Zwei weitere Frauen folgten ihm, taumelnd, wieder aufstehend, erneut taumelnd. Sie waren schon fast da, als jemand hinter ihnen rief. Sie trugen die alte Frau. Joaquín drehte sich um und schoss, ohne zu zielen. Ein Mann fiel. Aber immer mehr kamen. „Lauft!“, rief Joaquín. „Ich halte sie auf.“ „Nein!“, rief Carolina und packte seinen Arm. „Komm mit uns!“
„Wenn ich gehe, schnappen sie uns alle.“ Joaquín stieß ihn weg. „Bring deine Schwester raus. Das ist alles, was zählt. Joaquín, verschwinde! Das ist meine Chance, zum ersten Mal in meinem Leben das Richtige zu tun.“ Carolina sah in seinen Augen, dass er seine Meinung nicht ändern würde, und es blieb keine Zeit mehr. Die Männer des Schleusers rückten näher, schossen und schrien.
Sie nahm María an der Hand und rannte mit ihr in Richtung Schlucht, gefolgt von den anderen Frauen. Hinter ihr hörte sie Joaquín schießen, Beschimpfungen brüllen und die Männer zu sich locken. Sie hörte Explosionen, Schmerzensschreie und dann noch etwas anderes: die Stimme des Kojoten. „Joaquín, du Verräter, ich häute dich lebendig, du Bastard!“ Carolina drehte sich nicht um.
Sie rannte weiter und zog María in die Dunkelheit der Schlucht. Die Felsen schrammten an ihren Armen und Beinen. Eine der Frauen stolperte, verstauchte sich den Knöchel und blieb weinend zurück. Carolina konnte sich nicht beherrschen. Sie spürte es tief in ihrer Seele, aber sie konnte nichts dagegen tun. Sie rannte weiter.
Sie rannte, bis ihre Lungen brannten, bis Maria zusammenbrach. Keuchend und zitternd suchten sie hinter einigen großen Felsen Schutz. Später kamen zwei weitere Frauen hinzu, eine half der anderen. Alle waren blutüberströmt, alle gebrochen. Aber sie lebten, und Maria war bei ihr. Carolina umarmte ihre Schwester, spürte, wie ihr dünner Körper an ihrem zitterte, hörte ihr verlegenes Schluchzen.
Er strich ihr durchs verstrubbelte Haar und flüsterte Worte, die er selbst nicht verstand, nur tröstende Laute, liebevolle Worte, Versprechen, die er nicht länger halten konnte. „Ich hab dich, Schwester, ich hab dich. Es ist vorbei, es ist vorbei.“ Doch es war noch nicht vorbei. Sie hörten noch immer Schüsse in der Ferne, sie hörten noch immer Schreie.
Und Carolina wusste, dass Joaquín dort hinten war, allein kämpfte, allein starb und seine Sünden mit Blut büßte. Ein Teil von ihr wollte zurück, wollte ihm helfen, doch der größere Teil, der María über alles liebte, zwang sie zum Schweigen. Sie warteten in der Dunkelheit und hielten jedes Mal den Atem an, wenn sie Schritte in der Nähe hörten.
Eine Stunde verging, vielleicht zwei. Allmählich verstummte das Feuer. Stille kehrte ein, schwer und bedrohlich, und dann hörten sie etwas zwischen den Felsen rascheln. Carolina hob ihren Revolver und richtete ihn in die Dunkelheit. „Wer auch immer da ist, komm nicht näher, sonst schieße ich.“ „Beruhig dich, Mädchen, ich bin’s.“ Lupita trat aus dem Schatten, blut- und rußbedeckt, aber lächelnd. „Wir haben’s geschafft.“
Drei haben wir ausgeschaltet. Einer blieb übrig. Carolina senkte die Waffe. Joaquín. Lupitas Lächeln verschwand. Ich weiß nicht. Ich sah, wie sie ihn umzingelten. Ich sah, wie er sich wehrte, aber es waren zu viele. Carolina spürte ein Ziehen in der Brust. Hass, Schuldgefühle, etwas Unbeschreibliches. „Wir müssen gehen“, sagte Lupita.
Sie werden diesem Pfad folgen. Ich kenne Höhlen weiter oben, wo wir uns bis zum Morgengrauen verstecken können. Und dann steigen wir auf der anderen Seite des Gebirges hinab, so weit wir kommen. Lupita sah María an. Sie konnte gehen. María nickte, obwohl sie kaum stehen konnte. „Ich kann, ich kann gehen.“ Sie gingen tiefer in die Schlucht hinein.
Sie kletterten zwischen den Felsen hindurch und versteckten sich im Schatten. Sie fanden eine flache Höhle, deren Eingang sie sehen konnten, aber nicht, was draußen lag. Die fünf Frauen kauerten dort zusammen, zitternd vor Kälte, Angst und Erschöpfung. Carolina umarmte María. Sie spürte, wie unregelmäßig Marías Atem ging und ihre Tränen die Schulter ihres Kleides benetzten.