Der Zweifrontenkrieg der Ermittler: Wie ein vergessener Schatten die Jagd nach dem Mörder neu entfacht
Es ist ein Wettlauf, der nicht nur gegen die Zeit geführt wird, sondern auch gegen die eigenen Fehler, gegen das Schweigen der Hauptverdächtigen und gegen die unerbittlich tickende Uhr des deutschen Rechtsstaates. Der Mordfall um den kleinen Fabian aus Güstro, der Deutschland wochenlang in Atem hielt, hat einen dramatischen und unvorhergesehenen Wendepunkt erreicht. Was lange Zeit als scheinbar klarer Fall galt – eine Täterin, ein Opfer, ein Tatort – verwandelt sich nun in ein komplexes Geflecht aus Nähe, Lüge und einem zweiten Schatten, dessen Existenz alles infrage stellt.
Die Ermittler des Landeskriminalamtes (LKA) Rostock stehen unter massivem internen und öffentlichen Druck. Sie jagen nicht mehr nur eine Verdächtige; sie jagen einen möglichen Komplizen, der ihnen bisher entwischt ist, während gleichzeitig die Hauptverdächtige in der U-Haft zusammenbricht und die Frist zur Anklageerhebung immer näher rückt. Die Frage ist nicht mehr ob es einen Mörder gibt, sondern wie viele – und ob die Polizei schnell genug handelt, bevor die Wahrheit unwiderruflich im Dunkeln versinkt.

I. Der Fund, der alles ändert: Eine Spur, die nicht zu Gina H. passt
Der erste Schockmoment, der die Ermittlungsroutine zerriss, kam an einem späten Dienstagabend. Nur wenige hundert Meter vom ursprünglichen Fundort der Leiche Fabians entfernt, sicherten Spezialisten in der Nähe von Güstro ein neues Beweisstück: ein Stück Stoff und einen kleinen Metallgegenstand. Auf den ersten Blick unscheinbar, entpuppte sich dieser Fund bei ersten internen Analysen als fatal. Das Objekt passte offenbar nicht zu Gina H., der seit Mitte Oktober inhaftierten Hauptverdächtigen.
Interne Quellen sprachen schnell davon: „Die Spur könnte alles verändern“. Die forensischen Auswertungen der Fundstücke zeigten Unregelmäßigkeiten. Das Material des Stoffs stammte demnach nicht aus dem Haushalt von Gina H. und auch nicht von bekannten Gegenständen aus ihrem Besitz. Damit war klar: Was bisher wie ein abgeschlossenes Puzzle wirkte – eine Täterin, die das Kind kannte, in der Gegend gesehen wurde und deren Auto am Fundort registriert war – war unvollständig.
Die Ermittler sahen sich plötzlich mit der Hypothese konfrontiert, die sie wochenlang vermeiden wollten: Hat jemand geholfen?
Dies war der Moment, in dem sich die Richtung der Ermittlungen schlagartig änderte. Sämtliche bisherigen Spuren, Tatzeit, Ablageort – alles kam auf den Prüfstand. Die forensischen Berichte deuteten sogar darauf hin, dass der Körper des Kindes an einem anderen Ort gelegen hatte, bevor er verbracht wurde. Wo ist der tatsächliche Tatort? Die Nervosität bei der Sonderkommission war spürbar. „Wir dürfen keinen Fehler machen“, hieß es intern.
II. Die schweigende Verdächtige und die tickende Uhr
Während die Polizei mit Hochdruck an der neuen Spur arbeitete, spitzte sich die Lage in der U-Haft zu. Die 29-jährige Gina H., die seit ihrer Festnahme eisern schwieg, lieferte kaum Antworten und verweis auf ihren Anwalt. Jetzt berichteten Insider, sie kämpfe mit massiven gesundheitlichen Problemen. Befragungen mussten mehrfach abgebrochen werden, Gina H. klagte über Kreislaufprobleme und musste zeitweise in die medizinische Abteilung der Haftanstalt verlegt werden.
Für die Ermittler wurde dies zum Wettlauf gegen die Zeit. Die Frist zur Anklageerhebung drohte zu verstreichen. Die Staatsanwaltschaft forderte dringend belastbare Ergebnisse. Doch die Zurückhaltung der Verdächtigen sei taktisch, so die Ansicht der Beamten: „Je länger sie schweigt, desto schwieriger wird es, sie eindeutig zu belasten, vor allem, wenn die neuen Spuren nicht klar auf sie verweisen.“
Fabians Mutter, die seit Wochen auf Gerechtigkeit wartet, sah den Fall in einer Endlosschleife. Die Frage „Wie konnte Gina das allein schaffen?“ hallte durch die Öffentlichkeit und nährte den Verdacht, dass die Ermittlungsrichtung zu eng gefasst war.
III. Die Video-Bombe: Die unbestreitbare Existenz eines Komplizen
Der endgültige Wendepunkt, der alle bisherigen Theorien erschütterte, kam nach der systematischen Wiederaufnahme der gesamten Fallakte. Bei der Neuauswertung von Handydaten, Überwachungskameras und Bewegungsprofilen stießen die Ermittler auf ein unscharfes Überwachungsbild einer Tankstelle, acht Kilometer vom Fundort entfernt. Die Aufnahme, die am Tag des Verschwindens Fabians entstand, zeigte einen dunklen Kombi, der kurz hielt. Eine Frau, die in ihrer Größe und Kleidung auf Gina H. schließen ließ, legte eine Tasche in den Kofferraum.
Doch dann das Schockierende: Im nächsten Frame tauchte ein zweiter Schatten auf.
Eine zweite Person, größer, männlich, in dunkler Kleidung, war nur für eine halbe Sekunde sichtbar, aber deutlich genug, um die Theorie vom Einzeltäter in Zweifel zu ziehen. Als das Bild intern gezeigt wurde, herrschte minutenlange Stille. „Wenn Gina H. nicht allein war, könnte das vieles erklären“, flüsterte ein Ermittler.
Die sofort angeordnete forensische Nachbearbeitung des Videos durch Spezialisten aus Berlin bestätigte die unfassbare Wahrheit: Die zweite Figur war real. Keine Täuschung, kein Schattenwurf. Die Erkenntnis explodierte wie eine Bombe. „Im Mordfall Fabian gibt es höchstwahrscheinlich eine zweite Person“.
IV. Die Jagd nach dem Schatten und der Skandal im Skandal
Mit dieser Entdeckung änderte sich der Fokus schlagartig. Die Frage war nun: Wer ist der Mann auf dem Video? Die Ermittler fahndeten nach dem dunklen Kombi, der in Ginas Nachbarschaft gesehen wurde, und verfolgten die Spur zu einem Bekannten aus früheren Zeiten, der kurz nach ihrer Festnahme nach Dänemark und weiter nach Schweden gereist war. Eine Zusammenarbeit mit Europol wurde vorbereitet.
Gleichzeitig wurde ein schwerwiegender Fehler der Ermittlungsarbeit aufgedeckt: Interne Quellen gaben zu, dass das entscheidende Video schon früh eingegangen war, aber als nicht relevant eingestuft wurde. Ein „fataler Fehler“, der in der Öffentlichkeit sofort Empörung auslöste. Oppositionspolitiker forderten eine Untersuchung, Journalisten sprachen von einem „Skandal im Skandal“.
Der Druck war immens. Doch das LKA gab nicht auf. Neue Suchaktionen mit Drohnen und Wärmebildkameras wurden organisiert. Und tatsächlich: Am Rande eines Parkplatzes, nur zwei Kilometer vom Tankstellenstandort entfernt, fand man frische Reifenspuren, die mit dem dunklen Kombi übereinstimmten. In den Akten tauchte ein neuer Name auf – eine Person, die bisher nie im Fokus stand, aber ein ähnliches Fahrzeug besaß.
V. Das Schweigen und die tickende Uhr
Trotz aller Fortschritte bleibt die Situation kritisch. Das entscheidende Video liegt weiterhin unter Verschluss. Gina H. schweigt, ihre Strategie, abzuwarten, könnte sich jedoch nun in ihr größtes Risiko verwandeln. Die forensischen Analysen sind langwierig, und die Staatsanwaltschaft mahnt: Sollte in wenigen Wochen kein klares Beweisergebnis vorliegen, droht die Freilassung von Gina H. mangels dringenden Tatverdachts.
Dieses Szenario alarmiert die Ermittler zutiefst: „Das wäre ein fatales Signal“, nicht nur für die Polizei, sondern für die trauernde Familie Fabians.
Der Fall Fabian erzählt nicht nur von einem Verbrechen, sondern von einem Netz aus Schweigen, Irrtum und menschlichem Versagen. Alles, was man bisher glaubte zu wissen, steht auf dem Prüfstand. Die neue Spur ist die letzte Chance auf Gerechtigkeit. In einem improvisierten Lagezentrum in Rostock arbeiten die Beamten ohne Pause, um den Mann auf dem Video zu identifizieren. „Irgendwo da draußen“, sagt ein Beamter leise, „läuft jemand herum, der die Antwort kennt.“.
Der Fall Fabian bleibt offen und mit ihm die quälende Frage: Wie viele Geheimnisse kann ein Dorf wie Güstro noch verbergen, und wird die Wahrheit ans Licht kommen, bevor die Zeit abläuft?