Ein Irrtum am Gate 47. Johanna Ried presste ihre Finger gegen die müden Augen, während sie nahezu durch den Frankfurter Flughafen rannte. Ihre abgetragenen Turnschuhe quietschten auf dem glänzenden Boden und jeder Muskel ihres Körpers brannte nach der Doppelschicht, die sie gerade im St. Marienkrankenhaus beendet hatte.
Stunden lang hatte sie Patienten auf der Intensivstation überwacht, Vitalwerte geprüft, Medikamente verabreicht und der zitternden Hand einer alten Frau Halt gegeben, die die Nacht wieder alle Prognosen überlebt hatte. Ein Blick auf ihr Handy. 5:15 Uhr. Ihr Flug nach Barcelona sollte in wenigen Minuten an Garte 42 Boording, sie befand sich an GTE 18.

Nach zwei Jahren ohne Pause, nach endlosen Nachtdiensten und Wochenenden, an denen sie ihren kleinen Bruder Timo versorgt hatte, seit die Eltern bei einem Autounfall gestorben waren, brauchte sie diesen Kurzurlaub dringender als Luft. Drei Tage Sonne, Strand, lachen mit ihrer Studienfreundin Rabea, weg von Herzmonitoren, Medikamentenlisten und der ständigen Verantwortung.
Mit hängendem Rucksack bog sie um die Ecke. Schilder verschwammen vor ihren müden Augen. Gate 41 dann 47 Sie blinzelte irritiert. Das stimmte doch nicht, oder? Sie zog ihr Handy hervor, versuchte durch den Nebel der Erschöpfung die Bordkarte zu fokussieren. Eine Frau in dunkelblauer Uniform lächelte sie an. Fräulein Petersen, wir haben schon auf Sie gewartet.
Ich bin nicht”, setzte Johanna an, doch ein Mitarbeiter legte ihr sanft eine Hand an den Ellbogen. Herr Montclaire war schon besorgt. Sie könnten den Flug verpassen. “Kommen Sie, wir bringen Sie schnell an Bord.” Bevor Johanna etwas erwidern konnte, fand sie sich auf der Fluggastbrücke wieder. “Das ist falsch, das weiß ich”, dachte sie. “Aber ihr Gehirn fühlte sich an, als läge es in Watte.
Vielleicht hatte Rabea ein Upgrade gebucht.” Doch als sie das Flugzeug betrat, stockte ihr der Atem. Das hier war kein Linienflug. cremefarbene Ledersessel, breiter als ihr Wohnzimmersofa, poliertes Holz, gedämpftes Licht, eine Bar mit Flaschen, die mehr wert waren als ihre Monatsmiete. Und am Fenster saß ein Mann in einem maßgeschneiderten Anzug, der wirkte, als wäre er auf seinen Körper genäht.
Die Tür hinter ihr fiel mit dumpfem Klang ins Schloss und Johanna war schlagartig hellwach. Eiswasser aus Realität über Gossi. Der Mann drehte sich um, Anfang drei trainiert, dunkles Haar, leicht verstrubbelt auf diese beabsichtigte Artikel. Seine Augen waren stahlblaugrau und als sie sie trafen, weiteten sie sich. “Sie sind nicht Vanessa”, stellte er fest.
“Definitiv nicht”, sagte Johanna, das Handy fest umklammert. “Ich bin Johanna Ried und ich glaube, ich bin im falschen Flugzeug.” Ein Zucken um seinen Mundwinkel. Das scheint so. Schon brummten die Triebwerke und Panik stieg in ihr. Ich muss raus. Mein Flug nach Barcelona. Meine Freundin wartet. Wir haben bereits Startfreigabe, entgegnete der Mann mit einem leisen Anflug von Belustigung.
Mein Team hielt sie wohl für meine Begleitung. Und wo geht dieser Flug hin? Nach Paris. Paris, Frankreich? Er nickte. Das kann nicht wahr sein. Ich habe nicht mal meinen Reisepass. Moment. Doch, der ist im Rucksack. Aber das ändert nichts. Ich muss Montag wieder arbeiten. Mein Bruder Bleg Montclaire stellte er sich vor und reichte ihr die Hand. Automatisch schüttelte sie.
Ihre Pflichtfreundlichkeit als Krankenschwester ließ sie selbst in Krisen höflich bleiben. “Das ist verrückt”, murmelte sie. Völlig stimmte Blake zu, lehnte sich zurück, während das Flugzeug rollte. “Meine Assistentin hat die Reise mit einem Model namens Vanessa Petersen gebucht. Sie hat kurzfristig abgesagt und meine Leute haben sie wohl verwechselt.
” Johanna blickte an sich hinunter. Ausgewaschene Jeans. Ein einfacher Pulli. Sehe ich aus wie ein Model. Sie sehen aus, als bräuchten sie Schlaf, sagte er ruhig. Wann haben Sie zuletzt geschlafen? Vor etwa 30 Stunden. Ich arbeite in der Intensivpflege. Von der Schicht direkt zum Flughafen. Beeindruckend. Eigentlich wollten sie Urlaub.
Mein erster seit zwei Jahren gab sie leise zu. Und stattdessen werde ich nach Frankreich entführt. Technischnisch gesehen nicht. Sie sind freiwillig eingestiegen”, sagte er mit einem sanften Lächeln. “Aber ich verstehe den Schreck.” Das Flugzeug hob sanft ab. Tränen brannten in ihren Augen. So etwas passierte nicht im echten Leben. “Nicht Menschen wie ihr.
” “Hey”, sagte Blake leise. “Sobbald wir landen, bringe ich Sie zurück. Erste Klasse, welche Ehrlein Sie wollen. Das war nicht ihre Schuld. Doch, irgendwie schon. Ich war so müde. Ich habe nicht mal aufs Gate geachtet. Übermüdung ist kein Spaß”, meinte er mit ernsthaftem Ton. “Ich kenne, dass zu viele Nächte durchgearbeitet.
Ich baue Software Sicherheitslösungen.” Johanna nickte, zu erschöpft, um nachzufragen. Eines Judes brachte Essen. Es roch himmlisch. Erster merkte Johanna, wie hungrig sie war. “Bitte essen Sie”, sagte Blake. “Wir haben sieben Stunden vor uns. Ruhen Sie sich aus.” “Warum sind Sie so nett?”, fragte sie skeptisch und brach ein Croissant.
Vielleicht, weil sie mich vor einer unangenehmen Reise bewahrt haben. Sein Lächeln war ehrlich und zum ersten Mal an diesem Tag musste Johanna lächeln. Der Duft von frischem Kaffee weckte Johanna. Für einen Moment wusste sie nicht, wo sie war. Dann sah sie das weiche Leder, das warme Licht und den Mann mit dem Tablet gegenüber.
BG lächelte, als sie sich aufrichtete. Guten Morgen, wir landen in einer halben Stunde. Johanna richtete sich erschrocken auf, wischte unauffällig den Sabberfleck vom Sitz. Ich habe tatsächlich geschlafen. Das war nötig, meinte Blake und reichte ihr eine Tasse Kaffee. Sie sahen aus, als hätten sie seit Tagen kein Auge zugemacht.
Draußen breitete sich Paris aus glitzernd im Morgenlicht, der Eifelturm am Horizont. Trotz allem stockte ihr der Atem. “Es ist wunderschön.” “Das finde ich auch”, sagte er ruhig. “Und ich weiß,” ich versprach sie sofort zurückzuschicken, aber ihre Schicht beginnt Montagabend. “Richtig?” Sie nickte vorsichtig. Was wäre, wenn Sie einfach heute bleiben? Nur für einen Tag.
