Inzestuösen Schwestern, die ihren Vater im Keller in Ketten hielten—Schreckliche Rache (1877)

Wer so handelt, ist kein Vater, sondern ein Götzendiener seines eigenen Willens. Dann wandte er sich den Schwestern zu. Diese Frauen haben gesündigt, ja, aber sie haben nicht aus Bosheit gesündigt, sondern aus Notwehr. Und Notwehr, selbst in den Bergen bleibt ein Recht, das über jedem anderen Gesetz steht. Als er endete, stand niemand auf.

Doch im Saal herrschte jene Art von Stille, die schwerer wiegt als jedes Geräusch. Draußen war der Himmel klar geworden und der Schnee hatte aufgehört. Das Licht der sinkenden Sonne fiel durch die hohen Fenster und zeichnete lange Schatten über die Bänke, wie Fesseln, die sich langsam lösten. Der siebte und letzte Verhandlungstag begann am Morgen des 21. April 1878.

Über Trier lag dichter Nebel, als wolle der Himmel selbst verschleiern, was die Menschen gleich entscheiden würden. Schon vor Sonnenaufgang hatte sich eine Menge auf dem Gerichtsplatz versammelt. Frauen mit Kopftüchern hielten Rosen in den Händen. Männer standen schweigend, die Mützen in der Faust.

Niemand sprach laut. Die Luft war schwer von Erwartung. Drin nahm Richter von Dürnberg seinen Platz ein. Sein Gesicht war bleich, die Stimme rau. Das Gericht wird heute das Urteil verkünden. Zuerst wurde Elias Moritz Rabe hereingeführt. Er wirkte kleiner als zuvor. Der Bart grauer, der Blick leer.

Kein Anzeichen von Reue, kein Gebet auf den Lippen, nur ein kaltes trotziges Funkeln. Die drei Schwestern wurden als Zeugin nicht mehr aufgerufen, doch sie durften anwesend sein. Sie saßen nebeneinander, schwarz gekleidet, die Hände ineinander verschränkt. Klara hielt einen Rosenkranz. Barmherzige blickte auf den Boden. Temperenz sah starr auf die Fenster.

Der Staatsanwalt Brenner erhob sich. Euer Ehren, meine Herren Geschworenen, wir stehen hier nicht nur vor einem Mann, sondern vor einer Idee, der Vorstellung, dass Macht göttlich sein darf, wenn sie sich selbst rechtfertigt. Elias Rabe hat seine Familie nicht aus Unwissenheit zerstört, sondern aus Berechnung. Er missbrauchte den Glauben als Werkzeug der Herrschaft.

Es liegt an ihnen, diesem Irrtum ein Ende zu setzen. Dann wandte er sich den Geschworenen zu. Aber auch die Schwestern, so sehr sie Opfer sind, müssen beurteilt werden. Nicht nach dem Gesetz der Strafe, sondern nach dem der Notwehr. Sie haben gehandelt, weil kein anderes Gericht sie schützen konnte.

Sie haben das Böse in Ketten gelegt, als das Gesetz schwieg. Wenn das Sünde ist, dann ist Schweigen ein Verbrechen. Als Brenner sich setzte, herrschte lautlose Stille. Der Verteidigertoren sprach kurz, fast tonlos. Möge das Gericht milde walten lassen. Für die Schwestern, weil sie erlitten, was kein Mensch ertragen sollte.

Für den Vater, weil Wahnsinn keine Strafe verdient. Doch selbst in seinen Augen lag kein Glaube an diese Worte. Der Richter lehnte sich zurück, sah über den Saal hinweg. Die Geschworenen ziehen sich zur Beratung zurück. Zwei Stunden verging. Draußen begann die Sonne durch den Nebel zu dringen und auf dem Platz warteten hunderte.

Einige beteten, andere standen schweigend, manche hielten sich an den Händen. Als die Glocke schlug, öffnete sich die Tür und die zwölf Männer kehrten zurück. Der Richter erhob sich. Im Namen des Königs und nach dem Gewissen der Geschworenen ergeht folgendes Urteil. Ein Rascheln ging durch den Raum. Der Angeklagte Elias Moritz Rabe wird des vielfachen schweren Missbrauchs, der fortgesetzten körperlichen Gewalt, der Freiheitsberaubung und der vorsätzlichen Schändung im eigenen Hause schuldig gesprochen. Das Gericht verurteilt ihn zum Tode durch den Strang. Ein

Aufschrei, kein Jubel, kein Entsetzen, sondern ein Laut aus tiefster Erleichterung. Elias aber lachte leise. “Ihr richtet mich, aber ihr versteht nichts. Das Blut wird sprechen.” Der Richter sah ihn kalt an. Es hat bereits gesprochen, in den Zeilen deiner Tochter. Dann wandte er sich an die Schwestern.

Barmherzige Temperenz, klarer Rabe, das Gericht erkennt eure Schuld in der widerrechtlichen Gefangnahme eures Vaters. Erkennt aber zugleich an, daß euer Handeln aus äußerster Not und seelischer Qual hervorging. Ihr seid nicht Täterinnen, sondern Werkzeuge der Gerechtigkeit in einer Welt, die euch vergessen hatte. Das Gericht spricht euch frei.

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