Ihr Widerstand ist Sünde und später Mercy, nun alt genug, lehrt sich Demut. Ein Vater besitzt seine Töchter wie Abraham seine Söhne. Der Bund bleibt rein. Der Richter hob die Hand. Es genügt, sagte er. Das Gericht hat verstanden. Die Verteidigung, geführt von Advokat Markus Thorn, einem jungen Juristen aus Koplenz, versuchte den Angeklagten als Opfer seiner Zeit darzustellen, als Mann, der im religiösen Wahn gehandelt habe. Doch Elias zerstörte seine eigene Verteidigung.
Als man ihn fragte, ob er die Worte im Tagebuch wiedererkenne, sagte er: “Ja, das sind meine Aufzeichnungen. Ich habe nur getan, was die Schrift erlaubt. Der Herr hat Abraham geprüft und ich habe geprüft, ob meine Töchter gehorsam sind.” “Gehorsam?”, fragte der Richter schaf. “Sie nennen es gehorsam, was andere Vergewaltigung nennen würden.” Elias sah ihn direkt an.
Ein Vater besitzt seine Kinder. Wer das leugnet, leugnet Gottes Ordnung. Im Publikum ging ein Raunen durch den Saal. Der Richter schlug mit dem Hammer. Ruhe, doch die Worte halten nach wie ein Fluch. Am nächsten Tag trat der Arzt Dr. Appenrat als Zeuge auf. Er legte die medizinischen Befunde vor, sprach sachlich, beinahe mechanisch, um die Grausamkeit erträglicher zu machen.
Die körperlichen Verletzungen der Schwestern stimmen mit den Daten in den Tagebüchern überein. Es handelt sich nicht um Einbildung, sondern um dokumentierte, wiederholte Gewaltakte über viele Jahre hinweg. Als Thorin versuchte ihn zu diskreditieren, sagte Appenrat nur: “Ich bin Arzt seit 25 Jahren. Ich kenne den Unterschied zwischen Wahn und Sünde.” Dann trat Gendarm Gerlach in den Zeugenstand.
Er berichtete vom Keller, von den Ketten, von den Hymnen, die die Schwestern sangen, wenn ihr Vater schrie. “Ich habe Dinge gesehen, die mich an meiner eigenen Menschlichkeit zweifeln ließen”, sagte er. Aber was ich dort sah, war keine Rache. Es war ein Spiegel. Sie taten ihm an, was er ihnen angetan hatte, nur ohne Blut. Gegen Ende der Woche rief der Staatsanwalt die Schwestern selbst auf.
Barmherzige trat als erste vor. Ihre Stimme war ruhig, fast tonlos. Wir haben ihn nicht gehasst. Wir wollten, daß er versteht, daß er fühlt, was wir gefühlt haben, jeden Tag, jede Stunde, dass er weiß, was es heißt, keine Wahl zu haben. Der Richter fragte: “Warum haben Sie ihn nicht getötet?” “Weil Tod Gnade ist”, antwortete sie.
Nach barmherziges Aussage herrschte eine Stille, die fast körperlich zu spüren war. Niemand im Saal wagte sich zu bewegen. Die Worte tot ist Gnade hingen in der Luft wie Rauch über kaltem Wasser. Richter von Dnberg, sonst unerschütterlich, musste sich kurz räuspern, bevor er weitersprach. Fahren Sie fort, Frau Rabe, das Gericht will verstehen.
Barmherzige hob den Kopf. Ihre Stimme blieb ruhig, doch jedes Wort war wie ein Schnitt durch Stein. Wir haben ihn am 28. Oktober 1876 betäubt mit Fingerhute, den unsere Mutter uns einst zu Heilzwecken gezeigt hatte. Wir gaben ihm zu viel, um ihn schwach zu machen, aber nicht genug, um ihn zu töten. Er sollte wach sein, wenn er begriff, was geschah.
Er sollte alles hören, alles fühlen. Der Staatsanwalt nickte knapp. Und was taten sie dann? Wir trugen ihn hinunter in den Keller. Er war schwer, aber wir schafften es. Wir benutzten die Ketten, die er uns jahrelang gezeigt hatte, um uns zu drohen. Wir wussten genau, wie sie funktionieren. Wir befestigten sie in der Wand mit seinen eigenen Werkzeugen.
Der Richter schrieb mit. Sie hielten ihn 14zehn Monate gefangen. Monate, zwei Wochen und drei Tage, antwortete sie leise. Wir haben gezählt, jeden Tag, an dem er schrie, jeden Tag, an dem er betete. Wir sangen, damit wir seine Stimme nicht hören mussten.
Wir gaben ihm zu essen, jeden Tag, wie er uns einst gefüttert hatte, wenn er uns bestrafen wollte. Brot und Wasser, manchmal etwas Gemüse, nie mehr. Wir wollten, daß er lebt, daß er denkt, daß er erkennt. Der Staatsanwalt trat näher. Und tat er das? Nein, sagte Barmherzige. Er betete nur. Er betete zu einem Gott, den wir nicht kannten, zu einem, der ihn über uns gestellt hatte. Und wir warteten, bis dieser Gott schwieg.