Alle hatten Angst vor dem arroganten Milliardär, bis die Kellnerin ihn vor allen demütigte. “Was, wenn ich dir sage, dass die größten Lektionen manchmal von den Menschen kommen, von denen man sie am wenigsten erwartet. Stell dir das vor, dass goldene Eichenblatt in Berlin, ein Restaurant in dem Kristallüster warmes Licht über dunkle Mahagonitische werfen, wo sich die Reichen und Mächtigen der Stadt am Freitagabend zu ihrem wöchentlichen Ritual versammeln.
An Tisch Nummer 7 sitzt Vincent Berger, 42 Jahre alt, Eigentümer eines milliardenschweren Pharmaunternehmens, bekannt für seine Rücksichtslosigkeit und seinen Erfolg. Sein Maßanzug von Brioni kostet mehr als ein durchschnittlicher Angestellter in einem halben Jahr verdient und seine Kälte ist legendär. Jeder Kellner im goldenen Eichenblatt geht auf zehn Spitzen, weil sie wissen, dass eine einzige schlechte Bewertung von Vincent Karrieren zerstören kann.
Doch heute Abend wird etwas anders sein. Heute Abend trifft er auf Rebecca Sommer, 36 Jahre alt, alleinerziehende Mutter, die seit drei Wochen im Restaurant arbeitet. Nach dem Tod ihres Mannes versucht sie sich über Wasser zu halten. Zwei Jobs, kaum Schlaf, Berge von unbezahlten Rechnungen. Sie weiß nicht, wer dieser Mann an Tisch 7 ist und ehrlich gesagt, es interessiert sie nicht.
Sie will einfach nur ihre Schicht überstehen. Vincent trommelte ungeduldig mit seiner Rolex auf das weiße Tischtuch. Seine Kiefermuskeln zuckten, während er den Raum absuchte. Er wartete seit exakt vier Minuten. Für ihn war das eine Ewigkeit. Das Eichenblatt war Berlins renommiertestes Restaurant, ein Ort, an dem man nie warten musste.
Und doch saß er hier, ignoriert wie ein Niemand. Seine stahlgrauen Augen verengten sich, als er sah, wie andere Gäste bereits ihre Vorspeisen erhielten. Das leise Kirren von Besteck und gedämpftes Murmeln machten ihn nur noch wütender. Aus der Küche trat Rebecca, drei Teller auf dem linken Arm balancierend, eine Karaffe in der rechten Hand.
Ihr dunkles Haar war in einem schlichten Zopf gebunden und obwohl Müdigkeit in ihren braunen Augen lag, bewegte sie sich mit ruhiger würde. Die schwarze Uniform hing etwas locker, ein Zeichen des Gewichtsverlusts der letzten Monate, verursacht durch Stress und Sorge. Während der letzten Lebensmonate ihres Mannes hatte sie alles gegeben, ihre Ersparnisse für Behandlungen geopfert, die keine Versicherung übernehmen wollte.
“Entschuldigen Sie”, schnitt eine Stimme scharf durch den Raum. Vincent, sein Tonfall hatte die Autorität eines Mannes, der an gehorsam gewöhnt war. Ich sitze hier seit einer Ewigkeit. Verstehen Sie Menschen den Begriff Service nicht? Rebecca stellte ruhig die Teller an Tisch 12 ab, atmete tief durch und ging dann mit einem höflichen, aber erschöpften Lächeln zu Tisch 7.
“Es tut mir leid wegen der Wartezeit, Herr. Ich bin gleich bei Ihnen.” “Gleich bei mir?” Vincent lehnte sich zurück, seine Stimme so laut, dass mehrere Gäste aufblickten. Junge Dame, haben Sie eine Ahnung, wer ich bin? Ich könnte dieses Restaurant aus der Portokasse kaufen. Ich warte auf niemanden, schon gar nicht auf eine unerfahrene Kellnerin, die offenbar keine Ahnung hat, wie die Welt funktioniert.
Die Gespräche in der Nähe verstummten. Rebecca spürte den altbekannten Druck in der Brust, das gleiche Gefühl wie damals, als Gläubige anriefen und Geld forderten, dass sie nicht hatte. Doch diesmal war da auch etwas anderes, ein Funke. Der gleiche Mut, der sie als junge Mutter durchs Studium getragen hatte. Der gleiche Wille, der sie aufrechhielt, während sie ihrem Mann beim Sterben zusehen musste.
“Ich verstehe, dass Sie Hunger haben, Herr”, sagte sie ruhig und zog ihr Notizbuch heraus. “Was darf ich Ihnen heute Abend bringen?” Vincent lief rot an. In jedem Vorstandszimmer des Landes gehorchte man, wenn er sprach. Minister nahmen seine Anrufe entgegen, doch diese Frau, diese Niemand, behandelte ihn wie einen gewöhnlichen Gast.
Die Dreistigkeit war unfassbar. Der Restaurantleiter, ein nervöser Mann namens Georg, schwebte schon in der Nähe, bereit einzuschreiten. Was sie bringen können, wiederholte Vincent langsam, jedes Wort trifend vor Verachtung. Einen Manager, der versteht, dass manche Kunden wichtiger sind als andere.