Wilde Schwarzwald-Schwestern–ihre abscheulichen s3xuellen Praktiken und Männer die sie anlockten

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Willkommen zu einer Reise durch einen der verstörendsten Fälle der deutschen Provinzgeschichte. Im Herbst des Jahres 1892, tief im Herzen des Thüringer Waldes, führte Kreispolizist Elias Warns eine Gruppe von Männern in das abgelegene Tal von Hohlgrund, einen Ort, den selbst die Einheimischen nur mit Furcht im Blick nannten.

Dort stießen sie auf ein Grauen, das Jahrzehntelang unentdeckt geblieben war. Die Schwestern Elisabeth und Morwin Schwarzwald hatten über 20 Jahre lang umherziehende Männer in ihr verborgenes Gehöft gelockt, überzeugt davon, sie seien auserwählt, ein neues Volk Gottes zu gebären. 23 verwilderte Kinder wurden in unvorstellbarem Elend gefunden.

Die Schwestern zeigten weder Reue noch Furcht, nur den fanatischen Glauben, göttlichen Willen erfüllt zu haben. Wie konnte ein solcher Wahnsinn so lange verborgen bleiben? Der Thüringer Wald im Herbst 1892 war ein Land, in dem die Zivilisation nur in Form zerstreuter Dörfer existierte. Kleine Lichtinseln inmitten endloser dunkler Wälder. In dieser rauen Landschaft, in der Nebel die Täller wochenlang verschlangen und die Sonne kaum den Boden erreichte, war das Leben hart, einfach und voller Schweigen.

Zwischen den abgelegenen Siedlungen lagen keine bloßen Meilen, sondern Tage mühsamen Marsches über steinige Pfade, die jeden Winter verschwanden, wenn Schnee und Tauflut sie verschlangen. war ein Land, in dem ein Mensch spurlos verschwinden konnte, nicht als Opfer, sondern als Teil der Natur selbst.

In dieser Abgeschiedenheit lebten Familien, die ihre eigenen Regeln, ihren eigenen Glauben und ihre eigene Moral entwickelten. Der Hohlgrund war einer dieser Orte, ein Tal so tief und verworren, dass kaum jemand es betrat. Selbst in den umliegenden Gemeinden wurde sein Name nur im Flüsterton ausgesprochen.

Die Siedlung bestand aus einer Handvoll verfallener Hütten, umgeben von dunklen Fichten und Buchen. Wer sich dorthin verirrte, tat es nicht zweimal. Alte Geschichten erzählten von den ersten Bewohnern, Familien, die hierher geflohen waren, nicht aus Hoffnung, sondern aus Verzweiflung. Unter ihnen war die Familie Schwarzwald, deren Stammvater Johann Schwarzwald als strenger, bibelfester Mann galt, der überzeugt war, die Welt außerhalb der Berge sei von Sünde durchdrungen und dem Untergang geweih.

Sein Sohn Jedidias Schwarzwald nahm diesen Glauben und formte daraus etwas noch dunkleres. Wer ihn in den 1850er oder 1860er Jahren auf dem Markt in Sonneberg oder Neuhaus traf, erinnerte sich an einen mageren, fanatisch blickenden Mann, der von Reinigung, Auserwählung und göttlicher Strafe sprach.

Er kaufte Mehl, Salz und Eisenwerkzeuge und verschwand wieder monatelang in den Wald. Irgendwann hörte man auf, ihn zu sehen. Die Leute dachten, er sei gestorben wie so viele dort. Leise, unbemerkt, namenlos. Doch Jedidias war nicht tot. Er hatte sich vollständig zurückgezogen, nur mit seinen beiden Töchtern Elisabeth und Morwin, in völliger Isolation.

Dort, tief im Tal lehrte er sie, dass die Welt draußen verdorben sei, daß sie allein von Gott erwählt sein, nach der kommenden Reinigung ein neues reines Volk zu gründen. Als Jedidias in den frühen 80er Jahren schließlich starb, waren seine Töchter schon Frauen mittleren Alters geprägt von seiner fanatischen Lehre.

Sie kannten kein anderes Leben, kein anderes Wort als das, was er ihnen eingebrannt hatte. Von da an setzten sie sein Werk fort, überzeugt göttlichen Willen zu erfüllen. Hin und wieder erschien eine von ihnen im Laden des nächsten Dorfes, ein Tagesmarsch entfernt. Die Händler erinnerten sich an blasse Wortkage Frauen, die Fälle und Wurzeln gegen Salz und Stoff tauschten.

Ihre Stimmen klangen flach und leer, ihre Augen blickten wie durch die Menschen hindurch. Kinder wichen ihnen aus. Männer stellten das Reden ein. wenn sie eintraten. Niemand bemerkte, wie ein Muster entstand. Ein reisender Kesselflicker, ein junger Holzarbeiter, ein Wanderprediger, Männer, die kamen und nie wieder gesehen wurden.

In jener Zeit, in der Wald ebenso viele Leben nahm, wie Krankheit oder Hunger, war Verschwinden nichts ungewöhnliches. Doch unter den Holzfällern und Jägern begann sich ein anderes Wissen zu verbreiten. Geflüstert am Feuer, niemals laut ausgesprochen. Wer allein in den Hohlgrund ging, kam nicht zurück. Mit den Jahren wurde der Name Hohlgrund zu einem stillen Fluch unter den Männern, die in den Wäldern arbeiteten.

Sie sprachen von Frauen, die in der Nacht sangen, leise, klagend, mit Stimmen, die in den Wind sanken. Manche sagten, sie hätten Gestalten gesehen zwischen den Fichten. Weiße Kleider, blasses Haar, das im Mondlicht schimmerte. Es war das alte Volkswissen des Thüringer Gebirges, Geschichten über Waldgeister, über Hexen, die Heilkräuter sammelten und Männer mit einem Blick ins Verderben führten. Doch unter der Volklore lauerte Wahrheit.

Elias Warns, Kreispolizist von Sonneberg, hörte diese Geschichten zum ersten Mal im Jahr 1875, kurz nachdem er sein Amt übernommen hatte. Damals hatte er sie als Aberglaube abgetan. Er war ein nüchter Mann, Sohn eines Försters, jemand, der an Ordnung glaubte und an das Gesetz, nicht an Flüche.

Doch je länger er diente, desto öfter tauchte der Name Schwarzwald in Berichten auf, die eigentlich gar keine Berichte waren. Ein verschwundener hier, ein leerer Wagen dort, ein verschwundenes Maultier, das man später tief im Wald fand, ohne Spur seines Besitzers. Es gab keine Zeugen, keine Angehörigen, niemanden, der Anzeige erstattet hätte, nur das leise, wachsende Gefühl, dass irgendwo im Wald etwas faul war.

Im Sommer 1884 ritt Van selbst in den Hohlgrund. Er sagte, er wolle eine Routinekontrolle durchführen. In Wahrheit wollte er endlich sehen, was dort geschah. Der Weg dorthin war kaum mehr als ein Wildpfad. überwuchert von Fahen und Brombeeren. Stille lag über dem Tal. Eine Stille, die selbst den Wind zu meiden schien.

Als er schließlich das Gehöft der Schwarzwald erreichte, fand er es verfallen vor. Eine große dunkle Blockhütte, daneben kleinere Schuppen, notdürftig aus Holz und Leinen errichtet. Die beiden Schwestern standen schon in der Tür, als hätten sie ihn erwartet. Sie sagten kaum ein Wort. Ihre Gesichter waren bleich wie Pergament, die Augen kalt und unbewegt.

“Was führt Sie hierher, Herr Kreispolizist?”, fragte Elisabeth mit einer Stimme, die weder feindselig noch freundlich war. Vans sprach ruhig, fragte nach den Kindern, die er zwischen den Bäumen gesehen hatte. Schattenhafte Gestalten, blass, schmutzig, flüchtig wie Tiere. Elisabeth antwortete knapp. Sie gehören mir. Er durfte das Haus nicht betreten.

Er sah genug, um zu wissen, dass etwas nicht stimmte, aber nicht genug, um etwas beweisen zu können. Die Kinder schienen unterernährt, aber nicht dem Tod nahe, verwahrlost, aber nicht misshandelt. Es war als ob sie außerhalb jeder Kategorie lebten, jenseits des Gesetzes, jenseits der Welt. Van verließ das Tal mit einem Gefühl, daß ihn jahrelang nicht mehr losließ.

Er sprach mit den Leuten in den umliegenden Dörfern, Holzfällern, Köhlern, Frauen auf dem Markt. Niemand wollte über die Schwarzwaldschwestern reden. Die, die antworteten, taten es mit gesenktem Blick. Man nannte sie Hexen, aber nicht im spöttischen Sinn, sondern mit echter Angst.

