Was auch immer die Wahrheit sein mag, die offizielle Version des Falls Weber, wie sie in den Archiven und Geschichtsbüchern festgehalten ist, umfasst nur einen Teil der Geschichte. Der Rest bleibt im Dunkeln, versiegelt in geheimen Akten oder begraben mit jenen, die die volle Wahrheit kannten.
Die Todesfälle der Wissenschaftler und Beamten, die mit dem Fall in Berührung kamen, wurden nie offiziell mit den Schwestern Weber in Verbindung gebracht. Die Theorie einer Kontamination oder eines biologischen Agents blieb Spekulation. Und doch die zeitliche Abfolge, die statistische Unwahrscheinlichkeit, die ungewöhnlichen Befunde bei Dr.
Fogtsz Autopsie, all das lässt Raum für den Gedanken, dass die Schwestern Weber lange nach ihrem eigenen Tod eine Art Rache an jenen nahmen, die ihre Geheimnisse aufgedeckt hatten. Oder war es nicht Rache, sondern viel mehr die Fortsetzung jenes großen Werks, von dem Johanna Weber gesprochen hatte? Eine Transformation, die sich über Jahrzehnte erstreckte und jene einbezog, die unwissentlich mit den Überresten ihrer Experimente in Kontakt gekommen waren.
Wir werden es nie mit Sicherheit wissen. Der Staub der Geschichte hat sich über den Fall gelegt und jene, die die Wahrheit kannten, sind längst verstorben. Was bleibt ist ein Echo des Schreckens, ein Flüstern in den dunklen Wäldern des Schwarzwalds und eine Warnung vor den Abgründen, die sich öffnen, wenn wissenschaftliche Neugier sich mit Warn verbindet und die Grenzen der Menschlichkeit überschritten werden.

Es ist jetzt Herbst 2025, mehr als 125 Jahre nach den Ereignissen in der Webermühle. Schönmünszach ist heute ein beschaulicher Touristenort am Rande des Schwarzwalds. Wanderer und Naturliebhaber kommen hierher, um die malerischen Wälder zu erkunden und die frische Bergluft zu genießen. Nichts erinnert mehr an die düstere Geschichte, die sich hier einst abgespielt hat.
Der Ort, an dem die alte Mühle stand, ist heute ein kleiner, unscheinbarer Parkplatz am Waldrand. Ein Informationsschild weist auf Wanderwege und Sehenswürdigkeiten hin, erwähnt aber mit keinem Wort die Schwestern Weber oder die Verbrechen, die hier begangen wurden.
“Die Menschen wollen es vergessen”, erklärt Thomas Bauer, ein Nachfahre von Friedrich Bauer, der als Junge in der Nähe der Webermühle gelebt hatte. Thomas inzwischen selbst überbipzig ist einer der wenigen Einheimischen, die die Geschichte noch kennen und bereit sind darüber zu sprechen. “Es ist, als hätte das Dorf einen stillschweigenden Pakt geschlossen”, sagt er.
“Die Touristen sollen nichts davon erfahren. Die Geschichte ist zu dunkel, zu verstörend. Es würde nicht zum Image eines idyllischen Ferienorts passen. Doch trotz des kollektiven Schweigens ist die Geschichte der Schwestern Weber nicht völlig vergessen. Sie lebt weiter in akademischen Kreisen, in spezialisierten historischen Publikationen und seit dem Aufkommen des Internets in den dunklen Ecken von True Crime Foren und Verschwörungswebsites. Dr.
Elke Zimmermann, Professorin für Kriminalgeschichte an der Universität Heidelberg, hat jahrelang zum Fall Weber geforscht. In ihrem Büro bewahr sie Kopien aller zugänglichen Dokumente auf, ein bescheidenes Archiv im Vergleich zu dem, was noch immer unter Verschluss gehalten wird.
“Was mich an diesem Fall fasziniert”, erklärt Zimmermann, “st nicht nur die Grausamkeit der Verbrechen, sondern die intellektuelle Dimension.” Die Schwestern Weber waren keine gewöhnlichen Mörderinnen. Sie verfolgten ein Ziel, eine Vision, so pervertiert sie auch war. Zimmermann hat versucht, Zugang zu den noch immer klassifizierten Dokumenten zu erhalten, bisher ohne Erfolg.
Manche Akten bleiben versiegelt, selbst nach so vielen Jahren, sagt sie, das ist ungewöhnlich. Es deutet darauf hin, dass es Aspekte des Falles gibt, die die Behörden auch heute noch für zu sensibel halten, um sie öffentlich zu machen. Besonders interessiert ist Zimmermann an dem mysteriösen Inhalt der letzten versiegelten Kammer, über den die offiziellen Berichte so beharlich schweigen.