Ist”, sagte sie, und ihre Stimme war so glatt, daß das Wort vom Brot hätte abrutschen können. In den Tagen darauf begann sie Dinge zu sammeln. Nicht viel, nicht auffällig. In der Schublade lagen drei neue Kerzen, so weiß wie Kreide. Im Schrank das Damastuch, frisch gelegt, in der Kredenz, die guten Gläser, poliert, dass der Winter darin glänzte.
Sie ließ im Hof den großen Kessel schrubben, weil es sich schickt”, sagte sie, das neue Jahr sauber zu halten. Sie ging zum Kräutergarten hinter der Kapelle, dort, wo die Sonne auch im Winter kurz hinfindet und schnitt Rosmarin, Salbei ein wenig Wehrmut. “Für die Verdauung”, sagte sie, als Agnes fragte.

Agnes roch an den Zweigen und ihr Gesicht schattete sich für einen Atemzug. Es riecht nach Bitter, sagte sie leise. Bitter ist gut, sagte Margarete. Bitter macht wach. Im Dorf liefen Gerüchte, wie sie immer laufen, weil Menschen laufen müssen. Die Müllers Tochter habe sich mit dem Knecht vom Sägewerk verlobt. Beim Fahrer sei ein Brief aus Bamberg angekommen. In der Schenke habe jemand laut über die Steuer geschimpft.
Niemand sprach vom Hof Blumen, niemand wagte es. Und doch trug das Dorf ein Lauschen in sich, als hielte es die Hand an eine Wand und hörte den Nachbarn atmen. Eines Abends kam der Pfarrer wieder mit gesegnet Kreide. Er schrieb die Buchstaben über die Tür, Gottes bitte um Segen in schnörkelloser Hand. Und Margarete stand einen Schritt daneben und dachte: “Segne, wer da will, ich habe meine eigenen Zeichen.
” Als der Geistliche gegangen war, löschte sie die Lampe im Flur und blieb stehen, bis die Dunkelheit alles nahm. Dann zählte sie langsam an den Fingern ab. Nicht Tage, sondern Handlungen. Den Tisch decken, den Wein wählen, das Messer zur Seite legen, friedlich wie ein Werkzeug. Die Zahlen waren Worte 1 Ehre, 2 Schuld, 3 Ende. In jener Nacht setzte Tau auf das Fenster, der morgens zu Eis wurde. Auf der Scheibe zeichnete sich eine Blüte, die keine war.
Margarete sah sie an und dachte, wie seltsam es sei, daß die Kälte Blumen male. Dann trat sie zurück an den Tisch und nahm das Messer, das Gute, mit der schmalen Klinge und zog es an einem Lederriemen sanft hin und her. “Nicht um zu schärfen”, sagte sie sich, nur um zu beruhigen.
Doch die Schneide sang ein dünnes Lied, das nur sie hörte. Friedrich bemerkte die Vorbereitung und lobte sie, als ging es um Gastlichkeit. Du bist gründlich, Grete”, sagte er und legte die Hand auf ihre Schulter, die reglos blieb. “Gründlich hält Häuser”, sagte Margarete und wandte sich dem Tuch zu. Klara strich mit der flachen Hand über den Damast, als streiche sie über einen See.
Agnes stand an der Türschwelle, als dürfe sie in diesen See nicht eintreten. Der Abend, den Margarete wählte, war ein gewöhnlicher Abend. Das Schlimmste an einem Gewitter ist, daß der Himmel zuvor so unschuldig aussieht. Der Hund rollte sich neben dem Ofen zusammen. Draußen im Stall schnaubte das Pferd und aus dem Dorf kam der späteste Schritt.
Vielleicht der Nachtwächter, vielleicht nur einer, der sein Herz sortieren musste. In der Stube brannten die Kerzen still. Margarete stellte die Schalen hin. Suppe vom Grünkern, eine Schüssel Rotkohl, Brot, das am selben Morgen noch warm war. In den Gläsern stand ein heller Wein, der aus der Flasche roch wie reifer Apfel. “Heute sitzen wir lang”, sagte sie.
Die Worte fielen weich auf den Tisch. Friedrich nickte und erzählte etwas Lustiges vom Steinbruch und Kara lachte dort, wo der Satz ein Lachen anbot. Agnes lachte nicht. Sie legte die Hand an den Hals, als sei dort eine Kette, die nicht drückt und doch da ist. Margarete hörte zu. Ihr Blick ging dabei nicht einem Klang nach, sondern Maß.
Wie tief atmet er, wie sicher greift sie, wie still ist die andere. Es war kein Lauschen, es war vermessen. Und als die Schüsseln leer, die Teller beiseite, die Gläser halb getrunken waren, geschah nichts spektakuläres. Kein Donner, kein Schrei. Nur die Art, wie Margarete aufstand, langsam, würdig wie eine Frau im Gottesdienst.
die Art, wie sie das Tuch ergriff, das Damast glitt, und die Art, wie sie das Messer neben die Kerzen legte, als wäre es ein Löffel. “Ich will ein Wort sagen”, sprach sie. Kein Vorwurf stand in ihrer Stimme, nur die Wahrheit, die niemand hören will. Was hier gewachsen ist, wächst nicht weiter. Da hob Friedrich noch mit Müdigkeit in den Liedern, den Kopf und etwas wie Ärger huschte über sein Gesicht.