Alte Frauen erzählten, daß Elisabeth Kräuter sammelte, die man nur bei Neumond pflückte, daß sie Gebete sprach, die keine Priester verstanden und dass sie Wasser aus einem Brunnen schöpfte, den seit Generationen niemand mehr benutzt hatte. “Wer ihren Namen bei Nacht ausspricht”, sagte eine alte Frau, holt Unglück ins Haus. So vergingen die Jahre. Wenn alterte, seine Haare wurden grau, seine Knie schmerzten, aber die Schwarzwaldschwestern blieben in seinem Kopf, ein Rätsel, das er nicht lösen konnte.

Dann an einem kalten Oktobernachmittag des Jahres öffnete sich die Tür seines kleinen Amtszimmers in Sonneberg und ein Mann stürzte herein halb wahnsinnig vor Angst mit zerrissener Kleidung und aufgerissenen Händen. Er hieß Thomas Kaltenborn, ein Landvermesser aus Leipzig, der für die Eisenbahngesellschaft arbeitete.

Drei Wochen zuvor war er mit einem kleinen Team ausgeschickt worden, um eine mögliche Strecke durch den Thüringer Wald zu kartieren. Auf einer der Karten, so sagte er, war ein Tal eingezeichnet, das auf keiner amtlichen Karte existierte. Er war allein dorthingegangen und hatte den Hohlgrund gefunden.

Was er in den nächsten Stunden erzählte, während er zitternd am Ofen saß und aus einer Zinknkanne trank, brachte Van dazu, noch am selben Abend acht Männer zusammenzurufen. Kaltenborn berichtete, dass er zwei Frauen getroffen habe, blass, barfuß, in altertümlichen Kleidern, die ihn freundlich aufgenommen hätten.

Sie gaben ihm Suppe und Brot, baten ihn, sich auszuruhen. Doch kurz danach sei alles schwarz geworden. Als er wieder aufwachte, war er gefesselt in einem dunklen Keller, feucht, nach Erde riechend. Sie hätten gesagt, er sei auserwählt und er habe die Kinder gehört. Sagte er mit gebrochener Stimme. 23 Stimmen, die in der Dunkelheit flüsterten und sie haben gesungen.

Als Van fragte, wie er entkommen sei, antwortete Kaltenborn: “Ich habe sie verletzt, eine von ihnen. Ich glaube, sie lebt noch. Ich bin gerannt, bis ich nicht mehr wusste, wo oben und unten ist. Draußen fiel erster Schnee, als W begriff, daß er endlich den Beweis hatte, nachdem er siebzehn Jahre gesucht hatte. Drei Tage lang bereitete sich Kreispolizist Elias WS auf den Marsch in den Hohlgrund vor.

Er war ein vorsichtiger Mann, keiner, der den Helden spielen wollte. In seiner langen Dienstzeit hatte er gelernt, dass Gerechtigkeit in den Bergen Geduld verlangte und manchmal auch Opfer. Doch diesmal fühlte er, daß kein weiteres Zögern mehr erlaubt war. Er wählte acht Männer aus, Holzfäller, Jäger, zwei Hilfspolizisten. Alle kannten die Wälder, wussten, wie man sich lautlos bewegte und Spuren las.

Sie trugen Laternen, Gewehre, Ächste und Seile. Und sie wussten, dass das, was sie im Tal finden würden, nichts mit gewöhnlichem Verbrechen zu tun hatte. Am Morgen des 23. Oktober 1892 brachen sie auf. Thomas Kaltenborn, der Landvermesser, bestand darauf, sie zu führen, obwohl seine Hände noch zitterten und seine Stimme brach, wenn er über die Schwestern sprach.

Sie ritten schweigend, folgten dem Pfad, den Kaltenborn auf seiner Karte vermerkt hatte, einem kaum erkennbaren, überwucherten Trampelpfad zwischen den dichten Fichten und Mosen. Je tiefer sie in das Tal eindrang, desto stiller wurde der Wald. Kein Vogel, kein Eichhörnchen, kein Rascheln, nur das Knacken von Ästen unter den Hufen.

Nach einigen Stunden blieb Kaltenborn abrupt stehen. “Hier”, sagte er leise. “Von hier an sind sie nicht mehr weit.” Ein Geruch lag in der Luft, beißend, faulig, eine Mischung aus Rauch, Asche und etwas anderem, etwas Menschlichem. Als sie weiterging, sahen sie Zeichen an den Baumstämmen, eingeritzte Symbole, Kreise, Striche, eine Sprache, die keiner von ihnen verstand.

Kleine Tierfallen hingen an Ästen und an manchen Stellen waren Fäden aus Tierssehenen gespannt, als wolle jemand die Eindringlinge warnen. “Sie wissen, dass wir kommen”, murmelte einer der Männer. Dann öffnete sich der Wald zu einer Lichtung und das Gehöft der Schwarzwaldschwestern lag vor ihnen. Es war, wie Kaltenborn beschrieben hatte, eine große schiefe Hütte aus dunklem Holz, deren Dach aus Rinde und Fällen bestand.

Rundherum standen kleine Unterstände aus Ästen und Stofffetzen, kaum besser als Unterschlüpfe für Tiere. Aus einem Loch im Dach stieg Rauch. Der Wind trug den Geruch von verbranntem Fleisch. V hob die Hand. Ruhig, sagte er, kein Schuss, bis ich es befehle. Da öffnete sich die Tür der Hütte und zwei Frauen traten heraus. Elisabeth und Morwin Schwarzwald standen Seite an Seite.

Ihre Gesichter waren ausdruckslos, die Hände ruhig, der Blick direkt. Sie sahen nicht überrascht aus, nicht einmal ängstlich. Es war, als hätten sie schon lange gewußt, daß dieser Moment kommen würde. “Was will das Gesetz auf geweihtem Boden?”, fragte Elisabeth mit tiefer ruhiger Stimme.

Van trat, zog den Haftbefehl aus seiner Manteltasche und las die Anklage. Entführung, Freiheitsberaubung, schwere Körperverletzung. Als er den Namen Thomas Kaltenborn erwähnte, flackerte ein Ausdruck über Elisabeths Gesicht. kein Schrecken, sondern Enttäuschung. “Er war auserwählt”, sagte sie leise, aber nicht stark genug. Sie leisteten keinen Widerstand.

Keine der beiden bewegte sich, als die Männer sie fesselten. Sie standen da wie Statuen, während Van seine Leute anwiesß, das Gelände zu durchsuchen. Dann, als die Männer sich zwischen den Hütten bewegten, geschah es. Kinder traten aus dem Wald. Erst zwei, dann fünf, dann ganze Gruppen. Sie kam lautlos aus Schatten und Nebel, mit blassen Gesichtern und zerlumpten Kleidern.

Einige trugen Tierfälle, andere nur Fetzen von Leinen. Die Jüngsten waren kaum dre Jahre alt, die Ältesten fast erwachsen. “Mein Gott!”, flüsterte einer der Depotierten. “Zählen”, befall Van. Sie zählt 5, zehn 15 Kinder standen nun vor ihnen, reglos, still, mit Augen, so blass wie die ihrer Mütter.

Sie machten keine Geräusche, keine Tränen, kein Schrein, nur Schweigen. Als der Männer sich näherte, fauchte ein Mädchen, vielleicht 12 Jahre alt, und zog sich zurück, als wäre er ein Tier, das man meiden musste. Die anderen bewegten sich mit ihr gleichzeitig wie ein einziger Körper. Sie schützen sie”, sagte Kaltenborn leise. “Sie glauben, wir sind Feinde.” W fühlte, wie ihm die Kehle trocken wurde. “Sie sind keine Kinder mehr”, flüsterte er.

“Sie sind etwas anderes geworden.” Er befahl, das Hauptgebäude zu durchsuchen. Zwei Männer öffneten die Tür der Hütte. Ein Schwall, modriger, stickiger Luft schlug ihnen entgegen. Innen war es dunkel, der Boden mit Stroh bedeckt, die Wände mit Ruß geschwärzt. Auf einer Seite stand eine grobe Feuerstelle, in der Asche glimmte. Dann fanden sie die Luke.

Unter der Hütte lag ein Keller, ein Erdloch, kaum ein Meter hoch. Eine Leiter führte hinab in Finsternis. Van zündete eine Laterne an und stieg hinunter. Der Geruch war unerträglich. Erde, Schimmel und etwas eisenhaltiges. Blut vielleicht. In der Ecke fand er Seile, noch feucht vom Gebrauch, und eine Holzkiste.

Darin lagen Gegenstände, eine zerbrochene Brille, ein Tabakdöschen, ein Taschenmesser, ein vergilbtes Gebetbuch mit der Aufschrift Samuel Hage. Das sind ihre Männer gewesen, sagte Van, die Verschwundenen. Als er wieder hinaufstieg, blickte er zu den Schwestern. Elizabeth stand noch immer unbewegt. “Gott prüft die Reihen”, sagte sie ruhig. “Ihr versteht das nicht.

” Van antwortete nicht. Er wusste, dass sie recht hatte, aber nicht so, wie sie es meinte. Er verstand wirklich nicht, was er hier sah. Der Rückweg aus dem Hohlgrund dauerte fast zwei Tage. Es war, als wäre sich der Wald selbst gegen ihre Flucht. Wind fegte durch die Äste, Regen durchnäste Kleidung und Fälle.

