West Lafayette – Ein silbrig glänzender Schatten in der türkisblauen Südsee entfacht neue Hoffnung im größten Luftfahrt-Rätsel des 20. Jahrhunderts: Ist das Amelia Earharts verschollenes Flugzeug?

Amelia Earhart war in den 1930er-Jahren der Superstar der Lüfte: die erste Frau, die allein über den Atlantik flog. 1937 wollte sie als erste Pilotin die Erde umrunden – doch bei der letzten Etappe verschwand sie mitsamt Navigator Fred Noonan. Ihr Ziel war ein Tankstopp auf der winzigen Insel Howland im Pazifik. Doch dort kam sie nie an. „Wir fliegen hin und her!“ Das waren die letzten Worte über Funk von Amelia Earhart (†39) am 2. Juli 1937. Die Suche nach ihnen und dem Wrack blieb erfolglos – bis heute. Ein Cold Case.

US-Wissenschaftler glauben, den Hauptrumpf und das Heck von Earharts vermisstem Flugzeug gefunden zu haben

US-Wissenschaftler glauben, den Hauptrumpf und das Heck von Earharts vermisstem Flugzeug gefunden zu haben

Foto: Purdue Research Foundation/Archaeological Legacy Institute

Drohnen, Satelliten und Flugzeuge lieferten jetzt neue Bilder: In einer flachen Lagune von Nikumaroro (Kiribati) liegt ein lang gezogenes Metallteil, rund zwölf bis 13 Meter groß – und verblüffend ähnlich dem Rumpf und Heck einer Lockheed Electra 10E: genau der Maschine, mit der Earhart unterwegs war. Nikumaroro liegt auf halber Strecke zwischen Hawaii und Australien, 400 Meilen (ca. 644 km) südöstlich von Howland Island – dem Etappenziel von Amelia Earhart und Fred Noonan.

Amelia Earhart vor ihrem letzten Start am 2. Juli 1937 am Lae Airfield in Lae auf Papua-Neuguinea

Amelia Earhart vor ihrem letzten Start am 2. Juli 1937 am Lae Airfield in Lae auf Papua-Neuguinea

Foto: akg-images / Science Source

Die Purdue University aus dem US-Bundesstaat Indiana plant zusammen mit dem Archaeological Legacy Institute (ALI) ab 4. November eine Expedition zu der unbewohnten Insel, um das Flugzeug zu finden. Der Name der Expedition: Taraia Object Expedition. Von Majuro aus, der Hauptstadt der Marshallinseln, reist ein 14-köpfiges Team zu dem mysteriösen Objekt in der Lagune. Mit dabei: Unterwasser-Scanner, Kameras – und die Hoffnung, Metallteile oder Seriennummern zu finden. Dann könnte endlich klar sein, ob es sich wirklich um Earharts Maschine handelt. „Was wir hier haben, ist vielleicht die größte Chance aller Zeiten, den Fall endlich abzuschließen“, sagte Richard Pettigrew, der Direktor des ALI.

Die Hoffnung ist groß: Aufnahmen aus dem Jahr 1938 zeigten schon damals an genau der Stelle eine unregelmäßige Struktur. Möglich, dass ein Zyklon das Objekt freispülte und erst dadurch sichtbar machte.

Die letzte Reise von Amelia Earhart

So berichtete der Columbus Evening Dispatch am 3. Juli 1932 über den letzten Funkspruch von Amelia Earhart: „S.O.S. Wir können nicht lange durchhalten!“

So berichtete der Columbus Evening Dispatch am 3. Juli 1937 über den letzten Funkspruch von Amelia Earhart: „S.O.S. Wir können nicht lange durchhalten!“

Foto: picture alliance/United Archives

Einige Experten glauben: Earhart und Noonan starben nicht sofort beim Absturz. Sie sollen auf dem abgelegenen Atoll notgelandet und möglicherweise tagelang am Leben geblieben sein. Dafür spricht: Schon bei einer Expedition 1937/38 fanden Forscher auf dem angeblich unbewohnten Eiland menschliche Spuren, u. a. ein „overnight bivouac“,ein provisorisches Lager. Jahre später entdeckten Forscher auf Nikumaroro weitere Gegenstände aus den 1930ern: eine Make-up-Flasche, einen Frauenschuh, Arzneifläschchen. Alles Hinweise, die laut US-Medien auf einen möglichen Aufenthalt einer Frau hindeuten – vielleicht von Amelia Earhart.

Die Expedition im November könnte dieses Rätsel nach 88 Jahren endlich lösen.

Amelia Earhart steht winkend auf der Targfläche ihrer Lockheed Electra 10E. Die zweimotorige Propeller-Maschine konnte bei 300 km/h Reisegeschwindigkeit und dank Zusatztanks bis zu 4000 Kilometer weit fliegen

Amelia Earhart steht winkend auf der Tragfläche ihrer Lockheed Electra 10E. Die zweimotorige Propeller-Maschine konnte bei 300 km/h Reisegeschwindigkeit und dank Zusatztanks bis zu 4000 Kilometer weit fliegen

Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS