Dr. Markus Friedemann, derselbe Arzt, der einst Frau Dahlmann behandelt hatte, wurde hinzugezogen. Sein ärztlicher Bericht erwähnt, Zustände akuter Erschöpfung und nervöser Lähmung. Aber in seinen privaten Aufzeichnungen schrieb er: Das Mädchen erinnerte sich an Lichter, Stimmen und den Geruch von Äter. Sie sprach von einer Frau mit dunklen Haaren, die ihr Tee gegeben habe. Danach nur Finsternis.
Elisabeth behauptete, sie sei von einer gewissen Margareta, Tochter des Hausherrn Dahmann, eingeladen worden, das Gut zu besuchen. Bartholomeus Dalmann bestritt alles, erklärte, seine Tochter sei seit Wochen krank und habe das Haus nicht verlassen. Als Elisabeths Vater darauf bestand, das Mädchen selbst zu sehen, traten plötzlich drei Männer aus dem Schatten.
Kräftige Knechte mit Schrotflinten über der Schulter. Der Bauer zog sich zurück. Nach diesem Vorfall begannen die Bewohner der umliegenden Dörfer über nächtliche Wagen ohne Laternen zu sprechen, die das gut aufsuchten immer zur gleichen Stunde, wenn der Kirchturm Mitternacht schlug. Ein Händler aus Mornau, Samuel Wimmer, schrieb in seinem Kontobuch, dass Josef Willer regelmäßig größere Mengen äter, Laudernum und chirurgische Instrumente kaufte.
Als Wimmer ihn fragte, ob Herr Dahlmann krank sei, antwortete Willer: “Der Herr betreibt Wissenschaft, erforscht die Seele.” Im Oktober des Jahres 1883 geschah etwas, das den Fall endgültig in Bewegung setzte. Zwei Jäger, Michael Branning und Jakob Köhler, die nahe dem Gut auf Wildschweinjagd waren, berichteten dem Landgericht von einem erschütternden Anblick.
Wir sahen eine nackte Frau, die durch den Wald rannte, verfolgt von zwei Reitern. Sie schrie nicht, sie weinte nicht. Ihr Gesicht war leer, wie aus Stein. Die Männer holten sie ein, warfen ihr einen Mantel über und führten sie zurück zum Gut. Beide Jäger galten als verlässliche Männer. Ihre Aussage konnte nicht leichtfertig abgetan werden. Kommissar Picker ordnete eine offizielle Inspektion an. Am Morgen deszig.
November fuhren er und drei Jeammen zum Gutdalmann. Dalmann empfing sie höflich, beinahe übertrieben zuvorkommend. Er zeigte ihnen Haus, Stallungen, Weinkeller. Im Keller bemerkte Picker mehrere verschlossene Türen. Dalmann öffnete sie bereitwillig. Vorratsräume, ein Weinkeller, eine Kammer voller Bücher. Doch etwas ließ den Kommissar nicht los.
Die seltsame mechanische Ruhe der Bewohner. Frau Dalmann sprach kein Wort. Ihre Tochter Margareta lächelte auf eine Weise, die mehr an ein Spiegelbild erinnerte als an einen Menschen. In seinem privaten Bericht schrieb Picker: “Ich habe keine Beweise gefunden, aber mein Herz weiß, dass hinter diesen Wänden etwas lebt, das kein Licht ertragen kann.
” Im Winter des Jahres erhielt Kommissar Thomas Picker endlich Antwort auf seine wiederholten Anfragen nach Informationen über die Vergangenheit des geheimnisvollen Hausherrn von Grabenau. Ein Brief aus Rostock datiert auf den 5. Dezember traf im Bezirksamt Murnau ein. Der Absender war ein alter Kollege des Arztes Dahlmann. Dr.
Heinrich Lüders, pensionierter Internist und einstlehrer an der medizinischen Akademie der Hansestadt. Der Brief lautete: “Sehr geehrter Herr Kommissar, der Name Bartolomeus Dalmann ist mir nur zu gut bekannt. Er war in den 70er Jahren des vorigen Jahrzehns ein geschätzter, wenn auch eigenwilliger Arzt. Sein Spezialgebiet waren sogenannte weibliche Nervenleiden, die er mit Methoden behandelte, die selbst damals in einer Zeit wissenschaftlicher Neugier als äußerst unorthodox galten.
Nach dem mysteriösen Tod zweier Patientin im Jahre 1872 geriet er in Verdacht, unzulässige Experimente durchgeführt zu haben. Eine Untersuchung wurde eingeleitet, aber noch bevor sie abgeschlossen war, verschwand er mit samt seiner Familie und einigen Laborinstrumenten spurlos. Sein Name wurde in den Protokollen der Akademie gelöscht. Ich bedauere sagen zu müssen, daß der Mann, über den Sie forschen, einst ein Arzt war und ein gefährlicher.
Diese Enthüllung erschütterte Picker, doch er war sich bewusst, dass die Nachricht kaum ausreichen würde, um juristisch gegen Dalmann vorzugehen. Er suchte den einzigen Menschen auf, der Dalmann aus ärztlicher Sicht einschätzen konnte, Dr. Markus Friedemann. Der Arzt, inzwischen von tiefer Besorgnis gezeichnet, empfing den Kommissar in seinem kleinen Haus nahe des Marktplatzes.