Pferde scheuten vor Schatten, die niemand wirklich sah. Die Männer trugen die gefesselten Schwestern auf einem Wagen. Die Kinder folgten, apathisch, schweigend, mit leeren Blicken. Niemand wagte sie zu berühren. Ein Junge, vielleicht 15 Jahre alt, blieb dicht bei Elisabeth, als wäre sie seine einzige Welt.

Wenn jemand sich ihm näherte, knurrte er wie ein Hund. In Sonneberg angekommen, verwandelte sich die Rückkehr des Trups in ein Ereignis. Menschen versammelten sich auf der Straße, als sich die Nachricht verbreitete. Die Schwarzwaldschwestern seien gefasst worden. Der Anblick der Kinder ließ die Menge verstummen.

Keine Worte, kein Spott, nur die bedrückende Stille des Entsetzens. Vgab die Gefangenen dem Bezirksgericht. Ärzte untersuchten die Kinder und ihre Berichte gingen wie Schockwellen durch die Behörden. Unterernährt, verwahrlost, von Fieber gezeichnet, aber am Leben. Manche konnten sprechen, doch ihre Sprache war ein unverständlicher Mischlaut aus Dialekt, altem Deutsch und erfundenen Wörtern.

Zwei Jungen verstanden sich offenbar nur über Gesten und Pfeiflaute. Die Ärzte nannten es eine künstliche Sprache der Isolation. Während die Kinder in Pflegeheime gebracht wurden, bereitete das Gericht in Saalfeld den Prozess vor. Die Schwestern Elisabeth und Morwin Schwarzwald blieben im Bezirksgefängnis.

Sie weigerten sich Anwälte zu benennen. Als ihnen ein Pflichtverteidiger zugeteilt wurde, sprach Elisabeth kaum mit ihm. Sie saß mit gefalteten Händen den Blick nach unten gerichtet und betete lautlose Gebete. Van besuchte sie einmal. Warum? Fragte er nur. Elizabeth hob den Kopf. Weil die Welt gereinigt werden muss sagte sie mit sanfter Stimme.

Mein Vater sah, was kommt. Ihr nicht. Wir haben die Kinder für die neue Zeit bereitet. Bald wird das Land brennen und sie werden die einzigen sein, die nicht sündig sind. wenn es schwieg. Ihre Worte klangen nicht wie Wahnsinn, sondern wie Überzeugung und das war schlimmer. Der Prozess begann im Januar 1893.

Der Gerichtssal war überfüllt. Zeitungen aus Berlin, Leipzig und München hatten Reporter geschickt. Die Menschen standen dicht gedrängt, die Fenster waren beschlagen. Der Atem der Menge mischte sich mit dem Geruch von Wachs und nassen Mänteln. Elisabeth und Morwin saßen nebeneinander am Tisch der Angeklagten, still, unbewegt, die Hände gefesselt.

Als Thomas Kaltenborn in den Zeugen stand trat, wandte Elisabeth den Blick ab. Er sprach ruhig, aber seine Stimme zitterte. Er beschrieb das Haus, die Suppe, die Dunkelheit, die Stimmen der Kinder. Seine Worte schnitten durch den Saal wie kaltes Metall. Als der Pflichtverteidiger ihn fragte, ob er sicher sei, daß die Frauen ihn vergiften wollten, antwortete Kaltenborn: “Ich bin sicher, dass sie Gott spielen wollten.” Danach herrschte Schweigen.

Die Richter hörten die Berichte der Ärzte, der Beamten, der Männer aus dem Suchtrup. Beweise gab es genug: Das Kellerloch, die Fundstücke, die Kinder. Nur eines fehlte. Die Leichen der verschwundenen Männer. Ohne sie blieb Mord schwer nachzuweisen. Elisabeth bat schließlich selbst um das Wort.

Gegen den Rat ihres Verteidigers stand sie auf, legte die Hände auf die Bibel und sprach mit fester Stimme: “Mein Vater hat uns gezeigt, dass der Mensch gefallen ist. Wir haben getan, was getan werden musste.” Wer in den Wald kam, wurde geprüft. Manche waren würdig, andere nicht. Wir haben niemanden getötet. Wir haben geseht. Diese Worte lösten ein Murmeln im Saal aus. Eine Frau im Publikum brach in Tränen aus.

Ein Mann verließ fluchend den Raum. Elisabeth sah sie nicht an. Ihre Augen waren weit offen, auf etwas gerichtet, das nur sie sehen konnte. Morwin schwieg die ganze Zeit. Manchmal blickte sie zu ihrer Schwester, als erwarte sie ein Zeichen. Als die Richter sie fragten, ob sie selbst sprechen wolle, schüttelte sie nur den Kopf. “Meine Schwester spricht für mich.

” “Imer”, flüsterte sie. Nach zwei Wochen Verhandlung zog sich das Gericht zur Beratung zurück. Die Jury brauchte keine drei Stunden. Das Urteil lautete: Schuldig wegen Entführung, Freiheitsberaubung, Misshandlung, Minderjähriger und Gefährdung der öffentlichen Ordnung.

Mord konnte ihn door nicht nachgewiesen werden. Der Richter, ein älterer Mann mit tiefen Ringen unter den Augen, sprach das Urteil mit stockender Stimme. Sie haben in einer eigenen Welt gelebt, einer Welt jenseits jeder Menschlichkeit. Sie haben Kinder gezeugt, nicht aus Liebe, sondern aus Wahn. Dafür gibt es kein Gesetz in unseren Büchern, aber es gibt das, was richtig ist.

Er erklärte beide Schwestern für geisteskrank und verurteilte sie zur dauerhaften Unterbringung in der Heil und Pflegeanstalt Sonnenstein bei Pirner. Elisabeth lächelte leicht, als das Urteil verkündet wurde. “Ihr werdet sehen”, sagte sie leise. “Die Zeit der Reinen kommt.

Der Transport der Schwestern zur Heil und Pflegeanstalt Sonnenstein begann an einem grauen Februar Morgen. Schnee fiel in dichten, lautlosen Flocken. Die Straßen waren vereist und der Wagen, der sie brachte, zog tiefe Spuren in den Matsch. Zwei Gendarmen begleiteten den Transport. Van selbst ritt ein Stück des Weges mit, bevor er umkehrte. Er war erschöpft, alt geworden in den Monaten des Prozesses.

Doch etwas ließ ihn nicht los. Ein dumpfes Gefühl, dass diese Geschichte nicht mit einem Urteil endete. Die Kinder waren auf Heime in ganz Thüringen verteilt worden. Einige starben an Fieber, andere verweigerten Nahrung, als hätte der Wille zum Leben sie verlassen. Nur wenige überstanden die ersten Jahre.

Die Ärzte beschrieben sie als geistig verlangsamt oder innerlich verschlossen. Einer der Pfleger schrieb in einem Bericht: “Sie schlafen kaum. Wenn man an ihrer Tür vorbeigeht, hört man sie miteinander flüstern. Eine Sprache, die niemand versteht.” Elisabeth und Morwin Schwarzwald kamen getrennt in verschiedene Flügel der Anstalt Sonnenstein. Die Einrichtung war ein imposanter Komplex aus rotem Sandstein auf einer Anhöhe über der Elbe gelegen.

Drinen roch es nach Desinfektionsmittel, feuchtem Stein und kaltem Eisen. Elisabeth wurde auf Station 3 untergebracht für religiös wahnsinnige. Morwin kam auf Station 5 für stille, depressive Geisteskranke. Die Schwestern sahen sich nie wieder. Anfangs widersetzte sich Elisabeth der Behandlung.

Sie sprach in biblischen Bildern, nannte die Ärzte falsche Propheten, die Pfleger Söhne keins. Doch sie blieb ruhig, lächelte oft, betete täglich. Sie schrieb seitenlange Briefe, die nie abgeschickt wurden, an die Kinder im Wald. Manchmal stand sie nachts am Fenster, murmelte Verse und sah in die Dunkelheit.

Morwin dagegen verfiel schnell in Schweigen. Sie sprach weder mit Ärzten noch mit anderen Insassen. Sie aß kaum, verweigerte Bewegung, starrte stundenlang auf ihre Hände. Einmal sagte sie zu einer Pflegerin: “Wenn ich schlafe, höre ich ihn rufen.” Auf Nachfrage, wen sie meinte, antwortete sie: “Vater.” Nach einem Jahr vermerkte die Anstaltsleitung, dass ihr Zustand unverändert sei.

Elisabeth hingegen schien kräftiger zu werden. Sie las die Bibel laut für andere Patientinnen, hielt improvisierte Predigten über Reinigung und göttliche Auserwählung. Manche der anderen Frauen begannen, ihr zuzuhören. Pfleger berichteten, dass nachts aus ihrer Zelle Gesang zu hören war. monoton, rhythmisch, ohne erkennbare Melodie.

