(1852) Die makabre Geschichte der Familie Kraus: Großmutter redete immer noch in ihrem Grab

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Im Herbst des Jahres 1852 erreichte die erste Meldung über die Familie Kraus die örtlichen Behörden des Landkreises Harz, unweit der kleinen Gemeinde Klaustal. Die Wälder, die das Oberharzer Bergland umspannten, lagen bereits unter einem kühlen, hartnäckigen Nebel, der alles in eine gedämpfte, unheilvolle Atmosphäre hüllte. Was zunächst als harmlose Beschwerde über nächtliche Ruhestörung begann, sollte sich als einer der beunruhigendsten Fälle entwickeln, die in den Archiven der Region verzeichnet sind.

Die Familie Kraus lebte seit drei Generationen in einem abgelegenen Bauernhof am Rande des Oberharzer Berglands. Das Anwesen, etwa vier Kilometer südlich von Klaustal gelegen, war über einen schmalen Waldweg erreichbar, der sich zwischen hohen, dunklen Tannen hindurchschlängelte und kaum befahren wurde. Heinrich Kraus, fünfzig Jahre alt, bewirtschaftete das Land gemeinsam mit seiner Frau Margarete und ihren drei Kindern: Wilhelm, neunzehn, Anna, sechzehn, und dem jüngsten Sohn Friedrich, der gerade zwölf Jahre alt geworden war.

Was die Aufmerksamkeit der Dorfbewohner erregte, waren die nächtlichen Geräusche, die vom Kraus’schen Anwesen zu hören waren. Zunächst beschrieben die Nachbarn – soweit man bei der Entfernung von Nachbarn sprechen konnte – ein monotones Gemurmel, das in den frühen Morgenstunden aus Richtung des Hofes zu vernehmen war. Der nächstgelegene Nachbar, Johann Müller, dessen eigener Hof etwa anderthalb Kilometer entfernt lag, berichtete dem Gemeindeschreiber von Stimmen, die sprächen, wenn alle schlafen sollten.

Die Kraus-Familie selbst zeigte sich bei den ersten Befragungen wortkarg. Heinrich Kraus erklärte lediglich, seine Mutter Martha, die im hohen Alter von achtundsiebzig Jahren im vergangenen Winter verstorben war, habe in ihren letzten Monaten oft verwirrt gesprochen. Die Familie habe sich daran gewöhnt, auch nach ihrem Tod gelegentlich noch Stimmen zu hören. Ein Phänomen, das der Dorfpfarrer zunächst als normale Trauerreaktion einstufte.

Doch was in den folgenden Wochen geschah, ließ diese einfache Erklärung zunehmend fragwürdig erscheinen. Die Geräusche verstärkten sich nicht nur, sondern nahmen einen spezifischen Charakter an. Mehrere Zeugen berichteten unabhängig voneinander, dass die Stimme deutlich als die der verstorbenen Martha zu identifizieren war – eine Frau, die für ihre markante, etwas heisere Sprechweise im ganzen Dorf bekannt gewesen war.

Der Gemeindeschreiber Friedrich Weber, ein methodischer Mann, der detaillierte Aufzeichnungen über alle ungewöhnlichen Vorkommnisse in seinem Zuständigkeitsbereich führte, notierte in seinem Bericht vom 15. Oktober 1852: „Die Familie zeigt eine auffällige Ruhe angesichts der Berichte. Während die Nachbarschaft zunehmend beunruhigt ist, reagieren die Mitglieder der Familie Kraus mit einer Gelassenheit, die mehr Fragen aufwirft als beantwortet.“

Ein Detail sollte sich als besonders bedeutsam erweisen: Martha Kraus war bereits seit dem 12. Februar 1852 auf dem Friedhof von Klaustal begraben. Ihr Grab, gekennzeichnet durch ein einfaches Holzkreuz mit der Inschrift Martha Kraus, 1774–1852, Ruhe in Frieden, lag etwa fünfzig Meter vom Hauptweg entfernt, umgeben von alten Eichen. Was die örtlichen Behörden zunächst nicht wussten: Die Stimme, die die Nachbarn hörten, sprach nicht nur – sie führte Gespräche.

Das Leben der Familie Kraus war über Jahrzehnte von einer fast erdrückenden Routine geprägt gewesen. Martha Kraus hatte nach dem frühen Tod ihres Mannes im Jahr 1831 die Führung des Haushalts übernommen und war zur unumstrittenen Autorität der Familie geworden. Nachbarn beschrieben sie als eine Frau von unnachgiebiger Strenge, die ihre Familie mit eiserner Hand regierte.

Ihre Schwiegertochter Margarete sprach nur selten, und nur dann, wenn sie direkt angesprochen wurde. Die Kinder bewegten sich durch das Haus, als würden sie ständig darauf achten, keinen Lärm zu verursachen. Pastor Wilhelm Hartmann, der die Familie über Jahre hinweg beobachtet hatte, notierte in seinem Tagebuch mehrfach Bedenken über die unnatürliche Stille im Kraus’schen Haushalt. Bei seinen seltenen Besuchen fiel ihm auf, dass Gespräche abrupt endeten, wenn er den Raum betrat.

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