Der Zuchtkeller der Albrecht-Schwestern — 28 Männer verschwanden im Schwarzwald 1899

Seine Familie in Würtemberg wartete über den Winter vergeblich, glaubte an einen Unfall oder daran, dass er weiter nach Westen gezogen sei. Doch als im Frühjahr kein Lebenszeichen kam, meldeten sie ihn als vermisst. Männer verschwanden in diesen Bergen oft gestürzt. erfroren oder von Tieren zerrissen. Niemand wunderte sich, wenn einer nicht zurückkehrte.

Die Berge nahmen, was sie wollten. Doch bis zum Frühjahr 1899 waren sieben Männer im gleichen Gebiet spurlos geblieben. Alle erfahrene Fallensteller, alle kannten das Terrar und keiner hinterließ Spuren, keine Lagerstätte, keine Ausrüstung, keine Leiche. Im Frühjahr des Jahres9 lagen die Akten der Vermissten auf dem Tisch von Bezirkswachtmeister Ernst Riedel in der Kreisstadt Willingen.

Riedel, ein Mann von 42 Jahren, trug die Ruhe und Härte eines Menschen, der mehr sah, als er je erzählen würde. Er hatte 15 Jahre in der Landarmerie gedient, nachdem er als junger Soldat aus dem Krieg von 70 mit einer Verletzung am Bein zurückgekehrt war, die ihn Zeitlebens humpeln ließ.

Doch seine Augen, kalt, wachsam, unerbittlich, entging nichts. Er war ein Mann, der Muster sah, wo andere Zufall witterten. Sieben erfahrene Männer, alle in weniger als zwei Jahren verschwunden. Alle in einem Gebiet von kaum 50 Quadrkm entlang des oberen Kindsigtals. Riedel wusste, dass das kein Zufall war.

Er verbrachte Wochen damit, jede Meldung durchzugehen, mit Angehörigen zu sprechen, alte Karten zu studieren. Bald ergab sich ein Muster. Alle Männer waren in der Nähe des abgelegenen Albrechthofs verschwunden. Einige Dorfbewohner hatten in jener Gegend seltsame Lichter gesehen, Rauch aus dem Wald aufsteigen, Stimmen gehört, wo keine Menschen lebten. Aber niemand hatte sich näher herangewagt.

Die Berge dort waren steil, von Felsen durchzogen und nur ein einziger Pfad führte in das Tal, in dem die Schwestern lebten. Riedel beschloss, der Sache selbst nachzugehen. Ende April machte er sich mit einem einheimischen Führer, dem alten Holzfäller Hans Ketterer, auf den Weg. Der Pfad war beschwerlich.

Zwei Tage lang kletterten sie über rutschige Hänge und durch Nebel, der sich wie kalter Atem aus dem Wald wälzte. Die Albrechts, sagte Ketterer während des Aufstiegs, sind nicht recht von dieser Welt. Der Alte war schon wunderlich, aber die Töchter, sie reden von Engeln und Blut, als wä es dasselbe. Riedel schwieg, doch das Unbehagen nagte an ihm.

Am Abend des zweiten Tages erreichten sie den Hof. Das Haus war aus dunklem Tannenholz gebaut, das Dach schwer vom Moos, als habe es seit Jahren keinen Sonnenstrahl gesehen. Aus dem Schornstein stieg dünner Rauch. Die Schwestern traten hinaus, als sie Schritte hörten.

Magdalena Albrecht war groß, ungewöhnlich groß, fast man hoch, mit schmalem Gesicht und grauen Augen, die riedelräuch und ohne Furcht musterten. Friederike stand einen Schritt hinter ihr. mager, schweigsam, die Hände fest ineinander verschränkt. Ried stellte sich vor, erklärte, dass er Nachforschung zu einigen verschwundenen Männern anstelle. Magdalena nickte, zeigte kein Anzeichen von Überraschung.

“Fallensteller kommen hier oft vorbei”, sagte sie mit ruhiger Stimme. “Manche trinken einen Schluck, manche fragen nach Wegweisern. Wir sehen sie kommen und gehen.” Sie sprach langsam, beinahe feierlich und streute Bibelzitate in ihre Antworten, als wären sie Schutzformeln. Wer in den Wald geht, der Vertraue auf den Herrn.

Nicht jeder, der hinauszieht, kehrt zurück. Ried fragte weiter, nannte Namen der Vermissten. Magdalena erinnerte sich an einige, gab plausible Erklärungen. Einer habe von einer Reise nach Bayern gesprochen, ein anderer sei mit der Bahn nach Frankreich aufgebrochen. Alles klang vernünftig, zu vernünftig.

Riedel fiel auf, dass die Frauen einfache geflickte Kleider trugen. Doch im Inneren des Hauses glänzten gute Werkzeuge, feines Porzellan und auf dem Tisch lagen Stoffe, wie man sie nur in der Stadt bekam. Er bat, den Hof zu sehen. Magdalena willigte sofort ein, führte ihn in die Scheune, in den Stall, zeigte ihm den alten Kupferkessel ihres Vaters.

Related Posts

Our Privacy policy

https://worldnews24hr.com - © 2025 News