Als Entschuldigung für das Chaos. Morgen bringe ich Sie sicher heim. Jeder vernünftige Gedanke in Johannas Kopf rief: “Nein, doch eine leise, vergessene Stimme flüsterte: “Ja, vielleicht war es Müdigkeit, vielleicht Sehnsucht nach etwas, das nicht nach Pflicht roch.” “Ich muss meinen Bruder anrufen”, sagte sie schließlich.
Timo nahm sofort ab. “Jo, Rabea hat halb Deutschland verrückt gemacht. Wo bist du?” Johanna atmete tief durch. Das wird jetzt komisch klingen. Ich bin in Paris. Pause. Dann in Paris. Mit wem? Mit einem Mann. Es war ein Versehen. Langeschichte. Wie heißt er? Blake Montclaire. Stille. Dann hörte sie hektisches Tippen.
E Johanna, der Typ ist Milliardär. Montclare Systems, die machen Cybersicherheitssoftware. Er steht auf der Forbsliste. Ihr Herz rutschte in den Magen. Sie sah hinüber zu Bleg, der so tat, als höre er nichts. Ich rufe später an. Okay, alles gut bei dir? Ich bin 19, nicht 9, grinste Timo. Bleib. Genieß das, schick Fotos. Nach dem Gespräch legte Johanna das Handy weg.
Mein Bruder meint, sie seien Milliarden Euro wert. Mein Unternehmen vielleicht, korrigierte Blake ruhig. Ich nicht. Sie hätten ruhig erwähnen können, dass Sie kein normaler Geschäftsmann sind. Hätten Sie sich dann so offen mit mir unterhalten? Fragte er. Sie überlegte. Vermutlich nicht. Dann bin ich froh, dass ich geschwiegen habe. Eine Stunde später stand Johanna im Hotel Le Signe Blond.
Natürlich war es kein Hotel. Es war ein Palast aus Glas, Marmor und duftenden Orchideen. Blake hatte ihr eine Sete reserviert, so elegant, dass sie sich wie eine Schauspielerin fühlte. Nach einer heißen Dusche und frischen Kleidern, perfekt passend, obwohl sie niemals genommen hatte, fühlte sie sich fast wie jemand anderes.
Blake wartete unten in Jeans und Hemd. “Perfekt”, sagte er schlicht. Etwas in seinem Blick ließ ihr Herz stolpern. Sie erwartete den Eiifelturm, den Luvre, doch Bleg fuhr sie in ein kleines Kaffee im Mareel. Alte Becksteinmauern, winzige Tische, Duft nach Butter und Kaffee. Der Besitzer umarmte ihn, küsste beide Wangen, sprach so schnell Französisch, dass Johanna nur lachen konnte.
“Sie sind Stammgast?”, fragte sie. “Ich habe hier zwei Jahre nach dem Studium gelebt”, erklärte Blake, bevor die Firma groß wurde. “Mein bester Freund David und ich, wir haben hier geträumt, gestritten, gelacht. Paris war unser Anfang.” David, das ist der Freund, der Er nickte. Kletterunfall in den Alpen.
Ich sollte mitkommen, habe aber ein Investorenmeeting nicht abgesagt. Er ging allein, seine Stimme zitterte. Sie haben ihn erst Tage später gefunden. Johanna legte ihre Hand auf seine. Das war nicht ihre Schuld. Das sagen alle. Ja, weil es stimmt. Schuld fühlt sich echt an, auch wenn sie es nicht ist. Er sah sie lange an. In diesem Blick lag erkennen. Verstehen.
Als meine Eltern starben, wollte ich eigentlich zu ihnen nach Hause fahren, flüsterte Johanna. Aber ich blieb im Dienst wegen Überstunden. Wenn ich gefahren wäre, vielleicht wären sie heute noch da oder sie wären es nicht, sagte Blake leise. Genau das sagt meine Therapeutin. Sie lächelten traurig. Zwei Menschen, die wussten, wie Verlust schmeckt.
