Mala Zimetbaum war die erste Frau, die es wagte, aus dem grausamen Auschwitz zu fliehen. Ihre Flucht brachte ihr jedoch nicht die erhoffte Freiheit…

Es ist der 2. Februar 1943 in Stalingrad in der Sowjetunion. Die sechste deutsche Armee kapituliert als erste von Hitlers Feldarmeen im Zweiten Weltkrieg nach fünf Monaten heftiger Kämpfe und herber Verluste. Alle Vorräte an Munition und Essen sind aufgebraucht. Die Schlacht um die Stadt stellt einen entscheidenden psychologischen Wendepunkt dar, mit dem die Siegerserie der Deutschen im Sommer 1942 endete und der lange Rückzug nach Westen begann. Die Rote Armee bleibt in der Offensive und erreicht am 27. Januar 1945 das größte Vernichtungslager: Auschwitz.

Jüdische Widerständlerin Mala Zimetbaum: Blutige Ohrfeige für den SS-Mann -  DER SPIEGEL

Es wird geschätzt, dass mindestens 1,3 Millionen Menschen zwischen 1940 und 1945 nach Auschwitz deportiert wurden. Mindestens 1,1 Millionen von ihnen wurden ermordet. Offiziell konnten 928 Gefangene während des Bestehens des Lagers aus Auschwitz fliehen, aber viele von ihnen wurden wieder gefangen und beim Fluchtversuch oder kurz darauf ermordet. Eine von ihnen ist Mala Zimetbaum.

Malka Zimetbaum, auch bekannt als Mala Zimetbaum, wurde am 26. Januar 1918 in Brzesko, damals Teil Österreich-Ungarns im heutigen Polen, geboren. Sie war das jüngste der fünf Kinder von Pinkas und Chaya Zimetbaum, die beide jüdisch waren. Malas Familie hatte einige Jahre vor ihrer Geburt in Deutschland gelebt, deshalb wurde in ihrem Elternhaus hauptsächlich Deutsch gesprochen. 1928, als Mala gerade 10 Jahre alt war, zog sie mit ihrer Familie nach Antwerpen in Belgien. Sie bekam sehr gute Noten in der Schule, vor allem in Mathe und Fremdsprachen, und sprach Flämisch, Französisch, Deutsch, Englisch, Jiddisch und Polnisch. Ihr Vater war blind und die Familie hatte finanzielle Schwierigkeiten. Um Geld für die Familie zu verdienen, verließ Mala die Schule und begann als Schneiderin in einem großen Antwerpener Modehaus zu arbeiten. Zu dieser Zeit begann sie sich für Zionismus zu interessieren, einer politischen und nationalistischen Strömung, die sich für einen jüdischen Staat auf dem Gebiet des historischen Israel einsetzte. Sie trat der jüdischen Jugendorganisation Hanoar Hatzioni bei.

Mala Zimetbaum war 15 Jahre alt, als Adolf Hitler am 30. Januar 1933 durch Präsident Paul von Hindenburg zum Kanzler von Deutschland ernannt wurde. 1933 lebten etwa 9,5 Millionen Juden in Europa; das entsprach etwa 1,7 % der gesamten europäischen Bevölkerung. Die jüdische Bevölkerung Belgiens war verhältnismäßig klein. Vor dem Ersten Weltkrieg waren von den 8 Millionen Belgiern etwa 10.000 Juden. In der Zwischenkriegszeit gab es jedoch große jüdische Migrationswellen nach Belgien. Bis 1940 war die Bevölkerung auf schätzungsweise zwischen 70.000 und 75.000 Juden gestiegen. Die meisten dieser neuen jüdischen Einwanderer kamen aus Osteuropa und NS-Deutschland. Sie wollten dem Antisemitismus und der Armut in ihren Heimatländern entkommen. Wenige dieser jüdischen Einwanderer beantragten die belgische Staatsbürgerschaft, und viele von ihnen sprachen weder Französisch noch Flämisch. Es bildeten sich jüdische Gemeinden in Charleroi, Lüttich, Brüssel und vor allem Antwerpen, wo mehr als die Hälfte der jüdischen Belgier lebte.

