(1876, Spessart) Die Familie Donnelly: Deutschlands verstörendstes genetisches Geheimnis

Doktor, begann er leise. Unsere Methoden stoßen an Grenzen. Ich spüre es. Die Kinder, sie sind nicht mehr so stark wie früher. Der Preis wächst, aber wenn wir aufhören, dann war alles umsonst. Können Sie können Sie helfen ohne die Familie zu verraten? Brenner sah ihn lange an.

Es war als Stünde vor ihm ein Mann, der zugleich Täter und Opfer war, verstrickt in eine Tradition, die er nicht mehr durchbrechen konnte. “Sie haben schon zu viele Leben genommen”, sagte Brenner schließlich. “Und sie werden nicht aufhören. Es gibt nur einen Weg. Die Wahrheit muß ans Licht. Patrick fuhr erschrocken zurück.

Seine Augen weiteten sich. Wenn Sie das tun, zerstören Sie uns. Alles, wofür unsere Väter gelebt haben. Brenner antwortete kühl: “Es ist nicht meine Aufgabe, ihre Lügen zu bewahren. Es ist meine Pflicht, Kinder zu schützen, auch vor ihren eigenen Eltern.” Nachdem Patrick Donnelly Brenners Praxis so hastig verlassen hatte, blieb eine drückende Stille zurück.

Der Arzt saß noch lange an seinem Schreibtisch, die Feder in der Hand, doch er konnte keinen weiteren Satz zu Papier bringen. Er wußte, dass Patrick innerlich zwischen Angst und Stolz zerrissen war und dass in dieser Zerrissenheit die ganze Tragödie der Familie lag. Die folgenden Tage brachten Brenner kaum Ruhe.

Immer wieder gingen ihm die Bilder durch den Kopf, die Reihe kleiner Kreuze hinter der Hütte, Meer mit dem runden Bauch, Colin mit dem Blick einer Frau, die längst zu viel gesehen hatte, Decklens verkrümmter Gang, Shames stotterndes Schweigen. Es waren keine Monster, es waren Kinder und doch gefangene eines Systems, das ihre Eltern für göttlich und notwendig hielten. Im Frühsommer des Jahres 1876 kam eine neue Nachricht.

Diesmal wieder von Jakob Hartmann. Der Postbote war bleich, als er Brenners Praxis betrat. Er berichtete von Schreien, die Nächtelang aus dem Tal halten, von Gesängen, die wie rituelle Literneien klangen und von Lichtern, die in Mustern aufflackerten, als würde man Experimente durchführen. Doktor, sagte Hartmann, ich habe viele Winter in den Bergen verbracht.

Ich weiß, wie Verzweiflung klingt, wie Hunger oder Krankheit, aber was ich dort höre, ist etwas anderes. Es ist kaltblütig, berechnet und nicht von dieser Welt. Brenner wusste, dass er handeln musste. Er wandte sich an die Bezirksbehörden in Würzburg und schilderte, was er gesehen und dokumentiert hatte. Doch die Beamten reagierten zurückhaltend.

Manche hielten ihn für übertreibend, andere sahen in der Angelegenheit nur ein Familienproblem. Die Beweise, die er vorlegte, waren schwer zu deuten, und die Vorstellung, dass eine Familie über Generationen hinweg systematisch ihre Kinder ermordete, war für die meisten unvorstellbar. Er erhielt lediglich die Waage Zusage, dass ein Gerichtsschreiber die Lagebo bei Gelegenheit prüfen würde.

Brenner begriff, dass er allein handeln musste. So machte er sich erneut auf den Weg ins Tal, diesmal mit größerer Entschlossenheit. Der Sommer war heiß, die Wälder voller Insekten und die Luft stand stickig in den Schluchten.

Doch je näher er der Hütte kam, desto mehr lag wieder dieser eigentümliche Geruch in der Luft. Eine Mischung aus Rauch, Blut und etwas Süßlichem, das ihn an verfallenes Gewebe erinnerte. Die Donnelies empfingen ihn diesmal nicht feindselig, sondern merkwürdig still. Patrick wirkte gealtert, die Haare noch weißer, die Haut grau. Bridgit war kaum mehr als ein Schatten, ausgemärgelt und zitternd, die Augen hohl.

Und die Kinder, sie hatten sich verändert. Mer, nun deutlich schwanger, miet seinen Blick, als trüge sie eine Schuld, die sie nicht aussprechen durfte. Coline war in sich gekehrt, bewegte sich wie eine Dienerin, nicht wie eine Tochter. Shames hatte fast gänzlich seine Sprache verloren.

Sein Stottern war so stark, daß er nur noch einzelne Silben hervorbrachte und Decklin kaum 13 zeigte neue Fehlbildungen. Ein Gesicht, das asymmetrisch wuchs und Hände, deren Finger zu unnatürlicher Länge streckten, als gehörten sie nicht zu einem Kind, sondern zu einer Kreatur. Brenner sprach ruhig, stellte Fragen, hörte zu und langsam, wie von innerem Druck gezwungen begann Patrick erneut zu reden.

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