„Mit 88 gesteht er es endlich“ – Robert Redford und die späte Gewissheit einer großen Liebe

Robert Redford ist vieles: Hollywood-Legende, Oscar-Preisträger, Regisseur, Festivalgründer, Umweltaktivist. Vor allem aber ist er ein Mann, dessen Leben von intensiver Liebe, bitterem Verlust und einer beharrlichen künstlerischen Suche geprägt wurde. Jetzt, im hohen Alter von 88 Jahren, blickt Redford zurück – und spricht so klar wie nie darüber, wer die „Liebe seines Lebens“ ist: die in Deutschland geborene Künstlerin Sibylle Szaggars. Es ist ein spätes, schlichtes Eingeständnis – und doch erzählt es eine ganze Lebensgeschichte.
Frühe Jahre: Liebe, Hoffnungen – und ein erster, unheilbarer Riss
Bevor Redford zur Ikone wurde, war er ein junger Mann auf der Suche nach Richtung. Aus Europa zurückgekehrt, voller Unruhe und Neugier, begegnete er Lola Van Wagenen. Klug, eigenständig, ehrgeizig – sie sah in ihm mehr als nur das Versprechen eines Talents. 1958 heirateten beide in kleinem Kreis im Haus von Lolas Großmutter. Fernab von Glanz und Glamour begannen zwei junge Träumer, sich eine gemeinsame Zukunft aufzubauen.

Doch kurz nach dem Start ins Familienleben traf sie ein Schicksalsschlag, der alles veränderte. Ihr erster Sohn, Scott Anthony, starb 1959 nur wenige Wochen nach der Geburt am plötzlichen Kindstod. Für Redford, der sich immer als freiheitsliebend begriffen hatte, wurde diese Trauer zur lebenslangen Narbe – und zur schmerzhaften Erinnerung an die Zerbrechlichkeit des Daseins. Beide hielten einander fest, verwandelten Schmerz in Kraft und bauten weiter: Tochter Shauna (*1960), Sohn James (*1962) und Tochter Amy folgten – jede und jeder von ihnen trug später die kreative Ader der Eltern weiter.
Parallel explodierte Redfords Karriere. In den späten 1960ern und 1970ern spielte er sich in die Filmgeschichte: „Butch Cassidy and the Sundance Kid“, „The Sting“, „The Way We Were“, „All the President’s Men“ – Titel, die seinen Ruhm zementierten. Der Preis für den Erfolg: wachsende Abwesenheit. Drehs, Promotion, Verpflichtungen – und eine Ehe, die mehr und mehr zwischen Öffentlichkeit und Privatheit zerrieben wurde.
Abstand, der bleibt – und Respekt, der nicht verschwindet
Lola Van Wagenen blieb nie bloß „die Frau an seiner Seite“. Sie studierte Geschichte, engagierte sich früh in Umwelt- und Bildungsfragen und entwickelte ihre eigene Stimme. Dennoch frästen Distanz und Berühmtheit einen Keil in die Beziehung. Anfang der 1980er-Jahre geriet die Ehe ernsthaft ins Wanken. Redford widmete sich nicht nur dem Spiel vor der Kamera, sondern auch dem Inszenieren, Produzieren und seinem wachsenden Aktivismus. 1981 gründete er das Sundance Institute und wenig später das Sundance Film Festival – ein Projekt, das unzähligen unabhängigen Filmemacherinnen und Filmemachern ein Sprungbrett gab, ihn selbst aber noch stärker band.
Mitte der 1980er trennten sich Robert und Lola. Keine Eruption, keine öffentliche Schlammschlacht – eher eine ruhige Anerkenntnis, dass sich Lebenswege auseinanderentwickelt hatten. Der Respekt blieb, die Elternschaft verband, und jeder ging seinen eigenen Weg weiter.
Romanzen im Rampenlicht – Lektionen außerhalb der Ehe
Nach der Scheidung begann für Redford eine neue Phase – frei, aber exponiert. Er datete prominente Frauen wie Sonia Braga; es gab eine romantische Episode mit Lena Olin. Beziehungen, die künstlerische Seelenverwandtschaft erkennen ließen, aber nicht dauerhaft trugen. Länger hielt es ihn in den 1990ern an der Seite von Cathy Oer, die hinter den Kulissen der Branche arbeitete. Fünf Jahre Stabilität, Ruhe, Normalität – doch die Frage nach einer zweiten Ehe stellte sich damals noch nicht. Ohne Drama trennten sie sich, als klar wurde, dass ihre Wege in unterschiedliche Richtungen wiesen.
All diese Jahre, so sagt Redford heute, seien nicht vergeudet gewesen. Sie hätten ihm gezeigt, was er suche: nicht nur Leidenschaft, sondern Tiefe; nicht nur Nähe, sondern geteilte Werte – Kunst, Natur, Verantwortung.
Sibylle Szaggars: Eine Liebe, die anders ist
:max_bytes(150000):strip_icc():focal(959x584:961x586)/robert-redford-sibylle-szaggars-1-641285245b14448b81db9cc6fda65573.jpg)
Ende der 1990er kreuzten sich in Redfords geliebtem Sundance Mountain Resort zwei Wege, die schon lange parallel liefen. Szaggars, Malerin mit starkem Umweltethos, suchte nicht das Rampenlicht. Ihre Gespräche mit Redford kreisten um Kunst, Philosophie, Natur – nicht um Ruhm. Bezeichnend: Als sie sich näherkamen, schaute sie erst einige seiner Filme an. Nicht als Fan, sondern um den Menschen hinter der ikonischen Leinwandfigur zu verstehen. Beim ersten Abendessen sprach Redford kein Wort über seine Karriere. Zum ersten Mal seit Langem war er einfach: Robert.
Aus der Anziehung wuchs Vertrautheit, aus Vertrautheit ein gemeinsamer Alltag. Über Jahre. Kein Rausch, der schnell verglüht, sondern eine ruhige Flamme, die Wärme spendet. Szaggars brachte etwas, das Redford fehlte: Frieden. Sie verstand, dass er Freiheit brauchte, um zu schaffen – und Halt, um zu bleiben. Beide teilten die Überzeugung, dass Kunst Veränderung anstoßen kann und dass Natur Zuflucht ist.
2009 heirateten sie in Hamburg – leise, privat, sinnbildlich. Keine Inszenierung, kein Blitzlichtgewitter, sondern ein Versprechen zwischen zwei Menschen, deren Lebenslinien nun bewusst zusammenliefen. Mehr als ein romantischer Akt, war es für Redford die Bestätigung einer späten, aber tiefen Partnerschaft.
Liebe, Verlust – und ein Vermächtnis
So stabil die Jahre mit Szaggars waren, so gnadenlos blieb das Leben. 2020 starb Redfords Sohn James an den Folgen einer Krebserkrankung. Für den Vater, der schon 1959 den Tod seines ersten Kindes verkraften musste, war es ein erneuter, unermesslicher Schlag. James hatte als Dokumentarfilmer und Aktivist seine eigene Spur hinterlassen, das Redford Center mitgegründet und Themen wie Bildung, Umwelt und soziale Gerechtigkeit vorangetrieben. In dieser dunkelsten Zeit war Szaggars Redfords Halt – still, unerschütterlich, präsent.
Gemeinsam weiteten beide ihren Aktivismus aus. Mit Projekten wie „The Way of the Rain“ verbanden sie Kunst, Musik und Umweltbewusstsein – ein Ausdruck der gemeinsamen Überzeugung, dass Ästhetik und Verantwortung keine Gegensätze sind. Auch nachdem Redford 2018 seinen Rückzug von der Schauspielerei verkündete, blieb sein Engagement lebendig: weniger Leinwand, mehr Wirkung.
Ein spätes Bekenntnis – und was es bedeutet
„Sie hat mir ein völlig neues Leben geschenkt“, sagt Redford über Szaggars. Es ist kein pathetischer Satz, eher eine leise Inventur. Was er meint: Nicht ein zweiter Frühling im Klischeesinne, sondern ein Fundament. Ein Miteinander, in dem nicht Ruhm oder Rolle zählen, sondern Blickrichtung und Werte. Im Rückspiegel seines Lebens erscheinen die Kapitel klar: Die prägenden Jahre mit Lola, die Wunden der Verluste, die Lektionen der Romanzen – und schließlich die Ruhe einer Partnerschaft, die auf Respekt, Freundschaft und gemeinsamer Mission beruht.
Dass Redford die „Liebe seines Lebens“ heute so benennt, nimmt nichts von der Bedeutung früherer Beziehungen. Es sortiert. Es würdigt. Und es erklärt, weshalb sein Spätwerk – als Regisseur, als Mentor, als Aktivist – so oft vom Bewahren handelt: der Natur, der Geschichten, der Würde.
Die dauerhafte Spur: Kunst als Haltung