Einmal im Herbst 1895 fand man auf dem Boden ihrer Zelle Kreise aus Brotkrumen und getrockneten Kräutern. Als man sie fragte, was das bedeute, antwortete sie nur, damit sie den Weg finden. Niemand verstand, wen sie meinte. In den folgenden Jahren verlor die Öffentlichkeit das Interesse am Fall Schwarzwald. Zeitungen schrieben über Kriege, Kaiser, Eisenbahn.

Doch in den Archiven der Anstalt wuchs die Akte weiter. Pflegerberichte, ärztliche Notizen, Beobachtungen. Spricht von Kindern, die sie im Traum besuchen. Behauptet, einer der Jungen sei gekommen, um sie zu holen. Zeigt keine Angst vor Strafen. Elias Van trat im Jahr 1896 in den Ruhestand. Er lebte in einer kleinen Wohnung über einem Laden in Koburg.

Die Berge sah er von seinem Fenster aus, aber er ging nie wieder hinein. Wenn Besucher ihn auf den Fall Schwarzwald ansprachen, sagte er nur: “Man kann das Böse nicht ausrotten. Es wechselt nur den Namen.” Im Winter 1897 erreichte ihn ein Brief aus Pirner. Absender: Sonnensteinheilanstalt. Betreff Tod. einer Patientin.

Morwin Schwarzwald war gestorben an Schwäche infolge langanhaltender Nahrungsverweigerung. Sie wurde im Anstaltsfriedhof beigesetzt, namenlos Grabnummer 144. Vans las die Zeilen, legte den Brief in eine Schublade und sagte leise: “Eine weniger, die betet.” Doch er ahnte nicht, dass Elisabeth noch viele Jahre leben würde und dass in einem anderen Dorf tief im Wald Dinge geschahen, die nicht hätten geschehen dürfen.

Im Frühjahr 1903 hörten die Einwohner des Kleendorfes Gräfenruh am Rand des Thüringerwaldes von merkwürdigen Vorgängen in den Forsten oberhalb der alten Bahnlinie. Holzfäller berichteten, dass nachts Licht zwischen den Bäumen flackerte, obwohl dort kein Haus stand. Schäfer fanden auf ihren Weiden seltsame Symbole aus Steinen gelegt, Kreise, Spiralen, Kreuzformen.

In einer nahen Schlucht wurde ein toter Hirsch gefunden, sorgfältig aufgeschlitzt, ohne das Fleisch fehlte. Die Dorfbewohner, abgehärtet durch Aberglauben und Einsamkeit, mieden das Gebiet. Nur der Förster, ein junger Mann namens Wilhelm Kraft, wagte es, das Gelände zu untersuchen. Er fand eine Lichtung, die ihm seltsam bekannt vorkam, obwohl er dort nie zuvor gewesen war.

In der Mitte stand eine halb verfallene Hütte, überwuchert von Efeu und Moos. An den Wänden waren alte Runen eingeritzt und auf einem verrosteten Nagel hing ein Kinderstiefel. Auf dem Boden lagen drei kleine hölzerne Kreuze. Als Kraft zurückkehrte, erzählte er im Wirtshaus, er glaube, die alte Schwarzwaldhütte gefunden zu haben.

Die Männer lachten nervös. Niemand wollte ihm glauben. Der Name Schwarzwald war zu einem Mythos geworden, einem Spuk, den Eltern benutzen, um Kinder vom Wald fernzuhalten. Doch zwei Wochen später fand man Kraft tot am Fuß eines Hanges. Der Arzt schrieb: “Stus großer Höhe” in den Bericht. Die Dorfbewohner flüsterten: “Er habe etwas gesehen, das ihn habe fliehen lassen.

Dieselbe Woche wurde in der Anstalt Sonnenstein eine ungewöhnliche Beobachtung vermerkt. Am Abend des 19. Mai stand Elisabeth Schwarzwald an ihrem Fenster und begann zu lachen. Laut, klar und unaufhörlich. Zwei Pfleger mußen sie fixieren. Später erklärte sie ruhig, er war da, mein Sohn. Er hat das Tor geöffnet.

Die Ärzte hielten es für einen Schub religiöser Warnvorstellungen, ausgelöst durch das fortschreitende Alter. Doch am nächsten Morgen fand man auf dem Fensterbrett ihrer Zelle eine Spur von Erde und Nadeln. Fichtnadeln, frisch, grün, feucht, vom Regen. Es war unmöglich, dass jemand sie dorthinebracht hatte. Die Fenster ließen sich nicht öffnen. Der Vorfall wurde aktenkundig gemacht, aber nie erklärt.

In den Jahren Nachkraftstod verschwanden zwei weitere Menschen imselben Gebiet, ein Landstreicher und ein Holzarbeiter. Ihre Leichen wurden nie gefunden. Der Wald nahm sie einfach auf. Die Geschichte gelangte nie in die Zeitung, nur in die Mundpropaganda der Dörfer. Man sprach wieder vom Tal der Kinder.

Vans, inzwischen alt und krank, las zufällig in einem regionalen Blatt von den Funden. Ein Reporter erwähnte den Namen Schwarzwald beiläufig als Legende. Drei Tage später schrieb W einen Brief an die Polizei in Sonneberg. Er bat darum, die Gegend erneut untersuchen zu lassen, nicht aus juristischem, sondern aus menschlichem Interesse. Es kam nie eine Antwort.

Im Herbst 1904 starb Elias We im Schlaf. In seinem Nachlass fand man eine Mappe, beschriftet mit Oldwin Hohgrund. Darin lagen Notizen, Skizzen, eine Liste von Namen und ein kleines Medaillon mit einem verblasten Foto. Darauf zwei Mädchen, etwa 8 Jahre alt, in Leinenkleidern, barfuß, mit ernsten Gesichtern.

Auf der Rückseite stand Elisabeth und Morwin, die letzten Reihen. Niemand wusste, woher er das Bild hatte. Im Archiv der Anstalt Sonnenstein steht beim Eintrag zu Elisabeth Schwarzwald unter dem Jahr 1905. Patientin zeigt zunehmende Euphorie, behauptet, die Kinder kehren zurück, singt in unverständlicher Sprache, reflektiert keinerlei Schuld. In der Nacht zum 21.

Dezember fand man ihre Zelle leer. Die Tür war verschlossen, der Schlüssel unberührt. Es gab keine Spuren eines Ausbruchs. Nur an der Wand, aus Brotkrumen und Erde geformt, stand ein Wort: Heimkehr. Die Nachricht von Elisabeth Schwarzwalz verschwinden verbreitete sich in der Anstalt Sonnenstein schnell, doch nach außen wurde sie verschwiegen.

In den Akten wurde der Fall als ungeklärter Tod mit vermuteter Selbstvergrabung bezeichnet, ein Ausdruck, der niemandem etwas bedeutete. Die Leitung der Einrichtung wollte keinen Skandal. Man erklärte, die Patientin sei in einem Anfall geistiger Verwirrung aus dem Fenster gestürzt. ihr Körper im angrenzenden Elpang nicht auffindbar.

In Wahrheit glaubte niemand diese Version, nicht einmal die Pfleger. Einer von ihnen, ein Mann namens Johannes Heller, schrieb später in einem privaten Tagebuch. Am Morgen ihres Verschwindens roch ihre Zelle nach Wald. Es war der Geruch von feuchtem Moos und kaltem Wind. Ich schwöre, ich hörte Kinder lachen, bevor ich die Tür öffnete.

Im Sommer des folgenden Jahres erzählten Bauern aus den Dörfern südlich von Saalfeld von einer alten Frau mit grauem Haar, die in den Wäldern lebte, barfuß mit einem Stab in der Hand. Sie betete laut, sprach von Reinigung und von Kindern, die in den Bergen schliefen. Manche gaben ihr Brot, andere flohen. Niemand wusste, wo sie nachts blieb.

Manchmal fand man Spuren, einen Kreis aus Stein, in dessen Mittebrot lag oder kleine Figuren aus Zweigen. Der Sommer ging in einen frühen Herbst über und mit ihm kam eine neue Geschichte von Kindern, die im Wald gesehen wurden, nackt, schmutzig, bleich. Zuerst glaubte man, es seien Hirtenkinder, doch ein Förster, der einem von ihnen begegnete, berichtete, sie hätten nicht gesprochen, nur gelächelt. ein leeres, seltsames Lächeln.

Als er sich ihnen näherte, seien sie lautlos verschwunden. Die Behörden schickten zwei Gendarmen, um die Gegend zu durchsuchen. Sie fanden nichts, aber am Ufer eines kleinen Baches entdeckten sie etwas, das alle Zweifel auslöschte. Einen Kreis aus Tierknochen, in dessen Mitte eine verwitterte Bibel lag.

Auf der ersten Seite stand in bräunlicher Tinte geschrieben: “Die Saat ist nicht tot. Sie schläft. Diese Worte genügten, um die Erinnerung an den alten Fall wiederzuerwecken. Zeitungen griffen das Thema auf, nun mit Sensationslust. Die Leipziger Volkszeitung schrieb von neuen Waldkindern, die Nachkommen der Schwarzwaldsekte sein.

Reporter reisten in die Region, schrieben über unheimliche Gesänge in der Nacht und Bauern, die Angst hätten, nach Sonnenuntergang hinauszugehen. Im Oktober 1906 führte die Polizei von Saalfeld eine groß angelegte Suchaktion durch. Sie fanden kein Lager, keine Hütten, keine Spuren menschlicher Behausung.

nur Spuren nackter Füße im Schlamm, kleine schmale Abdrücke, die mitten im Nirgendwo endeten. In denselben Tagen vermerkte das Fahrarchiv von Gräfenru einen ungewöhnlichen Eintrag. Der alte Pfarrer Georg Malten schrieb: “Nach der Sonntagsmesse erschien eine Frau in der Kirche, Barfuß, das Harzer zerzaust.” Sie sprach nicht, kniete nieder und begann zu weinen.

Ich fragte sie nach ihrem Namen. Sie sagte: “Ich bin die Mutter.” Dann stand sie auf und ging hinaus. Ihre Füße hinterließen keine Spuren im Schnee. Zwei Tage später fand ein Jäger am Rand des Waldes ein Lager aus Tannenzweigen. In der Mitte lag eine alte Frau, tot, die Hände über der Brust gefaltet. Ihre Kleidung war zerfetzt. Ihr Körper abgemagert, aber ihr Gesicht friedlich.

Neben ihr lagen drei kleine Holzkreuze und ein Medaillon mit einer verwischten Inschrift. Es Man brachte den Leichnam nach Sonneberg, wo V einst gedient hatte. Dort identifizierte man sie anhand alter Fotografien. Elisabeth Schwarzwald, offiziell seit einem Jahr tot. Die Nachricht von ihrem Wiederauftauchen füllte Zeitungen im ganzen Kaiserreich.

Ärzte, geistliche, Schriftsteller, alle diskutierten, was geschehen war. Manche nannten es einen Beweis für göttliche Macht, andere für Teufelswerk. Ein Professor aus Jena veröffentlichte eine Abhandlung, in der er schrieb: “Religiöser WN, isoliert in der Einsamkeit, kann Wurzeln schlagen wie ein Baum. Tief, beständig, unzerstörbar.

Die Kinder des Warns wachsen weiter, auch wenn der Körper längst gestorben ist. Elisabeth Schwarzwald wurde am Rande des Friedhofs von Sonneberg beigesetzt, abseits der anderen Gräber, ohne Kreuz, nur mit einem Stein auf dem stand. Hier ruht die, die glaubte. In den Nächten nach ihrer Beerdigung hörten die Bewohner des Dorfes aus dem Wald ein Flüstern.

leise, rhythmisch wie ein Gebet und manche schworen, sie hätten Kinderstimmen gehört, die sangen. Der Winter, der auf Elisabeth Schwarzwalds Beerdigung folgte, brachte ungewöhnlich lange Dunkelheit. Wochenlang lag Nebel über den Tälern, als würde der Wald selbst die Sonne verschlingen. In Gräfenruh sprach man leise darüber, dass der Tod der alten Frau keine Ruhe gebracht habe. Vieh starb ohne Grund.

Kinder erwachten nachts schreiend und sagten: “Sie hätten jemanden am Fenster gesehen. Eine Frau mit grauem Haar und weißen Augen. Die Kirche blieb voller, als sie es seit Jahren gewesen war. Doch Pfarreram Malten, der seit jenem Winter nie wieder lächelte, predigte nicht mehr über Erlösung, nur über Schweigen und Geduld. Im März 1907 kam ein junger Lehrer aus Weimer ins Dorf.

Sein Name war Friedrich Linde, kaum 30ßig Jahre alt, begeisterter Rationalist, fest überzeugt, dass Aberglaube die Wurzel aller Dummheit sei. Er hatte von den Geschichten gehört und wollte sie dokumentieren, als Beispiel für psychologische Übertragung in ländlichen Milieus. Schon am ersten Abend besuchte er die Lichtung, auf der man Elisabeths Leichnam gefunden hatte. Er fand nichts als Schnee und Fichten.

Doch in der folgenden Nacht schrieb er in sein Notizbuch: “Gegen Mitternacht hörte ich Gesang. Keine Worte, nur Silben. Zuerst dachte ich, es sei Wind in den Ästen.” Dann hörte ich Kinderstimmen. In den nächsten Wochen sammelte Linde Berichte von Dorfbewohnern. Ein Bauer erzählte, er habe drei Gestalten gesehen.

Klein, hager, mit langen Haaren. Sie seien am Waldrand gestanden und hätten ihn angesehen, bis er das Kreuz schlug. Eine alte Frau behauptete, sie habe eines der Kinder erkannt, einen Jungen, der vor über 10 Jahren in einem Heim gestorben war, eines jener Waldkinder der Schwarzwaldschwestern. Linde schrieb weiter akribisch, voller Spott, aber mit wachsender Unruhe.

“Ich kann mir ihre Furcht erklären”, notierte er, “aber nicht meinen eigenen Herzschlag, wenn ich nachts ihre Stimmen höre.” Ende April verschwand er. Sein Zimmer im Gasthaus blieb unberührt. Sein Mantel hing am Haken. Sein Notizbuch lag auf dem Tisch. Der letzte Eintrag lautete: “Heute Nacht gehe ich tiefer hinein. Ich glaube, ich habe das Lied verstanden.

” Man fand ihn nie. Der Fall wurde offiziell nie mit den Schwarzwaldschwestern in Verbindung gebracht. Doch in den Jahren danach veränderte sich der Wald. Wanderer berichteten von seltsamen Geräuschen, Flüstern, das wie Kinderlaute klang, aber keine Richtung hatte.

Holzarbeiter fanden auf Baumstämmen eingeritzte Zeichen, identisch mit denen, die einst Sheriff Van beschrieben hatte. Kreise, Striche, spiralförmige Linien. Zwischen 1907 und 1910 verschwanden fünf Menschen in der Region Sonnebergalfeld. Alle waren Reisende, Tagelöhner, Männer ohne Angehörige. Niemand verband die Fälle öffentlich, aber in den Dörfern begann man wieder nach Einbruch der Dunkelheit Türen zu verriegeln.

Im Sommer 1911 kam ein alter Mann nach Gräfenruh. Er stellte sich als Pfleger Johannes Heller vor, derselbe, der einst in Sonnenstein gearbeitet hatte. Er war alt, hinkte, trug einen schweren Mantel trotz der Hitze. In der Kirche bat er um eine Messe für die Kinder im Wald.

Der Pfarrer, inzwischen ein junger Nachfolger Maltens, fragte, was er damit meine. Hella antwortete nur: “Sie sind nicht tot. Sie hören nur auf den Ruf ihrer Mutter.” Noch in derselben Nacht starb er im Gasthaus an einem Herzschlag. In seiner Tasche fand man einen kleinen Stoffbeutel. Darin befanden sich drei Milchzähne, sorgfältig in Leinwand gewickelt und ein Zettel, auf dem stand: “Der Kreis ist offen.” Niemand verstand, was es bedeutete.

Im Herbst wurden erneut Tierkadaver im Wald entdeckt, angeordnet in geometrischen Formen. Bauern sagten, sie hätten Kinderlachen gehört, doch niemand wagte, die Lichtung aufzusuchen. Die Behörden erklärten alles für Aberglaube. Zeitungen berichteten kaum noch. Die Geschichte der Schwarzwaldschwestern war zu einem Schatten verblasst, den nur alte Menschen noch kannten.

Doch im Dezember, an einem windstillen Abend sah ein Zugführer auf der Strecke Saalfeld Koburg etwas, das ihn zeitlebens verfolgen sollte. Auf einer Brücke über der Schlucht stand eine Gestalt, eine Frau, barfuß in einem weißen Kleid. In der Hand hielt sie eine Laterne. Hinter ihr standen Kinder in einer Reihe. Reglos.

Als der Zug vorbeifuhr, sah der Lockführer, wie sie lächelte und die Laterne hob. Dann waren sie verschwunden. Er schwor: “Es sei kein Nebel gewesen, kein Traum.” Nach jener Nacht auf der Brücke kehrte kein Frieden mehr in die Region zurück. Die Eisenbahner weigerten sich nach Einbruch der Dunkelheit zu fahren.

Einige gaben ihren Dienst auf, andere tranken, um zu vergessen. Man sprach nur flüsternd davon, von der Frau mit der Laterne und den Kindern hinter ihr. Die Behörden reagierten, wie sie es immer taten, mit Schweigen. Der Bericht des Lockführers wurde abgelegt mit dem Vermerk Halluzination infolge Schlafmangels. Doch die Männer, die den Zug damals begleiteten, erzählten dieselbe Geschichte, Wort für Wort.

