„Ich dachte, ich bliebe für immer allein“ – Maria Furtwängler meldet sich nach drei Jahren Schweigen zurück und spricht über einen Neuanfang
Drei Jahre Stille. Drei Jahre Rückzug, Neuordnung, Selbstbefragung. Nun bricht Maria Furtwängler ihr Schweigen – und sie tut es nicht mit einer neuen Rolle, nicht mit einem Festivalauftritt, sondern mit einem Satz über ihr Privatestes: die Liebe. Die Schauspielerin, für viele untrennbar verbunden mit der „Tatort“-Kommissarin Charlotte Lindholm, erzählt von Verletzlichkeit, von Stärke – und von einem unerwarteten „Wir“, das sich leise und beharrlich in ihr Leben geschoben hat.

Wer Furtwängler nur als kühle Ermittlerin kennt, unterschätzt die Spannweite dieser Künstlerin. Geboren am 13. September 1966 in München, aufgewachsen zwischen Bühnenlicht und Zeichenbrett – die Mutter Schauspielerin, der Vater Architekt –, war ihr Weg kein geradliniger. Früh vor der Kamera, dann die Kehrtwende: Medizinstudium, Promotion, die Schule der Präzision. Erst in den 1990er Jahren entscheidet sie sich bewusst gegen den sicheren akademischen Pfad und für den unsicheren Luxus künstlerischer Freiheit. Es ist der Beginn einer Laufbahn, die sie vom Serienpublikumsliebling zur moralischen Instanz im deutschen Fernsehen machen sollte.

2002 dann der große Sprung: Charlotte Lindholm. Keine makellose Heldin, sondern eine Figur, die zwischen Pflicht, Einsamkeit und Gewissen taumelt – und genau darum glaubwürdig ist. Furtwängler verkörpert keine Posen; sie baut innere Landschaften. Ob in historischen Stoffen oder psychologischen Kammerspielen – stets gelingt ihr die heikle Verbindung von Stärke und Zerbrechlichkeit, von analytischer Klarheit und vibrierender Spannung. Die Karriere: glänzend. Der Blick dahinter: komplizierter.
Denn abseits des roten Teppichs ringt auch sie mit Strukturen. In einem vielbeachteten Gespräch 2024 benennt Furtwängler Situationen, in denen am Set Grenzen überschritten wurden – subtil, manipulativ, manchmal offen. „Ich fühlte mich unwohl“, sagt sie, „und in dem Moment wie gelähmt.“ Keine Anklage, kein Spektakel. Eher ein stilles Protokoll von Machtverhältnissen. „Schweigen schützt die Falschen“, lautet einer ihrer Kernsätze – und er erklärt, warum aus der Schauspielerin eine Stimme wurde, die gehört wird, wenn es um Respekt, Verantwortung und Gleichberechtigung geht.
Das öffentliche Bild: geordnet. Karriere, Engagement, Ansehen. Doch privat, so erzählt sie, war da über lange Zeit ein Riss. Die Ehe mit dem Verleger Hubert Burda – einst ein Märchen aus Geist, Glanz und gegenseitiger Bewunderung – endet leise, ohne Skandal. Als die Trennung publik wird, ist es für viele ein Schock, für aufmerksame Beobachter vielleicht weniger überraschend. Furtwängler zieht sich zurück. Keine Schlagzeilen, keine Zitate, keine Inszenierung. „Ich musste erst wieder lernen, allein zu sein – und es zu mögen“, vertraut sie Freunden an. Ein Satz, der mehr verrät als jede Boulevardgeschichte.
Die drei folgenden Jahre nutzt sie, so berichtet sie, zum Sortieren. Reisen, soziale Projekte, die Arbeit gegen Gewalt und für Bildungschancen von Mädchen. Stille als Kompass. Im Schatten der Öffentlichkeit wächst dabei etwas, das man später „heilsam“ nennen wird: eine neue Klarheit über das, was zählt, jenseits von Prestigefragen und Premierenkalendern. Und dann – fast beiläufig – die Begegnung, die alles verändert.
Zürich, eine Benefizgala. Kein Blitzlichtmoment, eher ein Gespräch, das bleibt: über Solarstrom, nachhaltige Entwicklung, über das Leben. Der Mann an ihrer Seite ist kein Schauspieler, kein Medienprofi, sondern – so wird gemunkelt – ein Münchner Unternehmer im Bereich erneuerbare Energien, belesen, mit trockenem Humor. „Ich war überrascht, wie leicht ich wieder lachen konnte“, sagt Furtwängler. Aus Austausch wird Vertrautheit, aus Vertrautheit Nähe. Keine großen Gesten, keine Rampenlichtromantik, eher „ein stilles Leuchten, das nicht verlischt“.

Die Beziehung wächst abseits der Öffentlichkeit. Spaziergänge an der Isar, Wanderungen in den Alpen, Wochenenden in der Provence. Freunde beschreiben sie als gelöster, ruhiger, leichter. „Zum ersten Mal seit Jahren lacht sie wieder mit den Augen“, heißt es. Als schließlich Fotos auftauchen, die beiden beim Spaziergang zeigen, reagiert die Boulevardpresse mit der erwartbaren Mischung aus Neugier und Übertreibung. Furtwängler lächelt und lässt es stehen. „Ich habe nichts zu verbergen, aber auch nichts zu beweisen“, sagt sie. Ein Satz, der wie ein Geländer klingt.
In einer Live-Sendung, die später zu den meistgesehenen Interviews des Jahres zählen sollte, fasst sie ihren Neuanfang in eine schlichte Formel: „Ich dachte, ich würde für immer allein bleiben – bis ich ihn traf.“ Keine Pose, kein Pathos, eher ein Atemzug auf Tonband. Liebe, so definiert sie es heute, sei weniger Versprechen als Entscheidung – eine tägliche, bewusste. Vielleicht ist sie deshalb schöner, wenn man sie nicht sucht.
Dass Furtwängler über all dem Aktivistin bleibt, versteht sich fast von selbst. Sie fördert Projekte gegen häusliche Gewalt, engagiert sich für strukturelle Veränderungen, für die Sichtbarkeit und Förderung von Frauen in Film und Medien. Feminismus ist für sie kein Etikett, sondern Alltag: der Versuch, Räume zu schaffen, in denen Respekt nicht verhandelbar ist. Dabei bleibt die Sprache leise, die Haltung fest. „Kunst darf wehtun“, sagt sie, „aber sie sollte nie demütigen.“ Es ist dieser Ton der Behutsamkeit, der ihr Glaubwürdigkeit gibt – und der sich in ihren Rollen spiegelt, die längst mehr sind als Figuren: Wegweiser durch moralische Grauzonen.

Was bleibt nach diesem Auftritt, nach dieser Rückkehr aus der Stille? Das Bild einer Frau, die Brüche nicht dramatisiert, sondern transformiert. Die gelernt hat, Grenzen zu ziehen – am Set, in Beziehungen, in sich selbst. Die akzeptiert, dass Zweifel bleiben, und gerade dadurch fester steht. „Ich bin dankbar für alles, auch für das Schwere“, sagt sie. Nicht als Floskel, sondern als Summe einer Biografie, die an Klarheit gewonnen hat, je komplizierter sie wurde.
In Zeiten, in denen private Wunden öffentlich vermarktet werden, wirkt Furtwänglers Weg fast altmodisch: Diskretion als Form der Würde. Und doch ist er zeitgemäß, gerade weil er der Logik des Spektakels widerspricht. Ihr Neuanfang ist kein Feuerwerk. Er gleicht eher den ersten helleren Morgen nach langen Nächten: Man blinzelt, sieht verschwommen – und weiß doch, dass der Tag trägt.
Vielleicht liegt die eigentliche Nachricht dieses Abends nicht in der Enthüllung einer neuen Liebe, nicht im Namen eines Mannes, den man „Alexander K.“ nennt, sondern in der Haltung, mit der sie ihn benennt. Liebe ohne Beweisführung. Glück ohne Pflicht zur Öffentlichkeit. Ein Leben, das sich dem Bedürfnis nach Schlagzeilen entzieht und gerade dadurch eine stärkere Geschichte erzählt.
Am Ende dieser Rückkehr steht kein Donner, sondern ein Nachhall. Maria Furtwängler, die sich in Rollen verwandelt und dabei immer wieder zu sich selbst zurückfindet, zeigt: Heilung ist möglich. Vertrauen ist lernbar. Und Zärtlichkeit hat Platz – auch, vielleicht gerade, nach Jahren der Stille. Für jene, die ihr folgen, als Zuschauerinnen und Zuschauer, als Leserinnen und Leser, eröffnet sich damit ein anderer Blick auf das vermeintlich vertraute Gesicht: nicht die makellose Leinwandheldin, sondern ein Mensch, der gefallen ist, aufgestanden – und der nun weitergeht, Schritt für Schritt, mit einem leisen, entschiedenen „Ja“.
 
								 
								 
								 
								 
								