Redfords filmisches Erbe ist unbestritten – von „Jeremiah Johnson“ über „Der Clou“ bis „All the President’s Men“; als Regisseur mit „Ordinary People“; als Förderer des unabhängigen Kinos mit Sundance. Doch vielleicht ist die unbeirrbare Haltung sein eigentlicher roter Faden: Kunst als gesellschaftliche Aufgabe zu sehen, nicht als Selbstzweck. In dieser Haltung spiegeln sich seine Lebensentscheidungen – und am deutlichsten seine späte Liebe.
Denn Liebe, so erzählt diese Biografie zwischen Leinwand und Lebenskrisen, ist mehr als eine Episode. Sie ist ein Rahmen. Mit Sibylle Szaggars hat Robert Redford diesen Rahmen gefunden: künstlerisch, ökologisch, menschlich. Und so klingt sein spätes Geständnis nicht nach Sensation, sondern nach Wahrheit. Eine Wahrheit, die in der Ruhe eines langen Weges liegt.
Am Ende bleibt das Bild eines Mannes, der viel war – Star, Vater, Gründer, Erzähler – und der doch vor allem eines suchte: Sinn. Die Antwort fand er nicht in Preisen oder Premieren, sondern in einer Partnerschaft, die seine Werte teilte und seinen Blick schärfte. Mit 88 Jahren sagt Robert Redford, was sein Leben längst gezeigt hat: Die Liebe seines Lebens ist jene, die ihn sein lässt – und mit ihm etwas Größeres baut.