(1898, Unterfranken) Die makabre Geschichte der Erbinnen Blum: Schwestern als Geliebte ihres Vaters

Sie sah aus dem Fenster, wo der Schnee die Welt in eine einzige Farbe getaucht hatte. “Ich kenne Notwendigkeit”, sagte sie, “Dschied zwischen schweigen, das schützt und schweigen, das tötet.” Der Schreiber stutzte. Der Amtsmann verzog die Lippen. Der Pfarrer senkte den Blick. Worte können schärfer sein als Stahl, aber Stahl hat Geduld und Worte nicht. So begann, was später Protokoll genannt werden würde, eine Reihe von Sätzen, die die Wärme aus dem Geschehen zogen, wie Salz aus Fleisch. Das Dorf baute seine Tage darum.

Brot backen, Wasser tragen, Köpfe zusammenstecken. Die Kinder lernten nicht hinzusehen, wenn sie am Hof vorbeigingen. Die Alten sagten Sprüche, die nichts halfen. Die Zeit stand nicht still, sie ging weiter, aber Schritt für Schritt, als trüge sie einen Sack voller Steine.

Und in den Nächten, die darauf folgten, träumten viele von einem Tisch mit Damast, von Kerzen, die sich selbst ausbließen und von einer Hand, die ein Messer hielt. nicht wie eine Waffe, sondern wie eine Wahrheit. Manche wachten mit dem Geschmack von Eisen im Mund auf, manche beteten, die meisten nicht. Und der Hofblum stand da, still und hochmütig und sah aus, als habe er nie gelächelt.

Der Schlitten aus der Stadt blieb mehrere Tage am Hofblum, und die Männer in den dunklen Mänteln füllten das Haus mit kratzenden Federn, geflüsterten Urteilen und dem Rascheln von Papier. Sie stellten Fragen, die sich nicht stellten lassen, ohne die Seele zu verletzen. Jede Antwort wurde aufgeschrieben, als wäre sie ein Stein, den man auf ein Grab legt.

Margarete saß im Amtszimmer, der Blick fest, die Hände im Schoß und sprach, als ging es nicht um sie, sondern um eine Geschichte, die längst geschrieben war. “Ich habe getan, was getan werden mußte”, wiederholte sie. Ein Haus ist kein Altar für Schande. Ihre Stimme schwankte nie, nicht einmal, als der Schreiber sie fragte, ob sie die Sünde in den Augen der Töchter gesehen habe.

“Ich habe gesehen, dass sie Kinder sind”, sagte sie, und dass er es nicht mehr war. Klara weinte, doch ihre Tränen kamen wie Tropfen aus einer alten Leitung, stoßweise, unregelmäßig, fast widerwillig. Agnes hingegen sprach kaum. nur, wenn sie nachdrücklich gefragt wurde. Dann antwortete sie mit einer Klarheit, die den Männern im Zimmer die Hände zittern ließ.

“Ich habe gesehen”, sagte sie einmal, und mehr fügte sie nicht hinzu. Doch alle verstanden, dass das Gesehene schwerer wog als jedes Geständnis. Die Dorfbewohner wurden einzeln vorgeladen. Manche lobten Friedrich Blum, nannten ihn fleißig, gottesfürchtig, ein Mann mit Gewicht. Andere sprachen leiser, von Blicken, die zu lang dauerten, von Gesten, die nicht zu einem Vater paen. Aber niemand sprach laut genug, dass es im Protokoll stand.

Am Ende blieb eine Wolke aus Worten zurück, schwer und widersprüchlich, die keiner lüften konnte. Als der Schlitten wieder zur Stadt aufbrach, nahm er Margarete mit. Ihre Gestalt war gerade, ihre Schritte fest, als trüge sie kein Gewicht. Klara wollte nachlaufen, doch eine Magt hielt sie zurück.

Agnes stand nur am Fenster, die Stirn an das kalte Glas gelehnt und sah, wie die Spur im Schnee sich langsam mit Weiß füllte, bis sie verschwand. Die Tage danach waren leer. Der Hof war still wie ein Zimmer nach einem Begräbnis, wenn die Gäste gegangen sind. und nur noch das Geschirr übrig bleibt. Klara wanderte durch die Räume, als suche sie etwas, dass sie selbst verloren hatte.

Sie setzte sich an den Spiegel im Flur und sah lange hinein, bis ihr Gesicht fremd wurde. Agnes verbrachte Stunden in der Kapelle hinter den Apfelbäumen, kniete vor dem Altar, aber betete nicht. Sie lauschte, als wolle sie eine Antwort hören, die nicht von Gott kam. Die Mägte tuschelten, manche wollten kündigen, andere hielten es für Sünde, jetzt zu gehen.

Am Brunnen im Dorf erzählte man sich: Nachts leuchte im Fenster des Hofes ein Licht, das niemand entzündet habe. Kinder wagten Steine über den Zaun zu werfen, liefen aber davon, ehe sie aufschlugen. Und alte Frauen sagten: “Es sei besser, das Haus zu meiden, denn Häuser, die Blut gesehen haben, behalten den Geruch für immer. Klara hielt sich an der Hoffnung fest, Margarete würde zurückkehren.

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