Lisa McVey: Überlebensgeschichte eines jungen Mädchens, das der Hölle entkam

Im November 1984, in einer der dunkelsten Stunden ihres Lebens, stand die 17-jährige Lisa McVey am Abgrund. Sie hatte gerade eine Suizidnotiz geschrieben, als das Schicksal in die Quere kam. In den frühen Morgenstunden des 3. November wurde sie von Bobby Joe Long, einem Serienmörder, der zuvor bereits acht Frauen getötet hatte, entführt. Doch anstatt zu sterben, kämpfte Lisa um ihr Leben – und überlebte, um die Polizei zu dem Mörder zu führen, der sie gefangen hielt.

Ein Leben der Dunkelheit

Lisa McVey hatte schon lange mit den Schatten ihrer Vergangenheit zu kämpfen. In ihrer Kindheit hatte sie mit ihrer Mutter auf der Straße gelebt und war in prekäre Lebensumstände geraten. Mit 14 zog sie zu ihrer Großmutter, doch das Leben wurde noch düsterer. Der Freund ihrer Großmutter begann, sie sexuell zu missbrauchen, und obwohl ihre Großmutter von diesen Misshandlungen wusste, tat sie nichts dagegen. Als Lisa 17 Jahre alt war, entschied sie sich, ihr Leben zu beenden. Aber in der Nacht, in der sie sich auf den Tod vorbereitete, nahm das Schicksal eine grausame Wendung.

Die Entführung

Nach einem langen Arbeitstag bei Krispy Kreme fuhr Lisa mit ihrem Fahrrad nach Hause. Doch auf dem Weg dorthin sprang Bobby Joe Long aus dem Dunkeln, ergriff sie am Hals und zog sie in sein Auto. Er hielt ihr eine Waffe an den Kopf und sie wusste, dass ihr Leben nun in den Händen dieses Monsters lag.

In jenem Moment traf sie eine Entscheidung: “Ich werde kämpfen, um zu überleben”, sagte sie später. Es war, als würde eine höhere Macht ihr zuflüstern: „Nicht heute, du wirst nicht sterben. Nicht auf meiner Uhr.“

Die 26 Stunden des Grauens

Lisa wurde in Longs Wohnung gebracht, wo er sie fesselte, knebelte und blindfinkelte. Doch trotz des Schmerzes und der Angst behielt sie einen klaren Kopf. Sie versuchte, so viele Details wie möglich zu merken: den roten Teppich in Longs Auto, die weißen Sitze, das Wort “Magnum” auf dem Armaturenbrett. Als er sie missbrauchte, spürte sie kleine körperliche Merkmale, die ihr später helfen sollten, ihn zu identifizieren.

Doch das war nicht alles. Sie hinterließ ihre Fingerabdrücke überall in seiner Wohnung, in der Hoffnung, dass die Polizei später Beweise finden würde. Als sie später in Longs Auto das Nachrichtenprogramm über ihre Entführung sah, begann sie zu verzweifeln. Doch Long sagte: „Wenn du noch einmal schreist, muss ich dir eine Kugel in den Kopf setzen. Hör auf zu weinen.“

Der Kampf um das Überleben

Anstatt sich zu ergeben, begann Lisa, Fragen zu stellen, um eine Verbindung zu ihrem Entführer aufzubauen. Sie wollte wissen, was ihn dazu trieb, solch grausame Taten zu begehen, und versuchte, ihm menschliche Züge zu zeigen, indem sie ihm erzählte, dass sie für ihren kranken Vater sorgen musste. Obwohl sie nicht die Wahrheit sagte, gelang es ihr, Long davon zu überzeugen, sie am Leben zu lassen.

Nach 26 Stunden der Folter entschied Long sich, sie freizulassen. Doch bevor er sie entließ, fuhr er mit ihr zu verschiedenen Orten, unter anderem zu einem Geldautomaten und einer Tankstelle. Schließlich hielt er in einem Parkplatz nahe dem Haus ihrer Großmutter an und sagte, er lasse sie frei, weil sie für ihren Vater sorgen müsse. Er gab ihr eine letzte Anweisung: “Warte fünf Minuten, bevor du dein Blindfold abnimmst.”

Die Minuten zogen sich in die Länge. Als Lisa das Tuch endlich abnahm, stand sie vor einem mächtigen Eichenbaum. Frei. Die erste Wahl ihres Lebens. Sie rannte, voller Angst, dass er es sich anders überlegen könnte. Aber sie schaffte es, zurück zu ihrer Großmutter zu kommen – nur um dort auf mehr Gewalt zu stoßen.

Die Zweifel der Welt

Lisa versuchte, ihrer Großmutter und deren Freund die schrecklichen Erlebnisse zu erzählen. Doch anstatt ihr zu glauben, wurde sie stundenlang geschlagen. Erst als sie hartnäckig blieb und die Polizei rief, wurde ihre Geschichte ernst genommen. Doch auch bei den Ermittlern stieß sie zunächst auf Zweifel. Es war eine junge Frau, die aus einer zerrütteten Familie kam, und ihre Geschichte klang fast zu unglaublich.

Erst als sie mit dem Ermittler Larry Pinkerton sprach, der ihr schließlich glaubte, nahm die Sache Fahrt auf. Nach Tagen der Ermittlungen und des Nachdenkens konnte Lisa helfen, ein Bild von ihrem Entführer zu skizzieren. Durch die Details, die sie sich gemerkt hatte, wählte sie das Foto von Bobby Joe Long aus einer Reihe von Verdächtigen aus.

Die Verhaftung

12 Tage nach ihrer Entführung wurde Long verhaftet. Doch dies kam zu spät für zwei weitere Opfer, die er in den zwei Wochen nach Lisas Entführung tötete. Dank der roten Fasern aus Longs Auto, die an Lisas Kleidung und den Opfern gefunden wurden, konnte er mit den Morden in Verbindung gebracht werden. Long gestand schließlich den Mord an acht Frauen und zahlreichen weiteren Verbrechen.

Die Vergeltung

1985 wurde Bobby Joe Long verhaftet und zu 26 lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Doch das war nicht das Ende der Geschichte. Im Jahr 2019, fast 35 Jahre nach Lisas Entführung, wurde er für seine Verbrechen schließlich durch eine tödliche Injektion hingerichtet.

Ein neues Leben

Heute arbeitet Lisa McVey, die mittlerweile Lisa Noland heißt, als leitende Deputy im Büro des Sheriffs von Hillsborough County. Sie hat ihre eigene Familie gegründet und ist eine engagierte Sprecherin, die Schülern beibringt, wie sie sich schützen und gefährliche Situationen überleben können. Ihre Geschichte, die zunächst von vielen bezweifelt wurde, ist nun eine Geschichte des Überlebens, der Stärke und des Triumphs.

Lisa Noland ist heute ein lebendiges Zeugnis dafür, dass niemand sein Leben aufgeben sollte, egal wie ausweglos die Situation erscheinen mag. Sie hat nicht nur ihre eigene Geschichte überlebt, sondern kämpft nun dafür, dass auch andere aus den Tiefen der Verzweiflung herausfinden können.