Hinter der Maske des “King of Cool”: Die tragische Geschichte, die Dean Martin innerlich zerbrechen ließ
In der schillernden Welt der Unterhaltung gab es wenige Figuren, die so ikonisch und scheinbar unverwundbar waren wie Dean Martin. Mit seiner lässigen Art, seiner samtweichen Stimme und dem charmanten Lächeln galt er als Inbegriff des “King of Cool”. Sein Image war das eines Mannes, der das Leben mit einer mühelosen Eleganz meisterte, der die Dramen des Alltags einfach an sich abprallen ließ, während er mit einem Glas Whisky in der Hand auf der Bühne witzelte. Doch hinter der sorgfältig kultivierten Fassade verbarg sich eine Geschichte, die weit weniger glamourös und zutiefst menschlich war – eine Geschichte von unerbittlichem Kampf, von Schmerz und einem Schicksalsschlag, der den Star, den die Welt liebte, innerlich zerbrechen ließ.
Dean Martins Leben begann alles andere als glamourös. Geboren am 7. Juni 1917 als Dino Paul Crocetti im bescheidenen Steubenville, Ohio, wuchs er in einem Haus auf, in dem fast ausschließlich Italienisch gesprochen wurde. Er lernte erst mit fünf Jahren Englisch, eine Tatsache, die ihn in der Schule zum Außenseiter machte. Er wurde gehänselt, gemobbt und fand sich nie wirklich zugehörig. Dieses Gefühl der Entfremdung prägte ihn tief. Die Schule schien ihm sinnlos, und er brach sie in der zehnten Klasse ab, um sein Glück in einer rauen Welt zu suchen. Seine Reise führte ihn durch gewöhnliche Jobs in einer Stahlfabrik und an der Roulettbank eines illegalen Casinos, doch keiner dieser Wege konnte seine Seele erfüllen.
Aus der Not heraus, sich gegen Hänseleien zu wehren, entdeckte er sein Talent für den Boxring. Unter dem Namen “Kid Crochet” stieg er in die Arena, um für ein paar Dollar zu kämpfen. Es war eine harte, brutale Zeit, die ihm eine gebrochene Nase und blutige Knöchel bescherte. Der Verdienst war mager, und die Kämpfe waren oft illegal. Doch sie hielten ihn und seinen Freund über Wasser. Es war ein Leben am Rande der Gesellschaft, weit entfernt vom Glitzer und Glamour, der später zu seinem Markenzeichen werden sollte.
Der Wendepunkt kam in einem verrauchten Speakeasy in Ohio, wo er begann, die Lieder der großen Sänger seiner Zeit zu imitieren. Schnell merkte man, dass er mehr als nur ein Nachahmer war. Seine samtweiche Stimme, sein unaufgeregter Stil und seine unverwechselbare Lässigkeit zogen das Publikum in ihren Bann. Er veränderte seinen Namen von Dino Crocetti zu Dino Martini und schließlich, auf Anraten eines Bandleaders, zu dem legendären Namen Dean Martin. Mit neuem Image und neuem Namen zog er nach New York, wo er Nacht für Nacht in Clubs und Bars auftrat und langsam, aber stetig an Popularität gewann.
Der Aufstieg zur Ikone gelang ihm jedoch erst durch eine schicksalhafte Begegnung im Jahr 1946 mit einem jungen Komiker namens Jerry Lewis. Was als Zufall begann, entwickelte sich zu einem der größten Duos der amerikanischen Unterhaltungsgeschichte. Ihre erste gemeinsame Show war zwar ein Fiasko, aber die Improvisation und die Chemie zwischen ihnen waren so einzigartig, dass sie schnell zu einem Phänomen wurden. Sie eroberten Nachtclubs, Radiostudios, Kinoleinwände und schließlich die Fernsehgeräte. Doch der Erfolg hatte einen bitteren Preis. Dean Martin fühlte sich zunehmend in Jerry Lewis’ Schatten gedrängt. Kritiker sahen in Lewis das wahre Genie, während Martin als austauschbarer Sidekick galt. Dieses Gefühl der Nicht-Anerkennung, das ihn bereits in seiner Kindheit gequält hatte, flammte wieder auf. Nach zehn Jahren der gemeinsamen Erfolge zerbrach die Freundschaft schließlich, als Dean sich als “nichts weiter als ein verdammtes Dollarzeichen” für Lewis bezeichnete.