Der Zweite Weltkrieg begann am 1. September 1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen. Der deutsche Überfall auf Frankreich, die Niederlande, Luxemburg und Belgien begann am 10. Mai 1940, und all diese Länder wurden innerhalb von sechs Wochen erobert. Weniger als drei Wochen nach der deutschen Invasion in Belgien ordnete König Leopold III. die Kapitulation der belgischen Armee an. Die belgische Regierung floh nach Großbritannien und bildete eine Exilregierung in London, während König Leopold III. unter Hausarrest in Belgien blieb. Die Deutschen setzten direkt nach der Besatzung Belgiens antijüdische Gesetze und Verordnungen ein. Sie schränkten die Bürgerrechte von Juden ein, beschlagnahmten ihr Eigentum und ihre Unternehmen, schlossen sie aus bestimmten Berufsgruppen aus, und ab 1942 wurden Juden gezwungen, einen gelben Davidstern zu tragen. Belgische Juden wurden für die Zwangsarbeit zusammengetrieben. Sie mussten hauptsächlich beim Bau von militärischen Verstärkungsanlagen in Nordfrankreich und anderen Bauprojekten, in der Bekleidungs- und Rüstungsindustrie oder in belgischen Steinbrüchen arbeiten.

Während der deutschen Besatzung gab es eine deutsche Militärverwaltung, die an der Seite der belgischen Behörden existierte. Deutsche Behörden deportierten zwischen 1942 und 1944 fast 25.000 Juden aus Belgien nach Auschwitz. Die meisten von ihnen wurden dort ermordet. Die Lager Breendonk und Mechelen dienten als Sammellager für die Deportationen. Weniger als 2.000 der Deportierten überlebten den Holocaust.

Mala Zimetbaums Fremdsprachenkenntnisse verschafften ihr eine Anstellung als Sprachassistentin in der Verwaltung einer amerikanischen Firma. Als die Firma auf Druck der Nazis schließen musste, wurde ihr angeboten, in die USA zu emigrieren. Sie lehnte jedoch wegen ihrer Eltern ab. Im Oktober 1940 setzte die deutsche Besatzungsmacht in Belgien einen Erlass durch, der besagte, dass sich alle Juden, die in Belgien lebten, registrieren sollten. Jüdinnen und Juden wurden aufgefordert, sich einzutragen und den Behörden weitreichende persönliche Informationen bereitzustellen, darunter ihre Namen, Adressen, Verwandte und andere Identifikationsmerkmale. Die so gesammelten Informationen wurden später für die Deportation und Vernichtung der Juden im Holocaust verwendet.

Am 14. April 1941 fand ein Pogrom in Antwerpen statt. 200 Anhänger des Flämischen Nationalverbands, einer Bewegung von Nazi-Kollaborateuren, steckten zwei Synagogen in Brand, zerschlugen die Fenster von jüdischen Geschäften, zerstörten religiöse Symbole und griffen die jüdische Bevölkerung an. Anfang 1942 wurde Malas Bruder zur Zwangsarbeit verpflichtet, aber da er den offiziellen Aufrufen misstraute, floh er und versteckte sich mit einer der Schwestern. Da Antwerpen kein sicherer Ort mehr war, überzeugte Mala ihre Eltern, dass sie ein Versteck in Brüssel finden würde, wo sie den Krieg ausharren könnten. Sie wurde allerdings am 22. Juli 1942 während einer Razzia am Antwerpener Hauptbahnhof verhaftet, als sie auf dem Rückweg aus Brüssel war, wo sie ein Versteck für die Familie gesucht hatte. Zunächst wurde sie nach Fort Breendonk gebracht, einem Internierungs- und Transitlager der Nazis. Fünf Tage später kam sie in das SS-Sammellager Mechelen. Dort wurde ihr die Aufgabe zugeteilt, die ankommenden Juden anzumelden. Das nutzte sie für ihren geheimen Widerstand: Sie schmuggelte Nachrichten und Schmuck in die Außenwelt und schickte sie an die Familien der Gefangenen. Sie schaffte es auch, Kinder von den Deportationslisten zu nehmen, und rettete sie somit davor, in ein Konzentrationslager zu kommen.