Im folgenden Frühjahr des Jahres fand ein Bahnwerter am Gleis nahe der Brücke eine kleine Holzkiste. Sie war sorgfältig verschnürt, von Moos bedeckt. Im Innern lagen zwei Dinge. Eine alte Kinderzeichnung, darauf eine Frau, die drei Kinder an der Hand hielt und ein Medaillon aus Blech, auf dem die Buchstaben Ie s eingeritzt waren. Niemand wußte, wie es dorthin gelangt war.

Der Bahnwärter, ein junger Mann namens Otto Klee, nahm die Kiste mit nach Hause. Zwei Nächte später erzählte seine Frau, er sei im Schlaf aufgestanden, habe die Haustür geöffnet und sei hinausgegangen. Man fand ihn am Morgen nur in Hemd und Hose, Barfuß, mitten im Wald. Sein Gesicht war friedlich, die Augen weit geöffnet.

Im Schnee um ihn herum standen kleine Fußabdrücke, zu klein für einen Erwachsenen, zu viele für einen Menschen allein. Das Dorf schwieg. Niemand wollte mehr reden, niemand wollte mehr hören. In jenen Jahren veränderte sich Deutschland, Fabriken, Maschinen, Eisenbahnlinien. Der Fortschritt kam und mit ihm das Vergessen.

Die Geschichte der Schwarzwaldschwestern verschwand aus den Zeitungen, aus den Gesprächen, aus den Schulen. Nur die Alten erinnerten sich. Sie sagten, dass in gewissen Nächten, wenn Nebel vom Wald herabstieg, Kinderlieder im Wind zu hören seien. Alte verstimmte Melodien ohne Worte. Dann kam der Krieg. Das Jahr 1914 brachte Lärm. Schreie, Rauch. Männer zogen fort und kamen nicht wieder.

Die Dörfer wurden leer, die Wälder stiller. Niemand achtete mehr auf seltsame Zeichen oder Stimmen. Doch im Winter des Jahres 1916, während das Land hungerte, geschah etwas, das den alten Schrecken zurückbrachte. Ein Junge aus dem Weisenhaus von Sonneberg, etwa 12 Jahre alt, verschwand aus seinem Bett. Man suchte ihn tagelang, fand keine Spur.

Eine Woche später stand er plötzlich wieder vor der Tür des Heims, barfuß, schmutzig, aber unverletzt. Er sprach kaum, doch auf die Frage, wo er gewesen sei, antwortete er bei der Mutter im Wald. Der Heimleiter schrieb einen Bericht, den niemand lesen wollte. Der Junge hieß Jakob und er blieb nicht lange. Drei Monate später starb er an einer Lungenentzündung. In seiner Hand hielt er ein Stück Holz, grob geschnitzt wie ein kleines Kreuz.

Sein Grab blieb namenlos. Im Archiv des Heims fand sich Jahrzehnte später ein Zettel in schwacher kindlicher Schrift. Sie hat gesagt, wir sollen warten. Bald ruft sie alle. Niemand wußte, wer sie war. Aber die, die den alten Namen Schwarzwald noch kannten, verstanden sofort. Die Jahre vergingen.

Nach dem Krieg kamen neue Menschen, neue Straßen, neue Häuser. Der Wald blieb. Er wuchs zurück über alte Pfade, über verfallene Hütten, über alles, was man vergessen wollte. Nur die Vögel mieden gewisse Lichtung und Jäger sagten: “Dort sei die Luft dicker, als wolle sie atmen.” Einmal im Herbst des Jahres 1930, als ein Sturm über Thüringen zog, fiel eine alte Fichte nahe der Brücke.

Unter ihren Wurzeln fand man etwas, das wie ein menschlicher Schädel aussah, klein, von Moos umschlungen. Neben ihm lagen Fragmente eines alten Tuches und ein verrostetes Messer. Der Forstmeister meldete den Fund an die Polizei. Doch als die Beamten am nächsten Tag eintrafen, war der Schädel verschwunden. Nur das Messer blieb.

Auf seiner Klinge stand kaum lesbar: “Jedidias”. So schloss sich der Kreis. Der Name des Mannes, der einst den Glauben gesäht hatte, tauchte nach fast 70 Jahren wieder auf. Als rostiger Abdruck eines Wahns, der nie gestorben war. Im Winter des Jahres 1933, kurz bevor das Land in eine neue Dunkelheit stürzte, wurde die Gegend um Gräfenruh erneut zum Schauplatz von Unruhe. Es begann mit den Tieren.

Schafe verschwanden aus Stellen, Hühner legten keine Eier. Hunde jaulten nachts, als sähen sie etwas, das kein Mensch sehen konnte. Die Bauern sprachen von kaltem Wind aus dem Boden, einem Hauch, der durch Türen und Fenster zog, obwohl alles verriegelt war. In der Nacht des Heiligen Abends berichteten mehrere Bewohner, sie hätten eine Prozession von Lichtern im Wald gesehen, wie Laternen, die in einer Reihe durch die Bäume glitten.

Manche sagten, sie hätten Stimmen gehört, Kinderstimmen, die ein Lied sangen, das niemand kannte. Am Morgen fand man auf der Dorfstraße drei Zeichen aus Asche gezeichnet. Kreise, die sich berührten. Niemand bekannte sich dazu. Far Lenz, der junge Nachfolger des alten Malten, schrieb in sein Kirchenbuch: “Die Finsternis hat eine Form.” Danach sprach er nie wieder über das Ereignis.

Einige Monate später, im Frühling des Jahres 1934 kam ein Historiker namens Dr. Wilhelm Rott aus Jena in die Gegend. Er forschte über religiöse Abweichungsbewegungen des 19. Jahrhunderts und war auf den Fall der Schwarzwaldschwestern gestoßen. In den Archiven hatte er Berichte, Protokolle, Briefe und sogar die handschriftlichen Aufzeichnungen des verstorbenen Elias WeS gefunden.

Er war überzeugt, dass in der Geschichte eine psychologische Wahrheit verborgen lag. Ein Beispiel dafür, wie Isolation und Aberglaube aus Menschen Fanatiker machten. Rott mietete ein Zimmer im Gasthaus von Gräfenruh und begann den Wald zu durchstreifen. Er war gebildet, nüchtern, keiner, der leicht an Übernatürliches glaubte.

Doch in seinen Notizen, die später gefunden wurden, zeigte sich, dass auch er nach und nach an der Atmosphäre des Ortes zerbrach. Der Wald spricht, schrieb er am dritten Tag, nicht in Worten, sondern in Stille. Ich fühle mich beobachtet, wenn ich zwischen den alten Fichten stehe. Am fünften Tag fand er die Lichtung, die der Förster Kraft Jahrzehnte zuvor beschrieben hatte.

Dort lagen drei halb verrottete Baumstämme in Form eines Kreuzes und mittenderin war ein Kreis aus Steinen gelegt. In der Mitte lag ein Stück Holz, auf dem man die Buchstaben E S erkennen konnte. Rott schrieb in sein Notizbuch: “Ich glaube, ich habe den Ort gefunden, an dem alles begann.” Danach endet das Tagebuch abrupt. Rott kehrte nie in das Gasthaus zurück.

Sein Mantel und seine Mappe wurden am Waldrand gefunden. Sein Körper nie. Im Sommer desselben Jahres brannte ein Teil des Thüringer Waldes nieder. Offiziell sprach man von Blitzschlag, doch Augenzeugen erzählten, der Brand sei von mehreren kleinen Feuern ausgegangen, die gleichzeitig entzündet wurden. Die Flammen breiteten sich rasend schnell aus, als würde der Wald selbst brennen wollen.

Als das Feuer nach drei Tagen erlosch, war der Hohlgrund, jener alte verfluchte Ort nur noch eine graue Narbe in mittenschwarzer Stämme. Doch nach dem Brand begannen neue Gerüchte. Arbeiter, die beim Aufräumen halfen, berichteten, sie hätten zwischen der Asche kleine Fußspuren gesehen. Barfuß, zu klein für Erwachsene.

Einer schwor: “Er habe ein Kinderlied gehört, das durch den Rauch kam, leise, eintönig, ohne Worte. Ein anderer erzählte, er habe auf einem verkohlten Stein Kreidesymbole gesehen, Kreise und Linien, die sich wiederholten. Die Behörden untersagten das Betreten des Gebiets. Der Brand sei gefährlich, hieß es, der Boden instabil.

Doch die Alten im Dorf wussten, dass es nicht um Sicherheit ging. Sie wussten, dass der Wald etwas behalten hatte, etwas, dass man nicht verbrennen konnte. Im Herbst schrieb ein Journalist aus Erfurt, der über den Brand berichten wollte, einen letzten Satz in seinen Entwurf. Der Boden des Hohlgrunds dampft, als atme er. Vielleicht hat die Saat überlebt. Danach legte er die Feder beiseite und beendete den Artikel nie.

Nach dem Brand des Jahres glaubten viele, der Fluch sei endlich erloschen. Die Lichtung war zu Asche geworden, die Ruinen verschwunden, die Erde schwarz und leer. Doch mit dem Schweigen kam kein Frieden. Der Wald, so sagten die Leute, sei anders still geworden, nicht leer, sondern wachsam.