Am Nachmittag führte Blake sie durch das andere Paris. Kein Glanz, keine Selfie Sticks, sondern Kopfsteinpflastergassen, versteckte Buchläden, kleine Parks voller Kinder und Tauben. Sie beobachteten einen alten Mann, der Brotkromen an Tauben verteilte, während ein Geiger spielte. Johanna atmete tief zum ersten Mal seit Jahren ohne Druck auf der Brust.
“Danke”, sagte sie. “Danke, dass Sie hier sind”, erwiderte er. “Ich hatte vergessen, dass diese Stadt auch leise Seiten hat. Sie kauften Brot und Käse, machten Picknick am Ufer der Seine. Die Sonne wurde golden. David hielt mich immer auf dem Boden sagte Blake. Nach seinem Tod habe ich mich in Arbeit vergraben. Alles war nur noch Lärm.
Termine, oberflächliche Dats. Wie mit dieser Vanessa? Fragte Johanna. Er verzog verlegen den Mund. Ja, wir wussten beide, dass es nichts echtes war. Klingt einsam. War es auch. Als die Sonne versank, führte er sie nach Montmre in ein winziges Restaurant ohne Karte. Eine alte Dame namens Kami brachte Teller, Wein, Geschichten.
Johanna lachte, bis ihr die Tränen kamen. “Was hätten Sie gemacht, wenn alles anders gelaufen wäre?”, fragte Blake irgendwann. “Ich wollte nach Hamburg ans Uniklinikum. Forschung, bessere Bezahlung, aber Timo brauchte Stabilität. Sind Sie wütend auf ihn?” “Nicht auf ihn, nur auf das Leben vielleicht.
Ich bin 27 und fühle mich wie vizig. Bake lächelte. Bis heute. Sie hob den Blick. Bis heute wiederholte sie. Draußen in den gepflasterten Straßen spielte ein Saxophon. Blick blieb stehen. Ich will nicht, dass Sie morgen abreisen. Ihr Herz machte einen Sprung. Bleiben Sie zwei Tage. Sehen wir, ob das hier echt ist. Wir leben in verschiedenen Welten. Und er trat näher.
Vielleicht ist es trotzdem möglich. Seine Hände berührten ihr Gesicht und als er sie küsste, glühte Paris um sie herum. Johanna wachte auf, als Sonnenlicht durch die hohen Fenster fiel. Einen Moment lang glaubte sie zu träumen. Dann sah sie den Blick über die französische Landschaft. Grüne Hügel, Weinreben, leichter Nebel.
Kein Hotelzimmer. Blakes Landhaus, eine Stunde außerhalb von Paris, groß, aber erstaunlich warm. Sie zog den Bademantel enger und folgte dem Duft von Kaffee. In der Küche stand Blake barfuß, redete auf Französisch mit einer älteren Frau, die Teig knetete. “Ah, das ist Johanna!”, rief die Frau freundlich, wechselte in akzentfreies Deutsch.
“Monsieur Blake sagt, sie bleiben sehr gut. Er braucht echte Menschen um sich, nicht diese Modells mit Lippen wie Enten.” Blake lachte. Kamie hat keine Hemmungen. “Warum sollte ich?”, erwiderte die Frau. Ich erinnere mich an dich, als du noch auf einer kaputten Couch geschlafen hast mit David und Baguette als Abendessen. Johanna lächelte.
Diese Atmosphäre war anders als alles, was sie in Blakeswelt erwartet hätte. kein Luxus, der protzte, sondern Wärme. Nach dem Frühstück führte er sie durch das Anwesen, einen kleinen Weinberg, einen Garten voller Lavende, eine Bibliothek mit bodentiefen Regalen. “David und ich haben dieses Haus gekauft, als wir jung waren,” erzählte Blake leise.
“Wir wollten hier alt werden, uns über Wein streiten und schlechte Gedichte schreiben. Es klingt perfekt. Er hat nie gesehen, wie es fertig wurde. Ich habe die Renovierung allein beendet, in der Hoffnung, dass es sich anfühlt, als wäre er noch da. Aber es blieb leer. Sein Blick suchte ihren. Jetzt fühlte es sich weniger leer an.
