Alice Weidel und Sarah Bossard: Die leise Entscheidung, die Deutschland bewegt

16 Jahre lang hielt Alice Weidel ihr Privatleben unter strenger Kontrolle. Die AfD-Vorsitzende, bekannt für ihre scharfkantige Rhetorik und ihren politischen Kampfgeist, schirmte die Welt hinter ihrer öffentlichen Fassade konsequent ab. Doch nun, mitten im Wahljahr 2025, wagt sie einen Schritt, der selbst ihre schärfsten Gegner überrascht: Sie wird heiraten – und zwar die Frau, mit der sie seit vielen Jahren ihr Leben teilt, die Filmproduzentin Sarah Bossard.
Diese Entscheidung ist mehr als eine private Nachricht. Sie ist ein Moment, der politische Festungen erschüttert, persönliche Verletzlichkeit sichtbar macht und ein paradoxes Kapitel im Leben einer der umstrittensten Figuren der deutschen Politik öffnet.
Ein Leben im Spannungsfeld
Alice Weidel, geboren 1979, gehört zu den prägendsten Stimmen der jüngeren politischen Geschichte Deutschlands. Ihre Karriere gleicht einer steilen Linie nach oben – vom Investment Banking in Zürich bis an die Spitze einer Partei, die sich im permanenten Konflikt mit dem politischen Establishment befindet.
Ihre Sprache: kalkuliert.
Ihre Auftritte: kühl.
Ihre Wirkung: polarisierend.
Doch je konsequenter sie die Bühne der Politik beherrschte, desto stärker wuchs der Kontrast zwischen öffentlichem Bild und privater Realität. Dass ausgerechnet eine Spitzenpolitikerin der AfD offen homosexuell lebt, bleibt eines der großen Paradoxa in ihrer Biografie. Für Kritiker ist es Heuchelei, für Anhänger ein Zeichen persönlicher Unabhängigkeit.
Wer ist Sarah Bossard?
Die Frau an ihrer Seite – Sarah Bossard – könnte unterschiedlicher kaum sein. Warmherzig, kreativ, aus einem weltoffenen Elternhaus stammend. Als Film- und Fernsehproduzentin hat sie ein Leben geführt, das eher zur Kunstszene Zürichs passt als zur politischen Arena Berlins.
Kennengelernt hatten sie sich in einer Zeit, in der Weidel noch völlig in Zahlen, Analysen und Strategien lebte. Freunde beschreiben ihre Beziehung als eine Verbindung, die nicht auf Leidenschaft begann, sondern auf Vertrauen und Respekt. Ein leises Wachstum – weit weg vom Scheinwerferlicht.

Liebe unter Druck
Als ihre Partnerschaft 2017 erstmals breiter bekannt wurde, blieb das nicht ohne Folgen. Bossard verlor Projekte, Kontakte und Aufträge. Menschen, die sie jahrelang kannten, distanzierten sich. Der Grund war nicht ihre Sexualität – sondern die politische Position ihrer Partnerin.
Ein bitterer Moment an Ironie: Eine Frau, die beruflich für Diversität und Gleichberechtigung steht, wurde plötzlich Zielscheibe von Vorurteilen, nur weil sie die Falsche liebte.
Auch innerhalb der AfD sorgte die Partnerschaft für Stirnrunzeln. Manche Parteifreunde fragten sich im Stillen, wie eine offen lesbische Frau Aushängeschild einer Bewegung sein könne, die sich traditionell an konservativen Familienbildern orientiert. Doch Weidel, wie immer kontrolliert, ließ diese Fragen an sich abprallen.
Sie kommentierte ihr Privatleben nie. Nicht aus Scham, sondern aus Prinzip.
Ein Rückzugsort am Zürichsee
2018 zog das Paar in die Nähe des Zürichsees – ein stiller Ort, fern von Berliner Debatten. Dort leben sie mit ihren zwei Söhnen ein erstaunlich normales Leben. Die Kinder gehen in lokale Schulen, Sarah arbeitet wieder, und am Wochenende gibt es Fahrradfahrten und selbstgebackenes Brot.
Für Außenstehende ist dieses Familienbild kaum zu vereinen mit dem Bild einer Person, die im Bundestag provokante Reden hält und politische Sturmwellen auslöst. Doch genau in dieser Dualität liegt der Kern ihrer Geschichte: zwei Frauen, die versuchen, zwischen öffentlicher Macht und privatem Glück eine Balance zu finden.
Der Moment der Offenheit
Im Frühjahr 2025 passierte dann etwas, womit niemand gerechnet hatte. In einem Interview – ruhig, fast schüchtern – verkündete Weidel ihre anstehende Hochzeit. Kein politisches Kalkül, keine provokante Botschaft, nur ein persönlicher Satz, der erstaunlich menschlich klang:
„Es wird der schönste Tag meines Lebens.“
Weidel bedankte sich öffentlich bei Sarah für ihre Geduld, ihre Unterstützung und dafür, dass sie an ihrer Seite blieb, auch wenn Weidel oft körperlich oder gedanklich weit weg war.
Es war ein Moment, der die sonst so kontrollierte Politikerin entwaffnete – und der Deutschland für einen Augenblick daran erinnerte, dass hinter jedem politischen Akteur ein privater Mensch steht.
