Helena schluckte. Ein bisschen anders, aber ja, ich werde immer hier sein.” Als sie das Licht löschte und die Tür leise schlooss, stand Vincent schon im Flur, als hätte er auf sie gewartet. Ihre Blicke trafen sich truhig, vertraut. “Er hat dich wirklich lieb”, sagte er. “Ich ihn auch.” “Das sieht man.” Sie gingen gemeinsam in die Küche.
Der Tisch war noch voll mit Luftballons, Papiergellanden, halb gegessenen Muffins. Helena begann automatisch aufzuräumen, doch Vincent nahm ihr die Teller aus der Hand. “Lass das. Heute wird nichts mehr geputzt. Das sagst du? Ich sollte das aufnehmen. Er lachte leise. Ich meine es ernst. Setz dich. Sie setzte sich an den Küchentisch, während er zwei Gläserwein einschenkte.
Ein einfacher, aber ehrlicher Rotwein aus Franken, den sie bei einem Marktbesuch ausgesucht hatten. “Auf was stoßen wir an?”, fragte sie. Auf Versprechen sagte er nach einer Pause und auf Menschen, die sie halten. Ihre Gläser klangen sanft aneinander. Ein Augenblick, still und bedeutungsvoll. Weißt du, Vincent, begann Helena.
Ich habe manchmal Angst, dass das Leben mich wieder woanders hinführt, dass alles hier zu schön ist, umzubleiben. Dann würde ich das Leben verklagen, antwortete er ernst, aber mit einem Lächeln, weil es mir nicht noch einmal jemanden wie dich bringen könnte. Sie sah ihn überrascht an. Ich meine das nicht leichtfertig, fuhr er fort.
Ich habe mein ganzes Leben lang Mauern gebaut, erst um meine Karriere zu schützen, dann um meinen Sohn zu schützen. Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass ich damit vor allem eines getan habe, mich selbst eingesperrt. Und du, ich, du hast einfach die Tür aufgemacht. Helena blickte zu Boden, gerührt, verlegen.
Ich wollte dir nur zeigen, dass es noch gute Menschen gibt. So wie meine Mutter mir beigebracht hat. Das hast du mehr. Als du denkst. Er stand auf, nahm den silbernen Medaillonrahmen vom Regal und stellte ihn auf den Tisch zwischen ihnen. Dieser Anhänger war für mich einmal nur ein Symbol von Schuld. Jetzt erinnert er mich an Hoffnung.
Sie fuhr mit dem Finger über das Glas. “Weißt du was das Schönste daran ist?”, fragte sie. “Dass all die Menschen auf diesen Bildern, dein Vater, meine Mutter, Susanne etwas miteinander geteilt haben, sie alle haben gegeben, ohne etwas zurückzuerwarten.” Und jetzt lebt das hier weiter in Felix. In dir, in uns. Vincent nickte langsam.
Ich glaube, du hast recht. Vielleicht war das das Vermächtnis meines Vaters, das Güte nicht endet. Sie wandert weiter. Draußen begann es leicht zu regnen. Die Tropfen perlten an den Fensterscheiben und der Garten glänzte im fahlen Licht der Laternen. Wincent sah hinaus, dann wieder zu ihr. Helena, du hast mir gezeigt, dass Vertrauen keine Schwäche ist.
Es ist Mut und Liebe ist nichts, was man plant, antwortete sie sanft. Sie passiert, wenn man endlich aufhört, sich zu fürchten.” Er lächelte, dieses echte ungeübte Lächeln, dass sie so selten von ihm gesehen hatte. “Ich habe mich lange gefürchtet”, sagte er leise. “Ich weiß, aber nicht mehr.” Er stand auf, trat heran, blieb jedoch respektvoll stehen.
Kein Wort zu viel, kein falsches Zeichen. Nur zwei Menschen, die alles durchlebt hatten, Schmerz, Verlust, Vergebung und jetzt begriffen, dass Vertrauen manchmal der größte Liebesbeweis ist. Helena legte ihre Hand auf seine. Danke, Vincent, wofür? Daß du mich gesehen hast, nicht als Angestellte, sondern als Mensch.
Er drückte ihre Hand leicht. Und danke, dass du mich wieder zu einem gemacht hast. Ein Jahr später. Die Villa war nicht mehr dieselbe. Wo einst Kälte geherrscht hatte, lebte nun eine Familie. Vincent hatte das Unternehmen teilweise an seine Partner übergeben, um mehr Zeit mit Felix zu verbringen. Helena arbeitete in der Stiftung, die sie gemeinsam gegründet hatten, das Albrechtweber Herzprojekt, das alleinerziehende Eltern und Pflegekräfte unterstützte.
Im Wohnzimmer hing noch immer der silberne Medaillonrahmen. Daneben ein neues Foto. Felix auf Helenas Schultern, winzent daneben lachend, ein Bild, das niemand hätte fälschen oder kaufen können. An diesem Abend saßen sie wieder auf der Terrasse, so wie damals. Der Himmel glühte in Abendrot. “Weißt du”, sagte Helena lächelnd.