Viele glaubten, dass Dean Martin ohne Jerry Lewis scheitern würde. Doch das Gegenteil war der Fall. Er fand seine wahre Stärke in einem neuen Freundeskreis, der bald zum Mythos werden sollte: dem Rat Pack. An der Seite von Frank Sinatra, Sammy Davis Jr., Peter Lawford und Joey Bishop eroberte er Las Vegas. Sein Image als der ständig betrunkene, charmante Trunkenbold war ein genialer Trick. Während die anderen feierten und exzessiv lebten, war Dean Martin der bodenständigste von allen. Sein Glas war oft nur mit Apfelsaft gefüllt, und nach den Shows zog er sich nach Hause zu seiner Familie zurück, um in aller Ruhe zu essen und Golf zu spielen. Dieses Image der coolen Eleganz und der unaufgeregten Gelassenheit machte ihn zum heimlichen Star der Truppe.
Doch so turbulent sein öffentliches Leben auch war, sein Privatleben war von einer tiefen Liebe zu seinen Kindern geprägt. Besonders sein Sohn, Dean Paul Martin, aus seiner Ehe mit Jeanne Biger, war sein ganzer Stolz. Dino, wie er von allen genannt wurde, war das Ebenbild seines Vaters: charmant, talentiert und erfolgreich als Schauspieler, Sänger, Tennisspieler und sogar Pilot. Er war der lebende Beweis dafür, dass die Familie Crocetti mehr aus sich machen konnte als der bescheidene Barbier aus Ohio. Er war der Traum, den Dino sich selbst nie ganz erfüllen konnte.
Und genau dieser Traum zerbrach am 21. März 1987. Bei einem Übungsflug über Kalifornien stürzte Dinos Jet ab. Er war gerade einmal 35 Jahre alt. Die Nachricht von seinem Tod war ein vernichtender Schlag, der den “King of Cool” innerlich zerstörte. Freunde und Kollegen sagten, Dean Martin sei nie wieder derselbe gewesen. Der Mann, der sein ganzes Leben lang die Rolle des unerschütterlichen Lebemanns gespielt hatte, konnte den Verlust nicht mehr überspielen. Er zerbrach innerlich, vergaß Texte bei Auftritten, wirkte desorientiert und zog sich schließlich fast vollständig aus der Öffentlichkeit zurück. Frank Sinatra versuchte noch einmal, ihn auf Tournee zurückzuholen, doch das Publikum bekam nur noch einen Schatten des einstigen Idols zu sehen. Dean wirkte müde, verlor sich in seinen Gedanken und brach die Tour schließlich abrupt ab. Er hatte keine Kraft mehr, die Maske zu tragen.
Seine letzten Jahre verbrachte Dean Martin zurückgezogen in seinem Haus in Beverly Hills, umgeben von seinen Kindern und Enkeln. Die Zigaretten, die er jahrzehntelang als Teil seines Bühnen-Images geraucht hatte, forderten schließlich ihren Preis. 1993 wurde bei ihm Lungenkrebs diagnostiziert. Dean verweigerte die Operation und jede weitere Behandlung. Er war müde vom Kampf. Stattdessen verbrachte er die verbleibende Zeit in Stille, in der Gesellschaft seiner Liebsten.
Am 25. Dezember 1995, an Weihnachten, starb Dean Martin in seinem Haus. Die Lichter auf dem berühmten Las Vegas Strip, der Stadt, die er wie kein anderer geprägt hatte, wurden in jener Nacht gedimmt. Eine stille Verbeugung vor dem Mann, der die Welt zum Lachen, Singen und Träumen gebracht hatte. Doch sein vielleicht größtes Vermächtnis ist nicht sein Gesang oder seine Filme, sondern die unvergessliche Erkenntnis, dass hinter dem perfekten Image des “King of Cool” ein zutiefst menschliches, verletzliches Herz schlug. Dean Martin hat uns gelehrt, dass Coolness nicht bedeutet, unverwundbar zu sein, sondern mit Würde und Mut durch die Stürme des Lebens zu gehen – selbst wenn diese Stürme das Innerste zerreißen.