie Hans Frank im Gerichtssaal sein eigenes Todesurteil hörte | WW2 Biografie

Am 16. Oktober 1946 saß Hans Frank in seiner Zelle in Nürnberg und schrieb die letzten Zeilen seines Tagebuchs. 43 Bände hatte er über die Jahre gefüllt, mehr als 11000 Seiten persönlicher Aufzeichnungen über seine Zeit als Generalgouverneur des besetzten Polen. Er hatte jeden Befehl, jede Anordnung, jeden Gedanken minutiös dokumentiert.
Jetzt wenige Stunden vor seiner Hinrichtung wurde ihm klar, er hatte die Beweise für seine eigenen Verbrechen selbst geliefert. Die Tagebücher, die er einst als Zeugnis seiner Macht betrachtete, waren zu seinem Todesurteil geworden. Hans Frank wurde am 23. Mai 1900 in Karlsruhe geboren als Sohn eines Anwalts.


Die Familie lebte in bürgerlichen Verhältnissen, geprägt von Disziplin und dem Glauben an Recht und Ordnung. Der junge Hans wuchsß in einer Zeit auf, die von nationalistischen Strömungen durchzogen war. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, meldete sich der gerade 17-Jährige freiwillig zur Armee. Die Niederlage Deutschlands und die Demütigungen des Versaill Vertrags prägten seine politische Weltanschauung für immer.
Er fühlte sich betrogen, gedemütigt und suchte nach Schuldigen für das Unglück seiner Nation. Nach dem Krieg studierte Frank Rechtswissenschaften in Kiel, München und Wien. Er war ein brillanter Student, intellektuell überlegen, mit einem scharfen Verstand für juristische Argumentation. 1926 promovierte er zum Doktor der Rechte, doch das akademische Leben reichte ihm nicht.
Er sehnte sich nach politischer Macht, nach der Möglichkeit, Geschichte zu gestalten. Er trat 1923 der NSDAP bei, noch vor dem Hitlerputsch. Die Partei war damals noch eine Randerscheinung, doch Frank erkannte ihr Potenzial. Er wurde Anwalt der Bewegung, verteidigte Hitler persönlich in mehreren Prozessen und baute sich einen Ruf als juristischer Verteidiger der nationalsozialistischen Ideologie auf.
Frank war nicht einfach ein Opportunist. Er glaubte an die Ideen des Nationalsozialismus, an die Überlegenheit der deutschen Rasse, an die Notwendigkeit eines starken Führers. Er sah sich selbst als Kämpfer für eine neue Ordnung, in der das Recht nicht mehr von universellen Prinzipien, sondern vom Willen des Volkes und seines Führers bestimmt wurde.
Er entwickelte eine Rechtsphilosophie, die er später selbst als völkisches Recht bezeichnete. Das Recht sei nicht absolut, sondern müsse dem Wohl der deutschen Nation dienen. Alles, was diesem Ziel entgegenstand, war zu beseitigen. Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, begann Franks kometenhafter Aufstieg.
Er wurde bayerischer Justizminister, Reichsminister ohne Geschäftsbereich und Präsident der Akademie für deutsches Recht. Er formte das deutsche Rechtssystem nach nationalsozialistischen Prinzipien um, eliminierte die Unabhängigkeit der Justiz und machte das Gesetz zu einem Instrument der Unterdrückung. Für Frank war dies kein Verrat an seinen juristischen Idealen, sondern deren Erfüllung.
Er glaubte, dass das Recht Volk dienen müsse. Nicht abstrakten Prinzipien. Dass dieses Volk in seiner Definition nur Aria einschloss und alle anderen zu Feinden erklärte, störte ihn nicht. Der entscheidende Wendepunkt in Franks Leben kam. Oktober 1939. Hitler ernannte ihn zum Generalguverneur des besetzten Polen. Das Generalguvernement umfasßte jene Teile Polens, die nicht direkt dem Deutschen Reich einverleibt wurden, ein Gebiet mit etwa 12 Millionen Menschen.