Am 15. September 1942 wurde Mala Zimetbaum nach Auschwitz deportiert. Als der Zug am Bahnsteig von Auschwitz-Birkenau anhielt, wurden die Ankommenden in zwei Reihen aufgestellt: in der einen Männer und ältere Jungen, in der anderen Frauen und Kinder jeden Geschlechts. SS-Ärzte wie Josef Mengele führten die Selektion durch. Allein das Aussehen des Gefangenen entschied über sein Schicksal: Arbeit oder Tod. Die Häftlinge sammelten die Besitztümer der Neuankömmlinge in einem Bereich, der „Kanada“ genannt wurde. Dort wurden in mehreren Baracken die gestohlenen Besitztümer der Häftlinge gelagert. Lastwagen transportierten diejenigen, die nicht mehr gehen konnten; der Rest marschierte. Bevor sie die Gaskammern betraten, wurden die Menschen angewiesen, sich zu entkleiden. Im Krematorium I zogen sie sich entweder im Hof oder der Vorkammer aus. Zu diesem Zweck wurden Holzbaracken bei den Bunkern 1 und 2 errichtet. Bei den Krematorien II bis V gab es extra Umkleideräume. Die SS-Männer sorgten dafür, dass die Menschen, die dem Tode geweiht waren, unwissend blieben, was sie erwartete. Man sagte ihnen, sie kämen in das Lager, wo sie arbeiten sollten, aber zuerst sollten sie desinfiziert werden und baden. Die Juden wurden höflich gebeten, ihre Kleidung an Haken zu hängen, eine Dusche zu nehmen, und man versprach ihnen eine Suppe und einen Tee oder Kaffee.

Tatsächlich jedoch brachte man sie in die Gaskammern, und nachdem die Türen versiegelt wurden, gaben die SS-Männer Zyklon B in die Luftschächte im Dach oder in den Wänden der Kammer. Die Opfer waren binnen 20 Minuten tot. Johann Kremer, ein SS-Arzt, überwachte die Vergasungen und sagte aus, dass die Rufe und Schreie der Opfer durch die Öffnungen zu hören waren und es klar war, dass sie um ihr Leben kämpften. Nachdem man sie ermordet hatte, musste das Sonderkommando, eine Einheit, die aus Lagerhäftlingen bestand, die Leichen heraustragen und nach Größe und Fettgewebe sortieren, um die Entsorgung im Krematorium zu erleichtern. Diejenigen, die sich weigerten, die schrecklichen Aufgaben des Sonderkommandos zu verrichten, wurden häufig bei lebendigem Leib in die Öfen geschmissen. Wenn bei den Mitgliedern des jüdischen Sonderkommandos Schmuck oder andere Wertgegenstände gefunden wurden, übergoss die SS sie mit Benzin und zündete sie an. Wenn die Gefangenen im Sonderkommando nicht richtig arbeiteten, wurden sie auf der Stelle hingerichtet.

Von den 1.048 Juden, die mit Mala Zimetbaum in Auschwitz ankamen, überlebten nur 230 Männer und 101 Frauen die Selektion. Mala wurde in das Frauenlager Birkenau geschickt, und dank ihrer umfangreichen Sprachkenntnisse erhielt sie die Aufgabe einer sogenannten „Läuferin“ und Übersetzerin, was mit gewissen Privilegien einherging. Sie musste die gestreifte Häftlingsuniform nicht tragen, ihre Haare nicht abrasieren und stand in der Lagerhierarchie über den Kapos. Anstatt in den Baracken mit den anderen Häftlingen lebte sie in dem Lagerbereich, wo auch die Ärzte und andere privilegierte Häftlinge wohnten. Sie konnten sich zwischen den verschiedenen Lagerbereichen relativ frei bewegen, womit sie detailliertes Wissen über das Vernichtungssystem und die Lagerhierarchien erlangte. Obwohl Mala diese Privilegien genoss, ließ sie sie nicht ihren Charakter verderben. Im Gegensatz zu anderen privilegierten Häftlingen tat Mala alles, was in ihrer Macht stand, um anderen Häftlingen zu helfen und zahlreiche Leben zu retten.