Am Nachmittag nahm er einen geschäftlichen Anruf. Johanna nutzte die Gelegenheit, um Timo zu schreiben. Dann klickte sie neugierig auf die Links, die er geschickt hatte. Artikel über Blake Montcllair, Deutschlands jüngsten Techmiilliardär, über Konferenzen, Charitti Belle, Interviews, Fotos von ihm in Smoking mit berühmten Persönlichkeiten, mit Frauen, die aussahen wie aus Magazinen geschnitten.
Das war keine einfache Bekanntschaft, das war ein Mann aus einer anderen Welt. Als Bleg zurückkam, saß sie im Salon, der Laptop geöffnet. Also sagte sie ruhig, jetzt weiß ich, wer Sie wirklich sind. Er blieb stehen. Sie haben gegoogelt. Sie hätten es mir selbst sagen können. Ich habe nichts verschwiegen.
Ich habe nur nichts erklärt. Das ist dasselbe, erwiderte sie, ihre Arme verschränkt. Ich habe Ihnen von meinen Schulden, von Doppelschichten, von Krankenkassen erzählt, während sie Menschen wie mich mit einer Spende retten könnten, ohne es zu merken. Blick trat näher, vorsichtig. Genau deswegen habe ich es nicht gesagt. Sobald jemand mein Konto sieht, verändert sich alles.
Die Leute werden höflich, berechnend oder sie erwarten etwas. Bei ihnen war das anders. Sie sahen mich einfach nur als in mich. Vielleicht hätte ich trotzdem das Recht gehabt, es zu wissen, flüsterte sie. Ja, sagte er ehrlich. Das war mein Fehler. Aber Johanna, diese letzten Tage, sie waren das echteste, was ich seit Jahren erlebt habe.
Sie haben mir widersprochen, mich ausgelacht, mich gesehen, nicht als Schlagzeile. Sie schüttelte den Kopf. Ich weiß nicht, ob ich das kann. Sehen Sie sich an, dieses Haus, ihr Leben. Ich bin eine Krankenschwester aus Mainz, die sich über die Miete sorgt. Wir passen nicht zusammen, weil ich Geld habe, weil ich realistisch bin.
Er trat noch näher, seine Stimme leise, aber fest. Geben Sie mir einen Grund, warum wir es nicht wenigstens versuchen sollten. Weil es weh tun wird, wenn es vorbei ist, flüsterte sie. Sie kehren zurück zu Galas und Verträgen und ich zu Schichtplänen und Krankenhaus. und dann werde ich wissen, was mir fehlt. Das wird schlimmer sein als gar nichts.
Blick zog sie an sich, hielt sie fest. Und wenn es nicht endet, Tränen liefen über ihr Gesicht. Dann wäre es zu schön, um wahr zu sein. Dann versuchen wir es wahr zu machen, sagte er und küsste sie in die Haare. Später, als sie gemeinsam im Garten saßen, erzählte er von seiner Kindheit: “Ereiche Eltern, Scheidung, Internat.
Ich habe früh gelernt, dass Geld alles kompliziert macht. Freunde wollten Kontakte, Frauen Sicherheit. David war der einzige, der mich kannte, bevor das alles begann. Und jetzt fragte Johanna, jetzt kenne ich wieder jemanden, der mich sieht. Dich sie erzählte von der Verantwortung von Timo, von der ständigen Angst zu versagen. Ich bin immer die Starke.
Ich weiß gar nicht, wie man sich anlehnt. Dann lernen wir das gemeinsam, sagte Blake sanft. Ich will dir nichts abnehmen, nur da sein. Das klingt zu einfach. Vielleicht ist es das. Wir machen es nur kompliziert. Die Sonne ging über den Weinreben unter, tauchte alles in Gold. Johanna spürte, wie ein stilles Jahr in ihr wuchs. Langsam, sagte sie.