Frank bezog seinen Sitz auf dem Wavelschloss in Krakau, der historischen Residenz der polnischen Könige. Er führte sich auf wie ein mittelalterlicher Fürst, umgeben von Luxusk, Kunst und einer Entourage von Lakaien. Er nannte sich selbst den König von Polen und genoss die absolute Macht über Leben und Tod von Millionen Menschen.
Von Beginn an war Franks Herrschaft von brutaler Unterdrückung geprägt. Seine Aufgabe war klar, Polen sollte ausgebeutet, seine Elite vernichtet, seine Kultur ausgelöscht werden. Bei einer Besprechung mit seinen Abteilungsleitern im Dezember 1939 erklärte Frank offen: “Die Polen sollen die Sklaven des großdeutschen Weltreiches sein.
” Er ordnete die systematische Ermordung der polnischen Intelligenz an, die Schließung von Universitäten, die Verbrennung von Büchern. Zhntausende Lehrer, Priester, Ärzte und Künstler wurden in den ersten Monaten seiner Herrschaft ermordet. Frank dokumentierte diese Politik akribisch in seinen Tagebüchern, als wäre es eine Verwaltungsaufgabe wie jede andere. Doch das war erst der Anfang.
Das Generalgouvernement wurde zu einem Zentrum des Holocaust. Mehr als 2 Millionen polnische Juden lebten in Franks Herrschaftsbereich. Er ordnete ihre Gettoisierung an, die Einrichtung von Zwangsarbeitslagern, die Deportation in Vernichtungslager. Im Dezember 1941 bei einer Sitzung in Krakau erklärte Frank vor seinen Beamten: “Wir müssen die Juden vernichten, wo immer wir sie antreffen und wo immer es möglich ist.
” Er wußte genau, was in Auschwitz, Belzek, Sobibor und Treblinkaer geschah. Die Lager lagen in seinem Machtbereich und er trug die Verantwortung für ihre Existenz. Frank war kein distanzierter Bürokrat, der nur Befehle weiterleitete. Er besuchte persönlich Ghettos inspizierte Arbeitslager, hielt reden vor SS-Einheiten.
Er sah das Elend, das Sterben, die Verzweiflung und es berührte ihn nicht. In seinen Tagebüchern notierte er kühl die Zahlen der Deportierten, die Menge des beschlagnahmten Eigentums, die Effizienz der Vernichtungsmaschinerie. Für ihn war dies ein administrativer Akt, eine notwendige Maßnahme zur Sicherung der deutschen Herrschaft.
Die Opfer waren in seinen Augen keine Menschen, sondern Hindernisse auf dem Weg zum Endsieg. Gleichzeitig lebte Frank in unvorstellbarem Luxus. Auf dem Wavelschloss sammelte er geraubte Kunstwerke, veranstaltete opulente Empfänge, hörte Klavierkonzerte von Schupperin. Er betrachtete sich als Kulturmensch, als Liebhaber der schönen Künste.


Die Tatsache, dass seine Kunstsammlung aus dem Raub jüdischer und polnischer Familien stammte, dass die Menschen, deren Kultur er bewunderte, von ihm systematisch vernichtet wurden, schien ihm nicht zu widersprechen. Er lebte in einer moralischen Blase, in der seine Handlungen keine Konsequenzen hatten, in der er gleichzeitig Henker und Kulturförderer sein konnte.
Doch selbst innerhalb des NS-Rimes war Frank umstritten. Himmler und die SS betrachteten ihn als zu eigenmächtig, zu sehr auf seine persönliche Macht bedacht. Es gab Machtkämpfe, Intrigen, Versuche ihn zu enten. Frank versuchte mehrfach sein Amt niederzulegen, doch Hitler hielt ihn fest. Der Führer wußte, daß Frank seinen Platz kannte, daß er loyal war, daß er die schmutzige Arbeit erledigte, ohne Fragen zu stellen, und Frank tat es Jahr für Jahr bis zum bitteren Ende.