Viele Überlebende von Auschwitz sagten aus, dass sie großzügig war, ihr Leben für Mitgefangene aufs Spiel setzte und sich stolz den Deutschen entgegenstellte. Sie besorgte Lebensmittel, Kleidung und Medizin für alle, die es brauchten. Sie ermutigte verzweifelte Personen zum Durchhalten, verbreitete Informationen zum Weltgeschehen und organisierte Treffen zwischen Familienmitgliedern, die voneinander getrennt in verschiedenen Lagerbereichen inhaftiert worden waren. Eine ihrer Aufgaben war es, Gefangene, die aus der Krankenstation entlassen wurden, in Arbeitskommandos einzuteilen. Sie verschaffte Schwächeren leichtere Arbeit, damit sie sich nicht zu Tode arbeiteten. Ihr Einblick in die Krankenstation ermöglichte es ihr auch, von kommenden Selektionen zu erfahren. So konnte sie kranke Häftlinge im Voraus warnen, damit sie sich gesund melden konnten. Sie setzte tote Häftlinge auf die Selektionslisten, um die Lebenden zu verschonen. Sie schmuggelte Fotos, die Menschen ihren Angehörigen geschickt hatten, aus den Akten und gab sie den Häftlingen, denen es eigentlich verboten war, Bilder bei sich zu tragen. Sie wagte sogar die Führung zu täuschen, indem sie die Fluchtpläne von Häftlingen deckte und falsche Nachrichten über den Verbleib von Gefangenen an die SS weitergab. Sie schmuggelte Briefe aus dem Lager an Familienangehörige und half den Gefangenen, Briefe an ihre Angehörigen zu schreiben. Mala nutzte die Gelegenheit, die Familien mit verschlüsselten Botschaften über die Ermordung der Deportierten zu informieren. Mala selbst schickte ihrer Schwester Jochka in Antwerpen mehrere Postkarten. Sie schrieb, dass es ihr gut ging und dass die ganze Familie bei Etusch sei. Etusch war Malas Schwägerin, die 1940 gestorben war – Jochka verstand die Nachricht.

Ende 1943 lernte Mala Edward „Edek“ Galinski kennen, einen polnischen Katholiken, der fünf Jahre jünger war als sie. Im Frühling 1940 wurden Edward und seine Schulfreunde als Teil der deutschen AB-Aktion verhaftet, die sich gegen die polnische Intelligenz richtete. Als 17-Jähriger war er am 14. Juni 1940 im ersten Transport polnischer Gefangener aus Tarnów in Polen nach Auschwitz. Sie bekamen die Nummern 31 bis 758. Er arbeitete als Schlosser unter dem SS-Mann Edward Lubusch, der die Gefangenen begünstigte und respektvoll behandelte. Mala und Edek entwickelten schnell Sympathie und schließlich große Hingabe füreinander, etwas, was im Lager strengstens verboten war. Sie nutzten die Freiheit, sich im Gelände frei bewegen zu können, und versuchten, so viel Zeit wie möglich miteinander zu verbringen.

