(1899, Schwarzwald) Der Zuchtkeller der Schwestern Weber – 28 Männer verschwunden

Die Weberschwestern hielten sich meist für sich, erinnerte sich später Martha Schneider, die damals als junge Frau im Dorfladen arbeitete. Ihr Bericht wurde 1957 von dem Lokalhistoriker Franz Müller aufgezeichnet. Sie kamen etwa einmal pro Woche ins Dorf, um Vorräte zu kaufen. Johanna, die Große mit dem strengen Gesicht, erledigte die Einkäufe, während Margarete, die kleinere und rundlichere, meist draußen wartete. Sie sprachen wenig, grüßten höflich, aber distanziert.

Was die Dorfbewohner an den Schwestern befremdete, war nicht ihre Zurückgezogenheid. Eigenbrötler gab es viele in den abgelegenen Tälern des Schwarzwalds. Es war viel mehr die Tatsache, dass sie offenbar über beträchtliche finanzielle Mittel verfügten, ohne einer erkennbaren Beschäftigung nachzugehen. Sie bezahlten stets in Bar mit neuen Münzen, berichtete Martha Schneider weiter.

Manchmal kauften sie ungewöhnlich große Mengen an Mehl, Zucker und Konserven mehr als zwei Frauen allein verbrauchen konnten. Als ich einmal fragte, ob sie Besuch erwarteten, lächelte Johanna nur und sagte: “Wir bereiten uns auf den Winter vor. Im Schwarzwald weiß man nie, wie lang und hart er wird.

” Die ehemalige Mühle war von einem verwilderten Garten umgeben, in dem die Schwestern Gemüse anbauten. Hinter dem Haus, versteckt von hohen Hecken, hielten sie einige Hühner und Kaninchen. Ein schmaler Pfad führte von der Rückseite des Grundstücks in den Wald, jenen Wald, in dem der Förster Bachmann später den verhängnisvollen Schuppen entdecken sollte.

Was die Dorfbewohner nicht wußten, im Keller der alten Mühle, dort, wo einst die Mühlenmechanik installiert gewesen war, hatten die Schwestern Weber umfangreiche Veränderungen vorgenommen. Der große, feuchte Raum war in mehrere kleinere Kammern unterteilt worden. Die dicken Steinmauern schluckten jedes Geräusch.

Im Nachhinein erscheint es seltsam, dass niemand die Bauarbeiten bemerkt hatte, schrieb Untersuchungsbeamter Weber in seinem Bericht. Aber die Arbeiten müssen über längere Zeit und sehr diskret durchgeführt worden sein. Vermutlich nachts und von den Schwestern selbst.

Es gab allerdings einen Mann im Dorf, der mehr über die Weberschwestern wußte als die anderen. Karl Hoffmann, der Schmied hatte im Sommer 1897 einen Auftrag von ihnen erhalten. Er sollte mehrere schwere Eisentüren und Beschläge anfertigen, angeblich für einen neuen Lagerkeller, in dem die Schwestern haltbare Lebensmittel aufbewahren wollten. “Johanna Weber zahlte im Voraus und in Bar”, sagte Hoffmann später aus. “Sie bestand darauf, dass ich die Arbeit allein ausführe.

und niemandem davon erzähle. Sie sagte, es sei eine Überraschung für ihre Schwester. Ich dachte mir nichts dabei. Viele Leute im Dorf schätzen ihre Privatsphäre. Der Schmied lieferte die fertigen Türen und Beschläge, installierte sie jedoch nicht. Die Schwestern bestanden darauf, daß ein Freund der Familie diese Arbeit übernehmen würde.

In den folgenden Monaten beobachteten einige Dorfbewohner, dass gelegentlich fremde Männer bei den Schwestern Weber zu Besuch waren. Meistens blieben sie nur eine Nacht, manchmal auch zwei oder drei. Die Schwestern erklärten, es handelte sich um entfernte Verwandte oder Geschäftspartner.

Einmal sah ich, wie ein junger Mann mit einem Koffer zur Mühle ging, erinnerte sich der damals-Jährige Friedrich Bauer, dessen Aussage 1952 von seinem Sohn, dem Kreisarchiv, übergeben wurde. Es war im Herbst 1898. Er trug gute Kleidung, wirkte wie ein Stäter. Er grüßte freundlich, fragte nach dem Weg zur Webermühle. Drei Tage später sah ich, wie die Schwestern mit einer Schubkarre in den Wald fuhren.

Der junge Mann war nicht mehr zu sehen. Als Friedrich seine Mutter auf den verschwundenen Besucher ansprach, wies sie ihn zurecht. “Misch dich nicht in die Angelegenheiten anderer Leute ein”, sagte sie. Die Weberschwestern sind anständige Frauen, die ihre Ruhe haben wollen.

Die Ruhe des Dorfes Schönmünzach, die trügerische Normalität des Alltags, sie sollte bald ein Ende finden. Die ersten vermissten Berichte, die später mit den Schwestern Weber in Verbindung gebracht wurden, stammten bereits aus dem Jahr 1895. Anton Müller, einzigjähriger Tischlergeselle aus Freudenstadt, war auf dem Weg nach Badenbaden verschwunden.

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