Amanda verließ den Park, nur ein Name hallte in ihrem Kopf wider: Camila. Jeder Schritt schien eine unerträgliche Wahrheit mit sich zu schleppen. Der Himmel war dunkel, der Wind eisig, und die Straßenlaternen warfen unruhige Schatten auf den Boden. Im Auto zitterten ihre Hände am Lenkrad. Neben ihr starrte das Mädchen schweigend auf die Straße, die Beine umklammert, den Blick abwesend. Camilas Worte hämmerten unaufhörlich in ihrem Kopf wider: Es war mein Vater. Er ist zu Hause.
Amanda spürte einen Stich in der Brust. Ein Druck, der nicht nur von Angst herrührte, sondern von etwas Tieferem. Vielleicht eine alte Schuld, die plötzlich und unerwartet wieder hochkam. Bevor sie sich dem Mann stellen konnte, musste sie noch eine letzte Sache erledigen.
Als sie das Krankenhaus betrat und Camila an der Hand führte, herrschte Stille. Die kalten Gänge spiegelten das gelbliche Licht der Lampen wider, und das ferne Summen der Monitore durchdrang die Luft. Beim Öffnen der Zimmertür fand sie Emilio wach auf dem Bett sitzend vor; seine Augen waren noch müde, aber er lebte.
— Mami…
„Er sagte es verängstigt. Amanda lächelte und versuchte, Fassung zu zeigen, wo nur Verzweiflung herrschte.“
— Alles ist in Ordnung, mein Schatz. Mama ist da.
Er versuchte aufzustehen, aber sie umarmte ihn vorsichtig.
— Wollen wir einen Spaziergang machen? Ich muss dich zu jemandem bringen.
— Wer, Mama?
Jemand, der hören muss, was dein Herz bereits weiß.
Die Krankenschwester versuchte, den Ausgang zu verhindern.
— Ma’am, er hat es immer noch nicht getan…
Ich weiß, was ich tue.
„Unterbrach Amanda mit einem Ton, der keinen Zweifel ließ. Sie wickelte den Jungen in eine Decke, brachte ihn zum Auto, und Camila setzte sich mit einem kleinen Koffer im Arm auf den Rücksitz. Die Stille im Wagen war fast unerträglich. Emilio blickte verwirrt aus dem Fenster, während die Lichter der Stadt an ihm vorbeirauschten.“
— Weinst du, Mama?
Er fragte und berührte ihr Gesicht.
Nein, mein Schatz, es ist nur der Wind.
Doch was da fiel, war nicht der Wind, sondern Tränen, die aus der Seele eines Menschen kamen, der wusste, dass er im Begriff war, der Hölle ins Auge zu sehen und vielleicht auch seinem eigenen Spiegelbild darin.
Das Haus von Darios Vater, Camila, lag in einer engen Straße, mit alten Fassaden und verblichenen Fenstern. Amanda hielt den Wagen an, stellte den Motor ab und schwieg. Camila sah sie an und flüsterte:
Er ist dort drüben.
Einen Moment lang war nur ihr Atem zu hören, unterbrochen vom fernen Bellen eines Hundes. Amandas Herz raste. Langsam öffnete er die Tür, nahm die Hand seines Sohnes und ging mit ihm zum rostigen Tor. Jeder Schritt fühlte sich schwer an. Als er klingelte, hallte der Klang durchs ganze Haus. Ein Schatten huschte hinter dem Vorhang hervor. Der Türknauf drehte sich. Die Tür ging auf.
Die Welt schien stillzustehen. Amanda presste die Hand vor den Mund, sie rang nach Luft. Der Mann vor ihr, mit dem gealterten Gesicht und den müden Augen, war Dario. Derselbe Dario, den sie vor Jahren entlassen hatte.
Mein Gott…
Er flüsterte.
— Tu…
Er stand regungslos da und starrte sie mit einer Mischung aus Scham und Resignation an.
Dann hat sie es dir erzählt…
Er sagte mit heiserer Stimme, ohne überrascht zu sein.
— Das hat er mir erzählt.
Amanda spürte, wie der Boden unter ihren Füßen verschwand.
— Du bist ihr Vater.
– Ja.
Die Stille, die folgte, war erdrückend, fast greifbar. Emilio hielt die Hand seiner Mutter und sah verständnislos zu.
Darf ich hereinkommen?
Amanda fragte. Er nickte langsam.
— Du bist auf der Suche nach der Wahrheit.
Die Wohnung war klein und spärlich beleuchtet. Auf dem Tisch lagen verstreute Papiere, in einer Ecke Glasscherben, und ein stechender Medikamentengeruch hing in der Luft. Amanda setzte Emilio auf das Sofa, ohne Dario aus den Augen zu lassen.
– Warum?
Er fragte mit zitternder Stimme.
Warum hast du das getan?
Er holte tief Luft, als ob er sich darauf vorbereiten würde, seinen eigenen Abgrund zu durchqueren.
— Weil ich dich gehasst habe, Amanda. Ich habe dich mehr gehasst als mich selbst. Ich habe für dich gearbeitet, erinnerst du dich? Im Chemiebereich. Mir wurde eine Flucht vorgeworfen, die ich nicht begangen habe. Du wusstest es, aber du hast mich gefeuert, um dich vor dem Aufsichtsrat zu schützen. Du hast mich auf die Straße geworfen wie Müll.