Die Vernehmungen: Reue, Schweigen, Widersprüche

Mittlerweile ist klar: Die Angeklagten wollen größtenteils schweigen – zumindest vorerst. Stattdessen lassen sie schriftliche Erklärungen verlesen. Dort fällt regelmäßig das Wort „Scham“. Man entschuldige sich, heißt es. Man habe alles unterschätzt. Man habe niemandem “wirklich schaden“ wollen.

Doch auch Widersprüche ziehen sich durch die Aussagen. Einige Angeklagte behaupten, sie hätten Männer „im Sinne ihrer kleinen Schwester zur Vernunft bringen wollen“, andere sprechen vage von Orientierungslosigkeit. Wieder andere schieben die Verantwortung auf Gruppendynamik.

Der Richter konfrontiert die Gruppe mit ihren Einträgen im Bundeszentralregister: Körperverletzung, Urkundenfälschung, Beleidigung – Fälle, die nie zu Anklagen führten, aber ein Bild zeichnen. Ein Bild von jungen Männern, die immer wieder Grenzen überschritten und offenbar nie Konsequenzen spürten.

Was bleibt? Ein Prozess, der Fragen stellt – und Schicksale, die nicht mehr rückgängig zu machen sind

Noch ist unklar, wie lange der Prozess dauern wird und welche Strafen am Ende stehen. Da die meisten Angeklagten zur Tatzeit noch nicht volljährig waren, drohen Jugendstrafen – auch im Falle des versuchten Mordes. Möglich sind Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren.

Klar ist aber schon jetzt: Für viele der Beteiligten ist ihr Leben aus den Fugen geraten. Karrierewege sind vernichtet, Familien zutiefst erschüttert. Vor allem jedoch bleiben verletzte Männer zurück, deren Leben durch eine einzige, perfide Falle nachhaltig zerstört wurde.

Eine Frage steht über allem: Wie konnte eine Gruppe junger, scheinbar chancenreicher Menschen in eine derart brutale Gewaltspirale hineinrutschen? Eine Antwort darauf hat bislang niemand gegeben – weder vor Gericht noch außerhalb.

Fest steht: Die Urteile werden kommen. Doch die seelischen Trümmer, die dieser Fall hinterlassen hat, werden noch lange spürbar sein.