Brüder Kern – ihre Zuchtscheune und was sie 42 Frauen antaten, wird euch erschüttern..(1883, Bayern)

Er war 42 Jahre alt, glatt rasiert, trug Brille und einen ordentlichen Wollrock. Ein Mann, den man für einen Lehrer hätte halten können, nicht für einen Mörder. Als Burg ihm den Durchsuchungsbefehl zeigte, las er ruhig, nickte und sagte mit fester Stimme: “Suchen Sie, Herr Kommissar, Sie werden nichts finden, was das Gesetz verbietet.” Die Frauen kamen freiwillig.

Wenn sie gegangen sind, war das ihre Entscheidung. Seine Ruhe war erschreckender als jedes Geständnis. Die Beamten durchsuchten das Haus zuerst. Saubere Zimmer, einfache Möbel, religiöse Bücher neben Landwirtschaftslektüre. Kein Anzeichen von Gewalt. In der Küche Brot, Speck, Kraut, nichts, was schrie.

Burg notierte alles, doch er vertraute seinem Instinkt. Erst als ein Gendarm fragte, wo sich die Scheune befinde, die Luzinde beschrieben hatte, zuckte ein Muskel an Wilhelms Mundwinkel. Nur ein alter Viestall”, sagte er, seit letztem Jahr leer. Dann kam sein Bruder Albrecht aus dem Wald, einen Hammer in der Hand. Er war groß, breit und seine Augen hatten etwas kaltes, Berechnendes.

Als Burg ihn aufforderte, die Waffe fallen zu lassen, blieb Albrecht lange still stehen, als wäge er ab, ob er zuschlagen solle. Erst als Wilhelm das Wort Bruder sprach, ließ er den Hammer sinken. Gemeinsam gingen sie zum Stall. Die Männer erreichten die Scheune nach einem kurzen Marsch durch den Wald.

Von außen wirkte sie gewöhnlich, gebaut aus groben Balken, mit einem Dach aus Zinkblech, vielleicht 40 Fußlang und 20 breit. Doch als John Dam Jakob Meisner das große Tor aufbrach, drei Schlösser mußten sie sprengen, legte sich Stille über die Gruppe. Was sie sahen, brachte zwei der Männer dazu, hinauszulaufen und sich zu übergeben.

Das Innere der Scheune war in acht schmale Boxen unterteilt. Jede kaum zwei Schritt breit, drei Schritt lang, durch Holzwände voneinander getrennt, die oben fast die Decke erreichten. An jeder Wand war eine eiserne Kette befestigt. ungefähr zwei Meter lang. Am Ende ein Ring mit Scharnier, eindeutig für Handgelenke gemacht.

Auf dem Boden lagen verrottete Strohreste und in den Ecken standen Blechgefäße, die man als Nottoiletten erkennen konnte. Überall lag ein säuerlicher Geruch von Schweiß, Rost, Blut und Verfall. Doch das Entsetzlichste waren die Wände. In das Holz waren mit Nägeln, Steinen, manchmal bloßen Fingernamen eingeritzt, Nachrichten, Gebete, Hilferufe. Meisner schrieb einige davon ab. Margarete Fink, München, Juni 1879.

Gott erbarme dich. Wir sind sieben. Er tötet die Schwangerin. Worte, die von Frauenhand in die Dunkelheit gekratzt wurden. Burg befahl, alles zu fotografieren, bevor etwas berührt wurde. Drei Stunden lang arbeiteten die Männer schweigend. Ein Fotograf aus Kemptenon hielt jedes Detail fest.

Die Ketten, die Kratzer, das Stroh, die Nepfe. Diese Bilder sollten später in Zeitungen abgedruckt werden als Beweise für eine Hölle, die in einem Bauernhof bestanden hatte. In der nördlichsten Box fanden sie frisches Stroh und eine Kette, deren Eisen glänzender war als die anderen. Die Schraube am Bolzen war gebrochen, vom Rost geschwächt.

Burg erkannte, hier war Luzinde gefangen gewesen. Hier hatte sie den Bolzen aus dem Mauerholz gerissen. Er wandte sich zum restlichen Raum. Unter einer Schicht heu entdeckte er eine hölzerne Truhe. In ihr lagen sauber gefaltete Frauenkleider, vollständige Garnituren. Jedes Kleid war mit einer kleinen Karte versehen, darauf Name, Herkunft, Datum.

Die Schrift war ordentlich dieselbe wie in den Wirtschaftsbüchern auf Wilhelms Schreibtisch. Sarah Wittmann Augsburg, eingetroffen, Juni 1879. Anna Reinhard, Ulm. März, 1882. Elisabeth Novak, Wien. April 1880 Burg ging die Liste durch. 14 der Namen standen in seinen alten Akten. 14 Frauen, deren Verschwinden er seit Jahren untersucht hatte.

Die übrigen 28 waren nie gemeldet worden. Vermutlich arme Dienstmägte, weisen, Zuwanderinnen, ohne Familie. Neben der Truhe stand eine Kiste voller Zeitungsausschnitte. Alle waren Heiratsanzeigen aus verschiedenen Blättern, von Leipzig bis Prag, von Wien bis Berlin. Sie alle trugen Wilhelms Handschrift.

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