Kein Schmerz mehr, keine Angst mehr – nur Frieden für Noelle.1914
Noelles Krebs war nicht mehr nur etwas, worüber sie bei Terminen oder Testergebnissen sprachen.
Es war jetzt sichtbar – direkt vor ihren Augen.
Sie konnten sehen, wie es wuchs und ihren kleinen Körper von Tag zu Tag veränderte.
Allein in dieser Woche sind drei neue Messen erschienen.
Und die, die sie bereits kannten, schwollen an und breiteten sich aus, als ob die Krankheit selbst in einem Wettlauf gegen die Zeit stände.
Ihre Mutter konnte es kaum ertragen, hinzuschauen.
Es war anders als alles, was sie je zuvor gesehen hatte.
Keine Worte schienen groß genug oder mutig genug, um zu beschreiben, wie es war, das Leben des eigenen Kindes schwinden zu sehen, während man noch immer seine Hand hält.
Noelle hatte ihre Ernährungssonde seit der Entfernung etwa zwei Wochen nicht mehr gehabt.
Sie versuchte, ihre Medizin oral einzunehmen.
Sie versuchte zu trinken, aber das Essen war ihr Feind geworden.
Ihre Mutter flehte sie an, alle paar Stunden nur drei Bissen zu nehmen.
Es war zu einem Feilschen geworden – nur noch eins, Baby, nur noch ein Bissen.
Jede Mahlzeit fühlte sich wie ein Kampf zwischen Hoffnung und Realität an.
Sie schrumpfte.
Ihre Kleidung hing locker.
Ihr einst rundes und weiches Gesicht war so zart geworden, dass ihr sogar der Wind zu schwer erschien.
Ihre Mutter hatte Angst.
Ich hatte solche Angst, dass mir an manchen Tagen sogar das Atmen schwerfiel.
Und doch zwang sie sich jeden Morgen, aufzustehen, zu lächeln und Noelle zu sagen, dass alles in Ordnung sei – selbst wenn nichts in Ordnung war.
Die Leute konnten es nicht wirklich verstehen, es sei denn, sie hätten dort gestanden, wo sie stand.
Nicht, wenn sie nicht miterlebt hätten, wie ein Kind in einem Hospiz dahinsiecht.
Nicht, wenn sie nicht die Hilflosigkeit erfahren hätten, die entsteht, wenn man jemanden liebt, den man nicht retten kann.
Also bat sie um Gnade.
Gnade vor dem Gericht.
Mitgefühl vor Neugier.
Denn was sie jeden Tag sahen, ließ sich mit Worten nicht vollständig erklären.
Dennoch gab es noch eine Sache, die sie tun wollte.
Sie wollte mit Noelle an den Strand gehen.
Der Strand war schon immer Noelles glücklicher Ort gewesen – dort konnte sie barfuß laufen, Muscheln sammeln und sich von den Wellen über den Sand lachen lassen.
Es würde viel kosten, dorthin zu gelangen.
Medizinische Geräte, Vorräte, die sorgfältige Planung einer Mutter, die wusste, wie zerbrechlich ihre Tochter geworden war.
Aber sie ließ sich davon nicht aufhalten.
Sie sagte sich: „ Wenn Noelle zu Hause im Hospiz wäre und keine Maschinen hätte, würde ich nicht zögern.“
Deshalb würde sie die Maschinen jetzt nicht gewinnen lassen.
Sie fragte Noelle immer wieder, ob sie gehen wolle, und jedes Mal war die Antwort ja.
Diese leise, müde Stimme trug noch immer einen Funken in sich.
„Ja, Mami. Ich will gehen.“
Ihr brach das Herz, als sie wusste, dass dies möglicherweise ihre letzte gemeinsame Reise sein würde.
Wie packt man für den Abschied?
Wie bereiten Sie Ihr Herz auf das letzte Mal vor, wenn Ihr Kind das Meer sieht?
Sie wären von ihrer Familie umgeben.
Das war für sie zumindest ein kleiner Trost.
Sie wären überall von Liebe umgeben, an einem Strand, der Noelle zum Lächeln brachte.
Selbst wenn es das letzte Lächeln wäre, das sie jemals sehen würde, wäre es alles wert.
Sie sprach nicht mehr viel über ihre Gebete.
Darüber, wie sie immer noch um ein Wunder flehte.
Darüber, wie dieses Licht – das, das sie früher in ihrem Herzen leuchten sah – schwächer wurde.
Aber sie betete weiter.
Und sie bat auch andere, zu beten.
Beten Sie, dass Noelle friedlich, ohne Angst oder Schmerzen reisen kann.
Beten Sie, dass die Straße eben ist.
Beten Sie, dass sich diese Reise so normal wie möglich anfühlt.
Beten Sie für Momente der Freude.
Und vor allem beten Sie, dass sie Erinnerungen schaffen, die ein Leben lang halten – denn das ist alles, was ihnen geblieben ist.
Noelle Elizabeth Franklin.
28. August 2017 – 12. Mai 2025.
Diese Zahlen scheinen nicht viel zu sein, es sind nur Daten.
Aber zwischen ihnen lebte eine ganze Welt.
Ein Mädchen voller Licht.
Ein Kind, das tanzte, lachte und allen um sich herum ein besseres Leben ermöglichte.
Sie hat es geschafft.
Sie hat es bis zum Strand geschafft.
Und nur wenige Tage später schaffte sie es heim in den Himmel.
„Du hast es geschafft, Baby“, flüsterte ihre Mutter.
„Du hast es geschafft. Geh und tanz im Himmel.“
Sie hatte jetzt keine Schmerzen mehr.
Keine Schläuche mehr.
Keine Tränen mehr.
