
BSW-Fraktionsvorsitzender Lüders in Potsdam: »Wir sind deshalb nicht gespalten«
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»Autoritäre Tendenzen« und »radikalisierte Positionen« : Vier Abgeordnete im Brandenburger Landtag sind aus dem BSW ausgetreten. Jouleen Gruhn, Melanie Matzies, André von Ossowski und Reinhard Simon wollen jedoch parteilos in der Fraktion bleiben, berichtet die dpa. Zuvor berichteten »Tagesspiegel« und »Nordkurier«.
»Autoritäre Tendenzen prägen zunehmend mehr das innerparteiliche Klima, der Druck auf Abgeordnete wächst, während offene Diskussionen und die Einbindung unterschiedlicher Stimmen in den Hintergrund treten«, heißt es in der Erklärung der vier Abgeordneten. »Es dominieren radikalisierte Positionen – ein Kurs, der weder dem Anspruch einer pluralistischen Bewegung noch dem einer demokratischen Partei gerecht wird.«
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) äußerte sich zunächst nicht. SPD-Fraktionschef Björn Lüttmann zeigte sich überrascht. Trotz der Parteiaustritte sieht er aber, »dass es in der Erklärung der vier ausgetretenen ehemaligen BSW-Mitglieder ein klares Bekenntnis zur Koalition gibt«. Am Mittwoch will die SPD-Fraktion mit den BSW-Fraktionsspitzen sprechen. Die SPD-Fraktion ist mit 32 Sitzen im Brandenburger Landtag vertreten, das BSW mit 14 Sitzen. Der SPD-BSW-Mehrheit von 46 Sitzen stehen 42 Sitze der Opposition entgegen, 30 Sitze der AfD sowie 12 Sitze der CDU.
BSW-Fraktionschef Niels-Olaf Lüders sieht seine Fraktion trotz der Austritte nicht als zerrissen an: »Wir haben Diskussionen, die durchaus auch heftig sind, aber wir sind deshalb nicht gespalten«, sagte er der »Märkischen Allgemeinen«.
Die Koalition war wegen des Streits über zwei Medienstaatsverträge in die Krise geraten. Dabei geht es um die Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio sowie um mehr Jugendmedienschutz. Die BSW-Fraktion hatte mehrheitlich angekündigt, im Landtag dagegen zu stimmen. Sie fordert eine weitgehendere Reform und befürchtet bei den Plänen zum Jugendmedienschutz übermäßige staatliche Eingriffe.
Die BSW-Fraktion war gespalten: In einer internen Abstimmung votierte die Mehrheit in der vergangenen Woche mit neun Stimmen gegen die Staatsverträge, drei enthielten sich, einer war dafür. BSW-Minister Crumbach hatte mit dem Kabinett im Frühjahr den Verträgen zugestimmt. Der BSW-Bundesvorstand lehnte sie Anfang November ab. Dann eskalierte der Streit: Vier Abgeordnete stellten einen Misstrauensantrag gegen den Fraktionsvorstand um den Vorsitzenden Lüders.
Für den Hauptausschuss – eine Vorabstimmung – wird erwartet, dass Crumbach mit Ja stimmt, BSW-Fraktionschef Lüders mit Nein. Bei der Entscheidung im Landtag will die BSW-Fraktion laut Lüders am 19./20. November mehrheitlich mit Nein stimmen.
Einen Tag zuvor hatte Sahra Wagenknecht angekündigt, dass sie den BSW-Vorsitz abgibt , aber eine führende Rolle in der Partei behalten möchte. Den SPIEGEL-Leitartikel zum Rückzug Wagenknechts lesen Sie hier.