Der Zuchtkeller der Albrecht-Schwestern — 28 Männer verschwanden im Schwarzwald 1899

Gegen Nachmittag erreichten sie den Albrechhof. Es war still. Kein Vogel sang, kein Hund bälte, nur dünner Rauch stieg aus dem Schornstein. Riedel rief laut, nannte seinen Namen, forderte die Schwestern auf, herauszukommen. Da öffnete sich im Hang hinter dem Haus eine Holztür und Magdalena Albrecht trat hervor.

Sie war blass, fast weiß, ihre grauen Haare flatterten im Wind. Für einen Moment sah sie die Männer schweigend an. Dann griff sie in ihr Mieder, zog ein kleines Fläschchen hervor und trank den Inhalt in einem Zug. Riedel stürzte vor, doch es war zu spät. Sie fiel zu Boden, krampfte, Schaum trat aus ihrem Mund. Binnen Minuten war sie tot.

Aus der Finsternis hinter der Tür kam Friederike, in der Hand ein Jagdmesser, die Augen glühend vor Hass. Sie sprang auf den nächsten Marshall zu. Der Schuss fiel so schnell, daß niemand reagieren konnte. Friederike brach zusammen, getroffen in die Brust. Riedel kniete neben ihr, doch auch sie war Binnenugenblicken tot. Stille senkte sich über das Tal.

Niemand sprach, nur der Wind strich über das nasse Gras, als wolle er flüstern. Es ist noch nicht vorbei. Nachdem die Schwestern tot waren, blieb den Männern keine Zeit für Erleichterung. Sie standen vor der schwarzen Öffnung im Fels, aus der Friederike gekommen war. Ein widerlicher süßlicher Geruch drang heraus, eine Mischung aus feulnis, kaltem Stein und etwas, das keiner von ihnen benennen wollte.

Riedel befahl, Fackeln zu entzünden. Langsam stiegen sie hinab in eine Welt, die kein Sonnenstrahl je berührt hatte. Der Gang war schmal, kaum manns hoch, die Wände robe Hauen. In den Tropfen, die von der Decke fielen, glitzerte das Licht der Fackeln wie Blut. Nach wenigen Schritten stießen sie auf die erste Kammer, ein niedriger Raum, dessen Boden mit Stroh bedeckt war.

An den Wänden Eisenringe, daran Ketten. Leere Fesseln hingen herab, manche noch feucht von Schweiß oder Blut. Heilige Mutter Gottes”, murmelte einer der Marschelle. In der zweiten Kammer fanden sie einen Tisch, auf dem Metallinstrumente lagen. Grob, rostig, aber eindeutig chirurgisch. Schalen mit eingetrocknetem Inhalt, Bündel aus Stofffetzen, Spritzen, die aussahen, als seien sie aus einer anderen Zeit. Dr.

Falkenstein, der sie begleitet hatte, er bleichte. “Das hier war kein Zufall”, sagte er. “Das war Planung, System.” Weiter hinten, hinter einem niedrigen Durchgang, stießen sie auf Geräusche. Erst leises Wimmern, dann Kinderstimmen. Als sie die Fackel hoben, schrien drei Gestalten auf.

Kinder, nicht älter als sieben Jahre, nackt, blaß wie Knochen, die Augen weit geöffnet und rot vom Dunkel. Sie drängten sich in die Ecke, wichen dem Licht aus, als wäre es Feuer. Falkenstein ging langsam vor, sprach leise, reichte die Hand. Die Kinder zitterten, wichen zurück. Doch schließlich wagte eines, ein Mädchen mit verfilztem Haar, einen Schritt. Ihr Atem war kurz und rasselnd, als habe sie nie frische Luft geatmet.

Die Männer standen still. Keiner wagte zu sprechen. “Sie sind geboren hier unten”, flüsterte Falkenstein. “Diese Kinder haben nie das Tageslicht gesehen.” Als sie die Kleinen hinausführten, kreischten sie vor Angst. Der Himmel, das Licht, der Wind, all das war ihnen fremd, bedrohlich.

Sie klammerten sich aneinander, schrien wie Tiere. Draußen brach die Dämmerung an und die Fackeln flackerten im Wind. Riedel gab den Befehl, das gesamte System zu durchsuchen. Drei Stunden lang arbeiteten sich die Männer durch Tunnel und Kammern, immer tiefer, bis die Luft stickig wurde. Was sie fanden, überstieg jede Vorstellung.

In den hinteren Räumen lagen Körper, Männer, eingestürzt, skelettiert, einige noch mit Resten von Kleidung, an der Zahl, manche gefesselt, andere frei. Doch alle tot seit Monaten oder Jahren. Dr. Falkenstein notierte die Funde gewissenhaft. Einige Leichen konnte man durch persönliche Gegenstände identifizieren. Messer, Gürtelschnallen, Amulette.

Unter ihnen war auch der Name, der am längsten auf Riedels Liste gestanden hatte, Robert Fink. Sein Schädel lag neben einer zerbrochenen Falle aus Stahl. In einer der letzten Kammern fanden sie eine Holztruhe, darin Hefte, sorgfältig gebunden, auf dem Umschlag das Werk Gottes. Ma Riedel öffnete sie und die Luft schien stillzustehen.

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