Nur Sonnenlicht und Freiheit, die Art, die sie immer geliebt hatte.
Der Gottesdienst fand am 17. Mai statt.
Es war wunderschön, herzzerreißend und heilig zugleich.
Die Familie konnte sie vor der Einäscherung noch ein letztes Mal sehen.
Sie sah friedlich aus – so schön wie immer.
Als ob sie nur schlafen würde.
Doch nach einem solchen Verlust holt einen die Realität nur langsam ein.
Es trifft jeden Tag härter.
Ihre Mutter wacht auf und stellt erneut fest, dass Noelle nicht nach Hause kommt.
Die Blumen vom Gottesdienst liegen noch immer auf dem Kaminboden.
Ihr Zimmer ist noch unberührt – überfüllt mit Geschenken, die während ihrer Abwesenheit eingetroffen sind.
Ihr Koffer steht immer noch neben der Tür.
Die Wäsche, die sie vor der Abreise zum Strand gewaschen haben, bleibt ordentlich gefaltet und wartet auf ein Kind, das sie nie wieder tragen wird.
Draußen dreht sich die Welt weiter.
Nachbarn bereiten sich auf den Sommer vor.
Die Schule ist zu Ende.
Kinder lachen in den Gärten.
Aber in diesem Haus ist die Zeit stehen geblieben.
Noelle wird für immer eine Zweitklässlerin bleiben.
Ihre Mutter Rachel und ihr Vater Dylan versuchen, sich gegenseitig zu unterstützen.
Doch Trauer kann Liebe in Schweigen verwandeln.
Sogar der kleine Christian, ihr Sohn, stellt Fragen, auf die kein Elternteil eine Antwort weiß.
„Warum?“, fragt er.
Warum Noelle?
Warum wir?
Warum jetzt?
Und es gibt keine Antworten.
Nur schmerzende Herzen und leere Arme.
In manchen Nächten möchte ihre Mutter weglaufen.
Um den Mauern zu entkommen, die zu viele Erinnerungen bergen.
Aber sie kann nicht gehen.
Denn dies ist immer noch Noelles Zuhause.
Ihre Familienfotos vom letzten Muttertag hängen neben dem Bett – die letzten, die sie nach ihrer Diagnose gemacht haben.
Ihr Lächeln ist strahlend.
Ihre langen blonden Locken sind von den Behandlungen, die sie später verschwinden lassen würden, unberührt geblieben.
Jede Nacht liegt ihre Mutter im Bett, starrt auf diese Fotos und flüstert ihren Namen in die Dunkelheit.
Im Haus ist es jetzt still geworden.
Freunde und Familie haben ihr Leben wieder aufgenommen.
Aber für sie ist das Leben etwas, das sie noch einmal ganz neu lernen müssen – ein Leben ohne Noelle.
Dann, eines Freitagnachmittags, als die Familie zu Hause zusammenkam, öffnete jemand die Tür zur Garage.
Ein Kolibri flog herein.
Es landete sanft auf einem der an der Wand hängenden Poster – einem mit der Aufschrift „Stärker als der Sturm“.
Der Vogel blieb fast eine Stunde und flatterte von Plakat zu Plakat, als wollte er sie daran erinnern, dass er noch in der Nähe war.
Als sie versuchten, ihm mit Zuckerwasser zu helfen, landete es sanft auf dem Bein eines Freundes, bevor es davonflog.
Dieser Moment jagte allen im Raum einen Schauer über den Rücken.
Später schickte Rachels Schwester ihr eine Nachricht über Kolibris – sie symbolisierten Freude, Hoffnung und Botschaften von verstorbenen Angehörigen.
Sie glaubte es sofort.
Noelle war immer voller Freude, stur und verspielt gewesen, ein Geist, der sich nie eindämmen ließ.
Und jetzt fand sie sogar vom Himmel aus Wege, zu sagen: „Ich bin noch hier, Mami.“
Am nächsten Tag kam ihre Freundin und Fotografin, um Fotos von Noelles Garten zu machen – das Sarggesteck, die Schmetterlingsarrangements, die Blüten, die sie geliebt hatte.
Als sie dort standen, tanzte ein kleiner Schmetterling um die Blumen herum und weigerte sich, für ein Foto stillzuhalten.
Es fühlte sich an wie sie – ruhelos, frei, sie neckend wie immer.
Ihre Mutter lachte unter Tränen und flüsterte: „Das ist mein Mädchen. Sie sorgt immer dafür, dass ich das Bild nicht bekomme.“
Jetzt, nachts, betet Rachel um Zeichen.
Anzeichen dafür, dass ihre Tochter noch in der Nähe ist.
Ein Vogel.
Ein Kinderspiel.
Ein Schmetterling, der nicht stillsitzen will.
Alles, was ihr sagt, dass die Liebe stärker ist als der Tod.
Weil es so ist.
Noelles Geschichte ist noch nicht zu Ende.
Ihr Name wird durch die Noelle Strong Foundation weiterleben – gegründet, um Kinderkrebs zu unterstützen und anderen Kindern zu helfen, so wie so viele ihnen geholfen haben.
Jede Spende, jede Veranstaltung, jede freundliche Tat in ihrem Namen wird ihr Licht weitertragen.
Ihre Familie plant, etwas Bleibendes aufzubauen – nicht aus Trauer, sondern aus Liebe.
Denn Noelle war mehr als ihre Krankheit.
Sie war ein Wunder in Bewegung.
Ein Lied, das noch immer nachhallt.
Ein Schmetterling, der noch fliegt.
Und solange ihr Name ausgesprochen wird, wird sie nie verschwinden.
Flieg weiter hoch, Kleines.
So frei wie möglich.
Für immer unsere Noelle.