Friedrich Steinbrecher — Schwängerte seine 5 Töchter und zwang sie die toten Babys zu essen (1927)

Komm nach Eichenmoor. Ein letztes Mal. Anna legte den Brief ab. Ihr Atem wurde flach. Rafael sah es sofort. Was ist los? Anna reichte ihm den Brief. Er will mich sehen sagte sie. Ich weiß nicht, ob ich das kann. Rafael nahm ihre Hände. Vielleicht musst du es nicht. Aber vielleicht ist es Zeit. Anna schloos die Augen. Ich habe meine Schwestern losgelassen flüsterte sie.

Vielleicht muß ich auch den letzten Teil loslassen. Am nächsten Morgen beschloßen sie zu reisen, nicht als Flucht, nicht als Rückkehr, sondern als Abschluss. Als sie Eichenmo erreichten, wehte ein warmer Wind durch die Heide und Erna spürte zum ersten Mal keinen Stich mehr, als sie die vertrauten Wege sah.

Fahrer Emil wartete im Fahrgarten. Er war älter geworden, viel älter, sein Gesicht von Falten durchzogen, die nicht vom Alter stammten, sondern von der Reue. Als er Anna sah, kniete er nieder. “Ich habe versagt”, flüsterte er. “Und ich bin dankbar, dass du lebst.” Anna trat vor. Ihre Stimme war ruhig. “Ich bin nicht hier, um dich zu bestrafen.

” Er hob den Kopf. Tränen füllten seine Augen. “Kannst du mir vergeben? Anna legte eine Hand auf sein Haar, vorsichtig wie eine Mutter mit einem Kind. “Ich weiß nicht, ob ich vergeben kann”, sagte sie, “aber ich kann dich nicht hassen.” Und manchmal ist das genug.

Der Wind wehte sanft durch die Birken und Anna wußte, dies war der letzte Schatten, und sie hatte ihn überstanden. Der Abend war weich und golden, als Anna und Rafael den Fahrgarten verließen. Die Birken rauschten leise über ihn und irgendwo in der Ferne schlug eine Amsel ihre letzten Töne des Tages. Die Luft roch nach warmem Gras und dem nahenden Sommer.

Für Anna fühlte sich dieser Moment an wie ein Durchschreiten einer unsichtbaren Tür. Hinter ihr lag ein Leben voller Finsternis, davor ein Leben, dessen Form sie noch nicht kannte, aber dass sie nicht länger fürchtete. Sie gingen langsam durch das Dorf. Menschen sahen sie aus Fenstern, manche blieben stehen, manche nickten ihr zu. Niemand starrte sie mehr an wie früher. Niemand flüsterte.

Sie spürte, wie ihre Schultern sich entspannten. Die Last war nicht verschwunden, doch sie war leichter geworden, weil sie endlich gelernt hatte, sie zu tragen. Rafael blieb stehen, als sie den Rand des Dorfes erreichten. “Möchtest du noch einmal zum Friedhof?”, fragte er sanft. Anna überlegte lange, dann schüttelte sie den Kopf. “Nein, nicht heute.

Ich weiß, daß Sie da sind und ich weiß, dass Sie in mir sind. Das reicht. Sie wanderten ein Stück durch die Heide, bis der Himmel darüber in einem weiten violetten Band erstrahlte. Die Sonne sank langsam und malte Streifen aus Gold und Orange über die Hügel. Anna atmete tief ein. Der Duft des Wacholders, der Erde, der trocknenden Kräuter.

Dieser Duft war ihr nie eine Heimat gewesen, aber jetzt war er es auf eine stille, neue Weise. Ich dachte früher, sagte Anna plötzlich, dass ich sterben müsste, um frei zu sein. Rafael blickte sie an. Und jetzt jetzt weiß ich, dass Freiheit etwas ist, dass man Schritt für Schritt lernt. So wie lesen, so wie Vertrauen.

Ihre Stimme war ruhig, sicherer als je zuvor. Und vielleicht ist Freiheit auch jemanden an seiner Seite zu haben. Rafael lächelte, aber ohne die drängende Hoffnung, die viele Männer gezeigt hätten. Er blieb einfach stehen, gab ihr Raum. Ich bleibe, solange du mich möchtest. Dann bleib, sagte Anna leise, aber nicht, weil ich Angst habe, sondern weil ich nicht mehr allein sein will.

Sie gingen weiter, bis sie eine kleine Anhöhe erreichten. Von dort sah man die Heide bis zum Horizont, ein endloses Feld aus Farben und Schatten. Anna setzte sich ins Gras. Rafael setzte sich neben sie. Kein Wort war nötig. In dieser Stille, die keine Bedrohung mehr bar, begann Anna zu erzählen von ihren Schwestern, von den Liedern, die kamen gesungen hatte, von den heimlichen Spielen unter dem Tisch, von den Sonnenstückchen, die Grätchen gesammelt hatte. Rafael hörte zu, als wäre jedes Wort ein Schatz. Und je mehr Anna

erzählte, desto heller wurde ihr Blick. Es war nicht mehr das Erzählen einer Überlebenden. Es war das Erzählen einer Frau, die beginnt ihr Leben zurückzufordern. Als die Sterne aufging, holte Rafael langsam ein kleines Bündel aus seiner Tasche. “Ich wollte es dir eigentlich später geben”, sagte er.

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