Ich kann das nur langsam. So langsam wie du willst, versprach er und küsste ihre Stirn. Der Rückflug nach Deutschland kam schneller, als Johanna erwartet hatte. Blake bestand darauf, sie zu begleiten. Nur um sicherzugehen, dass sie diesmal im richtigen Flugzeug sitzen, hatte er schzhaft gesagt. Doch der Abschied in Paris fühlte sich alles andere als scherzhaft an.
Als sie im Auto vom Frankfurter Flughafen zu ihrer kleinen Wohnung fuhr, kehrte die Realität zurück wie kalter Regen. Die Straßen waren grau, der Putz an den Häusern bröckelte und in der Treppe roch es nach Karry und altem Holz. B sah sich um, als sie vor ihrer Tür standen, nicht abwertend, eher nachdenklich.
Das ist mein Zuhause”, sagte Johanna entschuldigend. “Ich mag es”, erwiderte er. “Es sieht nach Leben aus.” Kaum öffnete sie die Tür, stürzte Timo ihr entgegen. “Du bist lebendig. Ich dachte, du wärst wirklich entführt worden.” “Fast”, lachte sie. Timo, das ist Blake. Blake, mein Bruder. Die beiden gaben sich die Hand. Timo versuchte unauffällig nicht zu starren, aber sein Gesicht verriet alles.
“Ich lasse sie ankommen”, sagte Blake, stand in der Tür. Aber darf ich morgen anrufen? Bitte, antwortete sie leise. Er beugte sich vor, küsste sie sanft, nicht wie ein Abschied, sondern wie ein Versprechen. Das hier ist nicht das Ende, Johanna, nur der Anfang. Als er gegangen war, sah Timo sie mit riesigen Augen an. Das war Blake Montclaire.
Der Blake Montclairire. Ich weiß, sagte Johanna und versuchte zu klingen, als wäre es das normalste Welt. Du hast drei Tage mit einem Milliardär verbracht. Mit einem Mann, korrigierte sie, einem Menschen, den ich mag. Das ist irre. Ein bisschen ja. Später in ihrem Bett starrte Johanna an die Decke. Sie hielt das kleine Medaillon, das Bleg ihr am letzten Abend geschenkt hatte.
Ein winziger Eiffelturm aus Silber. Er ist echt, dachte sie. Und das hier könnte es vielleicht auch sein. Da vibrierte ihr Handy. Eine Nachricht. BL schon am vermissen. Abendessen. Donnerstag. Johanna abgemacht. Sech Monate später St. Mari Krankenhaus Montagmgen. Dieselben Flure, dieselben Pieptöne, derselbe Geruch nach Desinfektionsmittel und doch war alles anders.
Blake hielt sein Versprechen. Jede Woche kam er für ein oder zwei Tage nach Mainz, wohnte in einem kleinen Hotel in der Nähe, begleitete sie abends zum Essen oder brachte ihr einfach Suppe in den Pausenraum. Er hatte ihre Freunde kennengelernt, half Timo bei Bewerbungen, hörte sich ihre Geschichten aus der Station an, ohne je überheblich zu wirken.
Zweimal war Johanna ihn in München besuchen gefahren, wo Montclär Systems seinen Sitz hatte. Eine andere Welt, Glasfassaden, Chauffeure, Menschen in Maßanzügen. Doch Bleg blieb derselbe, aufmerksam, ruhig, humorwoll. Er stellte sie allen als meine Freundin vor mit einem Stolz, der sie erröten ließ. Und Timo.
Eines Tages kam ein Brief, vollstippendium für sein Medizinstudium in Heidelberg, finanziert von einer anonymen Stiftung. “Ich weiß, dass er es war”, sagte Johanna. Blake hatte nur gelächelt. “Manche Dinge muss man nicht beweisen.” An diesem Morgen hetzte eine Kollegin in den Aufenthaltsraum. “Johanna, da ist jemand unten in der Lobby. Du musst sofort kommen.