Tiere mieden die Gegend, Pflanzen wuchsen nicht mehr und wer bei Nebel vorbeiging, spürte einen Luftzug, als atmete die Erde selbst. In den folgenden Jahren brach über Deutschland ein neues Zeitalter der Angst herein. Krieg, Bomben, Feuer. Ganze Städte brannten, während die Menschen in den Wäldern Schutz suchten. In jenen Jahren kehrte die Geschichte der Schwarzwaldschwestern als Flüsterlegende zurück, besonders unter den Flüchtlingen, die aus dem Osten kamen.

Man erzählte, tief im Thüringer Wald gebäbe es eine Lichtung, wo Kinderstimmen nachts beteten und dass dort niemand hungern müsse, wer reinen Herzens sei. Im Winter des Jahres 1943 kam ein Transport von Vertriebenen aus Schlesien nach Gräfenru. Unter ihnen war eine Frau namens Martha Klose, eine Hebarme von etwa 50 Jahren. Sie erhielt eine Unterkunft in einem verlassenen Haus am Waldrand.

Wenige Wochen später begann sie im Dorf als seltsam zu gelten. Sie sprach kaum, ging bei Einbruch der Dunkelheit hinaus und kehrte mit Kräutern und Zweigen zurück. Einige sahen sie auf der alten Straße zum Hohlgrund. Im Frühjahr gebar sie ein Kind, obwohl niemand von einer Schwangerschaft gewusst hatte. Sie sagte, das Kind sei von Gott geschickt.

Doch das Neugeborene war still, zu still. Es schrie nicht, öffnete die Augen nicht. atmete kaum. Es starb in der zweiten Nacht. Martha weigerte sich es zu begraben. Sie wickelte es in Tücher und sprach über ihm Gebete, die niemand kannte. Als Nachbarn versuchten ihr zu helfen, fanden sie das Haus leer. Auf dem Boden lagen Zeichen aus Asche und das tote Kind war verschwunden.

Im Herd brannte ein schwaches Feuer und über der Asche hing der Geruch von feuchter Erde. Nach dieser Nacht sah niemand Mart Klose je wieder. Nur Kinder sagten, sie hätten eine Frau mit langen Haaren zwischen den Bäumen gesehen, die leise Lieder sang. Nach Kriegsende besetzte die sowjetische Armee die Region. Viele der alten Häuser wurden geräumt.

Der Wald blieb unberührt. Die neuen Behörden interessierten sich nicht für Legenden. Die Lichtung war gesperrt, das Gebiet als militärisches Übungsfeld ausgewiesen. Jahrzehntelang durfte niemand es betreten, doch die Legende überlebte. Alte Menschen in den umliegenden Dörfern erzählten, daß die Erde dort nie gefror, daß selbst im Winter ein feiner Dunst aus dem Boden stieg.

“Sie schlafen da unten”, sagte eine Frau, die das alles noch als Kind erlebt hatte, die Mutter und ihre Kinder. Und manchmal, wenn der Wind vom Westen kommt, hört man sie rufen. In den 50er Jahren tauchte ein neuer Name in Akten auf. Ein sowjetischer Offizier, Major Belof, der das Gelände inspizierte, meldete in seinem Bericht: “Ungewöhnliche thermische Aktivität, Geräusche unbekannter Herkunft, Empfehlung, Sperrung auf unbestimmte Zeit. Ein Übersetzer, der den Bericht für die ostdeutschen Behörden übertrug, schrieb am Rand mit Bleistift oder

einfach Angst. Der Hohlgrund blieb ein leerer Punkt auf der Karte, offiziell nicht existent. Doch Jäger, die in den secher Jahren heimlich dort jagten, erzählten dieselbe Geschichte. Kein Vogel, kein Tier, keine Bewegung, nur eine unnatürliche Wärme im Boden und das Gefühl, dass man beobachtet wurde.

Einer schwor: “Er habe Kinder gesehen, die am Rand der Lichtung standen, Hand in Hand, Bleich und barfuß. Ein anderer sagte, er habe eine Frau mit grauem Haar erkannt, die am Waldrand stand und eine Laterne trug. Niemand glaubte ihn, aber sie selbst gingen nie wieder dorthin. Und so wuchs der Wald weiter, schweigend, wachsam, atmend.

Er hatte Zeit. Menschen kamen und gingen. Kriege endeten, Grenzen fielen, doch die Lichtung blieb. Im Sommer des Jahres 1968, als die Welt sich veränderte und junge Menschen auf den Straßen von Freiheit sprachen, machte ein Student der Theologie aus Leipzig namens Heinrich Bauer eine Entdeckung, die er später bereuen sollte.

Er arbeitete an einer Dissertation überpokalyptische Volksreligionen in Deutschland und war durch Zufall in den Archiven von Jena auf die Akte Schwarzwald gestoßen. Fasziniert von der Mischung aus Glaube, Wahn und Einsamkeit beschloss er, selbst in den Thüringer Wald zu reisen, um den Ort des Ursprungs zu sehen.

Dauer war jung, rational und überzeugt, dass jedes Phänomen, selbst das Düsterste, eine Erklärung besitze. Er nahm ein Notizbuch, eine Kamera und eine Karte mit, auf der der Hohlgrund, obwohl offiziell gestrichen als blasser Schatten erkennbar war. Am 17. Juli erreichte er Gräven. Das Dorf war inzwischen klein geworden, nur wenige Häuser, viele Ruinen, die Jugend fortgezogen.

Die Alten sahen ihn mißtrauisch an, als er nach der Lichtung fragte. Eine Frau, fast 90 Jahre alt, legte ihre Hand auf seinen Arm und flüsterte: “Wenn du hingehst, dann bleib dort. Es läßst dich sonst nicht mehr los.” Er lächelte, bedankte sich und ging trotzdem. Am Nachmittag betrat er den Wald. Er schrieb später in sein Tagebuch: “Es ist stiller als in jeder Kirche. Kein Tierlaut, nur mein Atem.

” Nach einer Stunde erreichte er einen Hang, wo der Boden schwarz war, als sei dort einmal Feuer gewesen. Es roch schwach nach Asche, obwohl seit Jahrzehnten kein Brand verzeichnet war. In der Mitte fand er Steine, kreisförmig gelegt. Zwischen ihnen wuchs Moos, dicht und grün, als schütze es etwas. Bauer machte Fotos, den Durchmesser des Kreises und notierte: “Zehn Schritte, fast vollkommen symmetrisch, kein Zufall.” Dann schrieb er nichts mehr.

Sein Tagebuch endete mitten im Satz. “Ich höre etwas wie Stimmen von Kindern sehr weit weg.” Oder vielleicht er kehrte nicht zurück. Drei Tage später fand man seine Kamera und seine Tasche ordentlich zusammengelegt am Waldrand. Auf dem letzten Foto war nichts als Nebel zu sehen und doch, wenn man genau hinsah, glaubte man darin, eine Hand zu erkennen. Klein, schmutzig, ausgestreckt.

Die Polizei suchte eine Woche lang. Kein Ergebnis. In den Akten steht, der Fall sei ungeklärt, vermutlich Unfall. Doch in der Nacht nach dem Fund seiner Sachen meldeten zwei Holzarbeiter. Sie hätten aus der Richtung des Hohlgrunds Kinderlachen gehört, begleitet von einem leisen Glockenklang, als ob jemand eine alte rostige Schelle schüttelte.

In den 70er Jahren versuchte ein Geologenteam die Bodenwärme des Gebiets zu untersuchen. Auf den Messinstrumenten erschienen unregelmäßige Ausschläge, als käme Hitze aus dem Untergrund. Die Forscher erklärten es mit Gasen, die aus tieferen Schichten stiegen. Doch ein Techniker, der bei der Messung half, schwor: “Er habe Stimmen gehört, die aus der Erde kamen.

” “Wie beten”, sagte er, “aber rückwärts. Das Gelände wurde erneut gesperrt. In den Archiven der Universität Leipzig liegt ein Brief von einem der Forscher an einen Kollegen in Dresden. Wir haben nichts gefunden. Aber ich rate dir, wenn du jemals in den Thüringerwald kommst, geh dort nicht hinein. Manche Orte sind nicht leer, sie warten.

Nach dieser Expedition verschwand der Hohlgrund endgültig aus jeder Karte. Der Name wurde gelöscht, die Wege wuchsen zu und selbst in den Erzählungen der Dörfer wurde das Schweigen dichter. Nur alte Leute erzählten noch, dass man manchmal bei Ostwind Kinderstimmen hören könne. Sanft. summend ohne Worte.

Im Jahr 1978 berichtete ein Förster, er habe im Morgengrauen eine Frau gesehen, barfuß mit einem weißen Kleid, das kaum Farbe hatte. Sie stand mitten auf dem Weg, sah ihn an und sagte nur: “Sie sind alle wach.” Dann war sie verschwunden. Der Förster kündigte wenige Tage später seinen Dienst. Er zog fort und sprach nie wieder über den Wald.