Als die Sowjetunion im Januar 1945 in Polen einmarschierte, floh Frank wie ein Feigling. Er verließ das Wavelschloss mit gestohlenen Kunstwerken, Tagebüchern und einer Entourage von Untergebenen. Die Menschen, über die er jahrelang geherrscht hatte, ließ er ihrem Schicksal überlassen. Er zog sich nach Bayern zurück in die Nähe von Berches Garden und wartete auf das Ende.
Als amerikanische Truppen ihn am 4. Mai 1945 verhafteten, versuchte er sich die Kehle durchzuschneiden. Er überlebte nur, um sich seinen Prozess zu stellen. Vor dem internationalen Militärtribunal in Nürnberg wurde Frank zu einem der prominentesten Angeklagten. Die Anklage stützte sich maßgeblich auf seine eigenen Tagebücher, die bei seiner Verhaftung beschlagnahmt worden waren.
44 Bände, mehr als 11000 Seiten, eine detaillierte Chronik seiner Verbrechen. Die Ankläger mussten kaum eigene Beweise sammeln. Frank hatte alles selbst dokumentiert. Er hatte seine Anordnungen zur Vernichtung der polnischen Intelligenz aufgeschrieben, seine Befehle zur Ghettoisierung der Juden, seine Reden über die Notwendigkeit ihrer Vernichtung.
Es war, als hätte er sein eigenes Todesurteil verfasst. Während des Prozesses durchlief Frank eine seltsame Wandlung. Er bekannte sich schuldig, nicht im juristischen Sinne, aber moralisch. Er sprach von Reue, von Schuld, von seiner Rückkehr zum katholischen Glauben. Er behauptete, er habe die Verbrechen bereut, er habe versucht, sie zu verhindern.
Doch die Tagebücher erzählten eine andere Geschichte. Sie zeigten einen Mann, der bis zum Ende loyal war, der die Politik der Vernichtung nicht nur umsetzte, sondern vertrat. Seine angebliche Reue wirkte theatralisch wie ein letzter Versuch, sein Bild vor der Geschichte zu retten. Am 1. Oktober 1946 verlas das Tribunal das Urteil.
Hans-frank wurde des Verbrechens gegen die Menschlichkeit und des Kriegsverbrechens für schuldig befunden. Das Gericht stellte fest, dass unter seiner Herrschaft mehrere Millionen Menschen ermordet wurden, darunter die überwiegende Mehrheit der polnischen Juden. Die Richter erklärten, dass Frank persönlich für diese Verbrechen verantwortlich sei, daß er sie nicht nur genehmigt, sondern aktiv vorangetrieben habe.
Das Urteil lautete: Tot durch den Strang. In der Nacht vom auf den 16. Oktober 1946 wurde Hans Frank im Gefängnis von Nürnberg gehängt. Er starb mit 46 Jahren nach einem Leben, das in beispielloser Weise Bildung und Barberei verband. Er war ein Mann, der das Recht studiert hatte, um es zu zerstören, der sich als Kulturmensche sah, während er die Vernichtung von Millionen organisierte.
Seine letzten Worte waren eine Bitte um Vergebung, doch die Toten konnten ihm nicht vergeben. Die Geschichte kann es nicht. Sein Name bleibt für immer verbunden mit den dunkelsten Kapiteln des 20. Jahrhunderts. Hans Frank steht als Beispiel dafür, wie Intellekt ohne Moral, wie Bildung Menschlichkeit zum Instrument des Bösen werden kann.
Er war kein Monster aus einer fernen Welt, sondern ein gebildeter Mann, ein Jurist, ein Familienvater. Und genau darin liegt die erschreckende Lehre seiner Geschichte. Das Grauen entsteht nicht durch Unmenschen, sondern durch Menschen, die ihre Menschlichkeit aufgeben. Wenn dir diese Geschichte gefallen hat, unterstütze den Kanal mit einem Like, abonniere für weitere Biografien aus dem Zweiten Weltkrieg und schreib in die Kommentare, wessen Geschichte als nächstes erzählt werden soll. M.

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