Ist was passiert?” Ah ja, und es duftet nach Rosen. Johanna lief die Treppe hinunter und blieb wie angewurzelt stehen. Mitten in der Empfangshalle stand Blake, elegant wie immer, in der Hand ein riesiger Strauß roter und weißer Blumen. Um ihn herum Krankenschwestern, Ärzte, Patienten, alle starrten. “Was machst du hier?”, fragte sie lachend.
Ich konnte nicht bis Donnerstag warten”, sagte er schlicht, “undollte das hier richtig machen.” Er trat einen Schritt vor, senkte die Stimme. “Ist es okay, dass ich zu deiner Arbeit gekommen bin?” “Es ist perfekt”, flüsterte sie, nahm die Blumen und küsste ihn mitten im Krankenhaus unter Applaus und kichern. Sie gingen zusammen in die Cafeteria, tranken schlechten Kaffee und lachten.
“Ich habe nachgedacht”, begann Blake. “Gefährlich”, neckte sie. Sehr, ich möchte eine Stiftung gründen für Pflegekräfte, Stipendien, Unterstützung in Krankenhäusern. Ich will sie nach David benennen und ich will, dass du sie leitest. Johanna blinzelte. Ich habe keine Ahnung von Stiftungen, aber du weißt, was Pflegekräfte brauchen.
Du kennst die Realität. Ich kann das Geld geben, aber du gibst dem ganzen Sinn. Er nahm ihre Hand. Ich brauche dich, Johanna. Sie sah ihn an, und alles in ihrinnerte sich an den Tag am Garte, an Müdigkeit, Chaos, Zufall und daran, dass genau dieser Fehler sie hierher geführt hatte. “Bläg”, flüsterte sie.
“Bist du dir sicher, mehr als bei allem in meinem Leben.” Johanna spürte, wie sich ihre Kehle zuschnürte. Um sie herum summte der Lärm des Krankenhauses weiter. Telefone klingelten, Menschen eilten vorbei, aber für sie war plötzlich alles still. Ein Jahr war vergangen, seit Johanna Ried am Gate 47 das falsche Flugzeug bestiegen hatte.
Und jedes Mal, wenn sie daran dachte, konnte sie nur lächeln, denn dieser Fehler hatte ihr Leben auf den Kopf gestellt im besten Sinn. Die David Montclir Stiftung war inzwischen offiziell gegründet. Ihr Sitz, ein schlichtes Gebäude naahhe des St. Marienkrankenhauses mit hellen Räumen, Pflanzen, einem kleinen Garten für das Pflegepersonal.
Johanna leitete das Projekt noch immer Krankenschwester im Herzen, aber nun mit Verantwortung für Förderprogramme, Workshops und Zuschüsse. Blake hielt sein Versprechen, sich nicht einzumischen. Er kam zu Sitzungen, hörte zu, spendete großzügig, aber überließ die Entscheidungen dem Team. Und wenn Johanna abends erschöpft in seinem Arm einschlief, lächelte er leise, weil er wusste, dass sie das Herz der Stiftung war und seines.
Eines Frühlingsmorgens stand sie auf der Terrasse ihres neuen Hauses im Taunus. nicht protzig, sondern schlicht, mit Apfelbäumen und Blick auf die Hügel. In der Ferne hörte man eine Amsel singen. Blick trat hinter sie, legte die Arme um ihre Taille. “Erinnerst du dich an deinen ersten Satz zu mir?”, fragte er. “Ich bin im falschen Flugzeug”, lachte sie. “Warst du nicht?”, sagte er sanft.
“Du warst genau da, wo du sein solltest.” Sie drehte sich zu ihm um. Weißt du, manchmal habe ich Angst, dass das alles zu schnell ging. Zwei Leben, die eigentlich nicht zusammenpassen. Dann sehen wir es als zwei Puzzleteile, die endlich zueinander gefunden haben. An diesem Tag sollten sie eine neue Pflegeakademie eröffnen, finanziert von der Stiftung.