Der Hohlgrund blieb über Jahre hinweg unberührt, eingewachsen und vergessen. Auf Luftaufnahmen der 80er Jahre war nur dichter Wald zu erkennen, eine grüne Welle ohne erkennbare Strukturen. Doch die, die dort lebten, wussten, dass Vergessen nicht Heilung bedeutet. In langen Winternächten flackerten im Wald Lichter und manchmal glaubte man Kinderstimmen zu hören, die im Schnee sangen. Niemand ging hin, niemand sah nach.

Im Herbst des Jahres 1989, kurz bevor die Grenzen fielen, wurde ein Trupp von Arbeitern aus Saalfeld geschickt, um eine neue Stromleitung zu verlegen. Die Karte, die sie nutzen, zeigte einen geraden Verlauf quer durch ein abgelegenes Tal. Sie wussten nicht, dass es der alte Hohlgrund war. Am dritten Tag der Arbeiten begann das Unheimliche.

Werkzeuge verschwanden, Kabel lagen am nächsten Morgen an anderer Stelle und einer der Männer schwor: “Er habe Stimmen aus der Erde gehört.” Die Gruppe lachte darüber, bis einer von ihnen, ein junger Elektriker namens Peter Albrecht, verschwand. Er hatte am Abend gesagt, er wolle nur kurz frische Luft schnappen.

Man fand seine Taschenlampe noch brennend am Rand einer Senke. Keine Spuren, keine Fußabdrücke im Matsch. Als die Polizei kam, fand man nichts außer einem merkwürdigen Geruch, feucht, nach Asche und Eisen. Die Arbeiten wurden abgebrochen. Im offiziellen Bericht hieß es, der Mann sei wahrscheinlich in einen unterirdischen Schacht gestürzt.

Doch keiner der Arbeiter kehrte je zurück, um die Leitung fertig stellen. Ein Jahr später nach der Wiedervereinigung gelangte die Geschichte in die Hände einer jungen Journalistin aus Berlin namens Anja Falk. Sie schrieb für eine kleine Zeitschrift über vergessene Orte. Fasziniert von den alten Gerüchten reiste sie nach Gräfenruhe, das nun halb verlassen war.

Die wenigen Bewohner warnten sie, aber sie lachte nur. “Ich glaube an Geschichten”, sagte sie, “nicht an Geister.” Am 18. Oktober fuhr sie mit einem Geländewagen tief in den Wald. Am Abend desselben Tages hörte man in der Nähe des Dorfes Schreie. kurz, gedämpft, dann stille. Man fand ihren Wagen am nächsten Morgen.

Die Fahrertür stand offen, der Motor war aus. Auf dem Sitz lag ihr Notizbuch aufgeschlagen. Die letzte Seite trug nur drei Worte. Sie sind hier. Anja Falk wurde nie gefunden. Ein Jahr später veröffentlichte ihre Redaktion einen Artikel über sie. Eine nüchterne Chronik des Verschwindens. Doch in der Druckerei geschah etwas Merkwürdiges.

Auf dem Foto, das sie am Tag vor ihrem Verschwinden gemacht hatte, zeigte sich im Hintergrund eine Gestalt, undeutlich, fast durchsichtig, wie Nebel in Menschenform. Neben der Gestalt standen drei kleinere Schatten. Die Zeitung zog das Heft aus dem Verkehr. Nur wenige Exemplare gelangten in Umlauf. In den 90er Jahren mieden selbst Förster den alten Hohlgrund.

Auf Satellitenbildern erkannte man, daß die Vegetation dort seltsam wuchs. Kein gleichmäßiger Wald, sondern konzentrische Ringe aus Bäumen, als würde die Erde selbst etwas umschließen. Forscher, die sich das Phänomen erklären wollten, kamen nicht weit. Eine Gruppe Geografiestudenten aus Erfurt, die im Sommer des Jahres 1996 Proben nehmen wollte, kehrte vorzeitig zurück.

Einer von ihnen, der einzige, der mit der Kamera zurückkam, sagte, sie hätten ein Geräusch gehört, wie atmen unter der Erde. Dann habe plötzlich dichter Nebel sie umgeben und aus diesem Nebel sei ein leises rhythmisches Flüstern gekommen. Es klang wie ein Kinderlied, aber rückwärts gesungen. Niemand glaubte ihn. Die Aufnahmen wurden undeutlich, verrauscht. Nichts war klar zu erkennen. Nur für den Bruchteil einer Sekunde blitzte im Bild etwas auf.

Ein Kreis aus Stein, in dessen Mitte etwas Dunkles lag. Ein Jahr später, im Herbst 1996, wurde die Region vom Sturm Loter getroffen. Bäume brachen, ganze Hänge rutschten ab. Als der Wind sich legte, war der Hohlgrund frei, die Lichtung wieder sichtbar. Und in der Mitte, wo einst die Hütte der Schwarzwaldschwestern gestanden hatte, lag etwas Neues.

Ein Baum, jung, aber hoch, mit einer Rinde so weiß, dass er im Nebel leuchtete. Die Äste wuchsen nach unten, als neigten sie sich zum Boden. Und unter der Wurzel sah man etwas Metallisches glitzern, vielleicht eine alte Laterne. Die Leute sagten, man solle ihn nicht berühren, denn in der Nacht, wenn Wind durch seine Äste ging, klang es wie Kinderlachen.

Der weiße Baum im Herzen des Hohlgrunds wurde bald zu einer Legende. Niemand wusste, wann genau er gewachsen war. Manche sagten, er sei in einer einzigen Nacht erschienen, andere, daß er schon immer dort gestanden habe, verborgen unter der Erde. Botaniker, die später Proben nahmen, konnten seine Art nicht bestimmen.

Seine Rinde war kühl wie Metall, seine Blätter silbrig und im Wind gaben sie einen Laut von sich, der wie Flüstern klang. Im Jahr 2003 fuhr ein Team von Biologen aus Weimer dorthin, um die Anomalie zu untersuchen. Sie kamen mit Geräten, Kameras, Messinstrumenten. Die Einheimischen warnten sie, doch niemand lachte mehr über solche Warnungen.

Der Leiter der Expedition, Professor Hartmann, schrieb in seinem Feldbericht: “Das Gebiet ist ungewöhnlich warm. Kein Vogel, kein Insekt, keine Spur tierischen Lebens. Der Baum scheint in perfekter Symmetrie zu wachsen. Seine Wurzeln bilden Kreise, als folgten sie einem Plan. Am dritten Tag hörten sie Geräusche, zuerst wie Wind, dann wie Stimmen. Hartmann notierte: “Kindstimmen, flüsternd, aber nicht aus einer Richtung. Sie scheinen von unten zu kommen.” Danach bricht das Protokoll ab.

Die Gruppe kehrte nie zurück. Nur ihr Wagen wurde gefunden, leer, die Türen offen, die Ausrüstung unberührt. Die Behörden sperrten das Gebiet erneut. In den Akten steht: Verlust im Gelände, unklare Ursachen. Gelände für die Öffentlichkeit geschlossen. Doch nichts kann für immer geschlossen bleiben. Im Herbst 2008 kam ein Wanderer aus Bayern in die Gegend.

Er hatte von der Geschichte gehört, hielt sie für Märchen und suchte den Baum aus Neugier. Später erzählte man, er habe eine Kamera mit sich geführt und GPS-Koordinaten an Freunde geschickt. Sie verfolgten sein Signal bis in den Hohlgrund. Dann verstummte es. Drei Tage später empfing einer seiner Freunde ein letztes Bild. Es zeigte den weißen Baum in der Dämmerung und unter ihm, im Schatten der Wurzeln standen Kinder, nicht aus Fleisch, nicht ganz aus Licht, und vor ihnen eine Frau, grauhaarig, barfuß mit einer Laterne in der Hand. Die Polizei suchte Wochen, fand aber nichts. Kein

Körper, keine Spuren, nicht einmal den Baum. Als man ein Jahr später Satellitenaufnahmen machte, war an der Stelle, wo der Baum gestanden haben sollte, nur dichter Wald und eine seltsame kreisförmige Senke, in der kein Schnee liegen blieb. Heute ist der Hohlgrund nicht mehr auf Karten verzeichnet. Die Menschen nennen ihn einfach das stille Tal.

Wanderer, die sich dorthin verirren, berichten, dass dort die Luft warm ist, selbst im Winter und dass sie manchmal Kinder lachen hören, leise und fern. Alte Frauen sagen, dass die Mutter ihre Kinder nie verlassen hat, dass sie unter der Erde lebt, im Kreis ihrer Reihen, wartend.

Manchmal finden Jäger kleine Spuren, winzige Fußabdrücke, die im Schnee beginnen und plötzlich enden, als wäre jemand einfach verschwunden. Und wenn der Wind vom Osten weht, trägt er eine Melodie mit sich, die niemand kennt. Sie klingt wie ein Schlaflied. Sie sagen, es ist nur der Wind. Aber wer einmal dort war, weiß, daß der Wald atmet, daß er hört und daß er sich erinnert.

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