Anfang 1944 begann Edek ernsthaft darüber nachzudenken, aus Auschwitz auszubrechen. Ursprünglich sollte Edek gemeinsam mit Wieslaw Kielar fliehen, mit dem er gemeinsame Pläne machte. Sie entschieden, der beste Weg, dem Lager zu entkommen, wäre, sich als SS-Männer zu verkleiden. Also begannen sie, nach Uniformen zu suchen. Edward Lubusch, der SS-Offizier, mit dem Edek arbeitete, half ihm und besorgte Uniformen und eine Pistole. Als die Pläne immer klarer wurden, begann Edek darauf zu bestehen, dass Mala mit ihm gemeinsam fliehen sollte. Mala wollte mit echten Dokumenten fliehen, damit sie die Alliierten informieren könnte, was in Auschwitz vor sich ging, und so Leben retten könnte. Malas Cousine Giza Weisblum und die drei Läuferinnen Zela, Herta und Lea, mit denen sie sich ein Zimmer teilte, wussten über die Fluchtpläne Bescheid. Sie halfen ihr, eine Karte, Zivilkleidung und einen Blanko-SS-Ausweis aus dem Aufenthaltsraum der Wachen zu stehlen. Mala stahl auch Deportationslisten, um die Welt zu informieren, was in Auschwitz geschah. Nach langen Diskussionen einigten sie sich, dass das Liebespaar zuerst fliehen würde und Wieslaw Kielar später zu ihnen stoßen würde. Sie entschieden, dass Edek so tun würde, als würde er einen Häftling aus dem Lager führen – ein häufiger und nicht verdächtiger Anblick. Mala sollte Kielars Rolle als Häftling übernehmen.

Mala Zimetbaum und Edek Galinski schafften die Flucht am 24. Juni 1944. Um nicht als Frau erkannt zu werden, trug sie über der gestohlenen Zivilkleidung eine männliche Häftlingsuniform und trug ein Waschbecken aus Porzellan auf der Schulter, um ihr Gesicht zu verbergen. An den Wachen vorbei verließen sie das Lager, wechselten ihre Kleidung und flohen in Richtung Slowakei. Mala wollte offenbar versuchen, bei ihrem Onkel Chananya Hartmann in Bardejov in der Slowakei Zuflucht zu finden. Was sie allerdings nicht wusste, war, dass die gesamte Familie schon 1942 deportiert worden war. Die Flucht wurde während des Abendappells bemerkt, und ein Telegramm zur Verfolgung des Paares wurde am nächsten Morgen vom Lagerkommandanten Josef Kramer gesendet.

Zwei Wochen später, am 6. Juli 1944, wurden sie in den Beskiden an der slowakischen Grenze erwischt. Edek hatte sich in der Nähe versteckt, als Mala versuchte, in einem Laden etwas Brot zu kaufen – mit Gold, das Edek und sie aus dem Lager gestohlen hatten. Jemand im Laden fand sie verdächtig, und die Behörden kamen und verhafteten Mala. Edek, der aus der Ferne beobachtete, wie Mala verhaftet wurde, stellte sich den deutschen Wachen, da die beiden sich versprochen hatten, sich nicht zu trennen. Sie wurden schnell als Häftlinge von Auschwitz-Birkenau identifiziert und zurück in das Lager deportiert. Dort kamen sie direkt in Block 11, die Strafbaracke, die als „der Bunker“ bekannt war. Die Lagergestapo folterte Edek, um herauszufinden, wer ihm die Uniform und die Waffe gegeben hatte. Er gab sein Geheimnis jedoch nicht preis. Boleslaw Staron, der zur gleichen Zeit wie Edek inhaftiert gewesen war, erinnerte sich, dass Edek jeden Abend nach dem Appell ein italienisches Lied sang, um Mala ein Zeichen zu geben, dass er noch lebte.

Am 15. September 1944 wurden die 26-jährige Mala und der 20-jährige Edek nach Birkenau verlegt. Sie wurden bei einer öffentlichen Hinrichtung beide gleichzeitig gehängt, jeweils im Frauen- und Männerlager. Edek sprang in die Luke, bevor das Urteil verlesen wurde, aber die Wachen stellten ihn zurück auf die Tribüne. Edek rief dann etwas wie:

„Lang lebe Polen!“

Eine Person sagte allen anderen Gefangenen, dass sie ihre Hüte aus Achtung vor Edek abnehmen sollten, und das taten sie. Die Auschwitz-Überlebenden Primo Levi, Raya Kagan und andere berichteten nach dem Krieg, dass Mala sich zur selben Zeit am Fuß des Galgens mit einer Rasierklinge eine Pulsader aufgeschnitten hatte. Die SS-Wachen versuchten dann, ihr die Rasierklinge zu entreißen, doch Mala ohrfeigte sie mit ihrer blutüberströmten Hand. Mala schrie die Wache an:

„Ihr werdet eure Taten alle bitter bezahlen.“

Dann drehte sie sich zu den versammelten Gefangenen um und versuchte sie zu ermutigen:

„Ich war draußen, das Ende des Krieges ist nah, seid stark und robust.“

Andere Wachen warfen sich sofort auf sie, schlugen sie zu Boden und knebelten sie. Auf Anweisung aus Berlin befahl Maria Mandl, bekannt als „die Bestie von Auschwitz“, dass Mala bei lebendigem Leib im Krematorium verbrannt werden sollte. Mala wurde dann auf eine Schubkarre gelegt und in die Krankenstation des Lagers gebracht, um die Blutung zu stoppen. Die genauen Umstände ihres Todes wurden nie vollständig geklärt, da die Berichte der überlebenden Augenzeugen stark voneinander abweichen. Einige Zeugen sagten, dass sie auf der Schubkarre starb, während andere berichteten, dass ein Wachmann Mitleid mit ihr hatte und sie am Eingang des Krematoriums erschoss. Es gibt auch einen Bericht, dass sie Gift bei sich hatte und es einnahm, bevor sie lebendig verbrannt werden konnte. Während ein anderer Bericht besagt, dass sie lebendig in den Ofen des Krematoriums in Auschwitz geworfen wurde. Die Häftlinge, die gezwungen waren, die Leichen zu verbrennen, waren darüber informiert, dass Mala ankommen würde, und sie trafen spezielle Vorbereitungen. Sie beteten und weinten, als sie ihre Überreste verbrannten.

Doch Malas Vermächtnis bleibt lebendig. Auch heute, mehr als 79 Jahre nach ihrem Tod, ist diese gute und mutige Frau, die alles in ihrer Kraft Stehende tat, um anderen zu helfen und Dutzende Mitgefangene vor dem sicheren Tod rettete, nicht vergessen. Viele Überlebende, darunter 39 belgische Häftlinge aus dem Frauenlager, sagten nach dem Krieg, dass Mala ihnen das Leben rettete. Eine von ihnen, Sarah Gutfreund, nannte ihre 1946 geborene Tochter Mala. Mala Meyer lebt heute in Tel Aviv. Die Überlebenden widmeten Mala ein Holocaust-Forschungsstipendium in Yad Vashem, der internationalen Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem. 2017 wurde Mala Zimetbaum mit dem JRJ-Titel ausgezeichnet, eine Auszeichnung für jüdische Menschen, die andere Juden im Holocaust retteten. Diese Auszeichnung wird vom B’nai B’rith World Center in Jerusalem und dem Komitee zur Anerkennung von Juden, die andere Juden im Holocaust retteten, verliehen. Dr. Abraham Huli, damals Vizepräsident von B’nai B’rith International als Vertreter für Israel, reichte die Nominierung ein. Diejenigen, die Mala kannten, sprachen ihr Leben lang mit großem Respekt und Anerkennung über sie. Sie betonten häufig, dass sie ihr ihr Leben verdanken. Einige ihrer Nachkommen sind bis heute nach Mala benannt. Auf dem Antwerpener Gebäude, in dem Mala lebte, ist eine Gedenktafel mit ihrem Relief angebracht. Da sie kein Grab hatte, wurde im September 2023 auf dem jüdischen Friedhof in Brzesko, ihrer polnischen Heimatstadt, ein Denkmal errichtet. Mala war eine Heldin, die ihr Leben denjenigen widmete, die es am meisten brauchten, und die bis zum letzten Atemzug für diese Menschen gekämpft hat. Für Mala Zimetbaum wurden viele Tränen vergossen.

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