Medien, Fotografen, Politiker, alle wollten den Techmiilliardär und die Krankenschwester sehen, die durch Zufall seine Welt verändert hatte. Johanna zog ein schlichtes weißes Kleid an. Blake reichte ihr die Hand. Bereit. so bereit, wie man für Wunder sein kann. Die Eröffnung war ein Fest. Junge Pflegerinnen, Ärzte, Studierende, alle klatschten, als Johanna auf die Bühne trat. Sie blickte ins Publikum.
Sarabea, ihre Freundin aus Studienzeiten, sah Timo, jetzt im zweiten Semester Medizin und neben ihm Blake, der sie mit diesem Blick ansah, der sie immer ruhig machte. “Ich habe vor einem Jahr geglaubt, dass Verantwortung bedeutet, immer stark zu sein,” begann sie. Ich arbeitete, bis ich umfiel und dachte, das wäre Hingabe.
Aber Stärke heißt manchmal auch, Hilfe anzunehmen oder sich selbst eine Chance zu geben. Sie atmete tief. Diese Stiftung ist nicht aus Perfektion entstanden, sondern aus einem Irrtum, aus Müdigkeit, aus einem Garte, an dem ich das Falsche für das Richtige hielt und genau dadurch das Richtige fand. Applaus brandete auf.
Bleg stand auf, klatschte als erster. Und in diesem Moment wußte Johanna, dass sich ihr Leben nicht verändert hatte. Es war gewachsen, gereift, leiser geworden und echter. Nach der Veranstaltung zogen sie sich auf die Dachterrasse des Gebäudes zurück. Die Sonne ging langsam unter, goldenes Licht auf Glas und Bäumen. “Du hast eine ganze Bewegung gestartet”, sagte Blake.
“Wir haben”, korrigierte sie. Ohne dich hätte ich das nie geschafft. Doch, wieder sprach er leise. Ich habe dich nur im richtigen Moment gefunden. Er griff in die Tasche und holte etwas hervor. Eine kleine schlichte Schachtel. Bake, bevor du fragst. Nein, es ist kein spontaner Anfall von Romantik. Ich habe das hier seit Monaten geplant.
Er öffnete die Schachtel. Ein Ring. Kein riesiger Diamant, sondern ein zarter silberner Kreis mit einer winzigen Gravur. Gate 47. Johanna schluckte. Du bist unmöglich vielleicht, aber ich bin hoffnungslos in die Frau verliebt, die am falschen Garte stand. Tränen liefen über ihre Wangen. Das Leben hat wirklich Humor, manchmal sogar Geschmack.
Er sank auf ein Knie, ohne Pathos, ohne Publikum. Johanna Ried, willst du meine Partnerin werden im Leben, in allem? Sie sah ihn an und plötzlich war da wieder dieser Geruch von Flugzeugkaffee und Müdigkeit, der Klang ihrer eigenen Schritte auf dem Terminalboden, das Gefühl verloren zu sein, bevor alles Sinn bekam. “Ja”, flüsterte sie. “Ja, ich will.
” Er stand auf, zog sie in die Arme und die Stadt unter ihnen verschwamm im goldenen Licht. Unten auf der Straße hubten Autos, jemand lachte, irgendwo fiel ein Becher um, das ganz normale Leben. Und mittarin standen zwei Menschen, die gelernt hatten, dass Zufälle manchmal Schicksal heißen. Später, als die Sterne über Frankfurt aufleuchteten, flüsterte Bleg: “Denkst du, das Universum hatte einen Plan?” Johanna lächelte: “Nein, aber es hat einen ziemlich guten Geschmack.
” Und während sie sich an ihn schmiegte, dachte sie, daß vielleicht die schönsten Geschichten genauso beginnen.