Eine Bande ohne Zukunft – Wie der Sohn einer BVB-Legende, ein Kommissaranwärter und ein Oberligaspieler in eine Spirale der Gewalt abrutschten

Selten hat ein Prozess vor dem Dortmunder Landgericht derart viel öffentliche Aufmerksamkeit erregt wie dieser: Fünf junge Männer, alle erst Anfang 20, stehen seit Monaten vor der 31. Strafkammer. Sie sollen Männer in Fallen gelockt, brutal misshandelt, beraubt und in einem Fall sogar versucht haben, einen Menschen zu töten. Eine Geschichte, so erschütternd wie bizarr – und getragen von dem Umstand, dass gleich mehrere Angeklagte mehr als nur eine vielversprechende Zukunft in Händen hielten.

Denn unter den Beschuldigten befinden sich der Sohn einer Dortmunder Fußballlegende, ein mittlerweile suspendierter Kommissaranwärter und ein Oberligaspieler. Namen, die in einem Verfahren wegen Raub, gefährlicher Körperverletzung und versuchten Mordes eigentlich nichts zu suchen hätten. Doch genau hier beginnt eine der verstörendsten Kriminalgeschichten der vergangenen Jahre.


Die Anfänge: Eine Gruppe ohne Reife, dafür mit gesteigertem Gewaltpotenzial

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Nach Erkenntnissen der Ermittler beginnt alles im Frühjahr 2022. Eine lose Clique junger Männer, alle Jahrgang 2005, trifft sich regelmäßig. Was zunächst wie typische jugendliche Orientierungslosigkeit wirkt, kippt rasch in erschreckende Gewaltbereitschaft. Die Gruppe soll an einer U-Bahnhaltestelle eine Frau bedrängt, angefasst und geschlagen haben. Aus einem Grenzübertritt wird ein Vorbote für das, was folgen sollte.

Im Jahr darauf entwickelt die Gruppe eine perfide Masche: Unter falschen Identitäten – meist als junge Frauen – legen sie Profile auf der Datingplattform Knuddels an. Männer, die auf ein Treffen hoffen, werden zu abgelegenen Orten im Raum Dortmund gelockt. Dort lauert die Bande dann im Gebüsch oder hinter Autos, konfrontiert die Opfer, schlägt, tritt und beraubt sie. Oft filmen die Täter ihre eigene Brutalität. Es sind Szenen, die später im Gerichtssaal für entsetzte Blicke sorgen.


„Es sollte nur Spaß sein“ – ein Satz, der im Saal für Fassungslosigkeit sorgt

Besonders grausam ist der Überfall vom 7. Juni 2023. Ein Mann, in der Annahme, eine Frau treffen zu wollen, begibt sich in die Nähe des Westfalenstadions. Statt eines Dates erwartet ihn ein Hinterhalt. Als er flieht, schlagen ihm zwei Täter mit einem Hammer zweimal auf den Kopf. Die Schädelplatte bricht, Fragmente müssen entfernt werden. Nur eine Notoperation rettet sein Leben.

Das Opfer überlebt körperlich – doch sein Leben hat sich seither grundlegend verändert. Angstzustände, sozialer Rückzug, Verlust des Arbeitsplatzes. Ein Mann, der seit jener Nacht nicht mehr der gleiche ist.

Im Gerichtssaal löscht kein Angeklagter diesen Eindruck aus. Im Gegenteil: Als die schriftlichen Einlassungen verlesen werden – die jungen Männer wollten zunächst nicht selbst sprechen –, heißt es mehrmals, man habe „niemanden ernsthaft verletzen wollen“. Es sei „Spaß“ gewesen. Ein Satz, der angesichts gebrochener Nasenbeine, Blutergüssen, Platzwunden und einem beinahe getöteten Opfer wie blanker Hohn wirkt.


Die Täterprofile: Zwischen Kreisliga, Polizeikarriere und zerstörter Zukunft

Dortmund: Sohn von BVB-Legende lockt Männer in Dating-Falle | Regional |  BILD.de

Besonders im Fokus steht Nick R., der Sohn einer BVB-Ikone. Ein junger Mann, der selbst Fußball spielte, mit guten Chancen auf eine stabile berufliche Zukunft. Doch statt sportlicher Ambitionen dominieren nun die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. R. soll an sieben der acht angeklagten Taten beteiligt gewesen sein – teils führend.

Ein weiterer Angeklagter, ein 19-jähriger Kommissaranwärter, verliert seine Karriere, bevor sie richtig beginnt. Die Polizei entlässt ihn nach seiner Festnahme mit sofortiger Wirkung. „Ich habe durch meine Fehler mein Leben zerstört“, sagt er – ein Satz, der zwischen Reue und Erschütterung schwebt, jedoch nichts an der Realität der Taten ändert.

Auch der Oberligaspieler und ein weiterer Beteiligter, ein junger Mann marokkanischer Herkunft, müssen sich massiven Vorwürfen stellen. Besonders brisant: Laut Anklage soll gerade der marokkanische Angeklagte derjenige gewesen sein, der im schwersten Fall zweimal mit dem Hammer zuschlug.


Der Prozess: Chaos, Ausreden, psychische Belastung – und viele Zuschauer

Die Gerichtssäle sind voll. Freunde, Angehörige, Medien – alle wollen sehen, wie aus ambitionierten jungen Männern mutmaßliche Gewalttäter wurden. Doch der Prozess verläuft chaotisch.

Einer der Angeklagten erscheint nicht, angeblich wegen Erkrankung. Die Verteidigung legt halb ausgefüllte Atteste vor – ohne Unterschrift, ohne genaue Diagnose. Der Vorsitzende Richter reagiert scharf: „Nicht im Ansatz ausreichend.“ Die Kammer droht mit Vorführung. Erst eine Stunde später sitzt der 19-Jährige schließlich vor Gericht, desorientiert, nervös, offenbar unter Medikamenteneinfluss.

Ein psychiatrisches Gutachten wird beantragt. Die Verteidigung spricht von psychischen Störungen. Beobachter fragen, ob man nicht ebenso laut über das psychische Leid der Opfer sprechen müsste.

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