Als sie sich dem Hof nähern, sehen sie Hezekiel und Jubal am Zaun arbeiten, doch deren Bewegungen gefrieren, sobald sie die Reiter wahrnehmen. Kein Wortfeld, kein Gruß. Ihr Schweigen ist nicht defensiv, es ist erwartend, fast vorbereitet. Torn hält sein Pferd an, steigt ab. und ruft ihnen seine Absicht zu. Er ließ den Durchsuchungsbefehl laut vor, hebt das Pergament so, daß der rote Stempel des Bezirksgerichts sichtbar ist.
Die Brüder reagieren kaum. Hezekiel wischt langsam die Hände an der Hose ab. Jubal neigt den Kopf minimal, als lausche er einer Stimme im Wind. Dann erklärt Hezekiel mit gleichgültiger Ruhe, dass sie keinen Zutritt gewähren. Torn erwidert ebenso ruhig, dass ihre Zustimmung ohne Belang ist.
Der Befehl erlaubt ihm jedes Betreten, jedes Öffnen, jede Untersuchung, noch immer keine Gegenwehr, keine Drohung, nur diese unheimliche starre Ruhe. Thorn und Kellum gehen zur Haustür. Sie ist nicht verschlossen. Ein schlechtes Zeichen, ein viel zu gutes Zeichen. Als sie eintritt, schlägt ihnen ein Geruch entgegen, der Torn sofort würgen lässt. Scharfe Lauge.
So stark, daß sie die Schleimhäute reizt. Darunter etwas fauliges, alt und süßlich, ein Geruch, der von Räumen kommt, die zu lange geschlossen blieben. Der Wohnraum sieht aus wie aus einem Musterkatalog für Ordnung. Die Holztischplatte ist bleich geschrupptes Holz. Die Bohlenböden glänzen wie frisch poliert.
Keine Unordnung, keine Kleidung, keine Werkzeuge, kein einziges persönliches Objekt, nur Vorräte, ordentlich gestapelt, sorgfältig etikettiert. Doch etwas stimmt nicht. Das Schweigen im Haus ist anders als das draußen. Dicker, schwere wie ein Tuch aus Blei. Kellum geht langsam weiter und sein Blick wandert nach oben. Er bleibt abrupt stehen.
Torn folgt seinem Blick und sieht es. Dunkle Flecken auf den Deckenbrettern. Alte Flüssigkeit, die durch Holz gesickert ist. Kreise, Schlieren, ein Muster von Jahren. Direkt darüber befindet sich eine Luke im Deckenbalken, kaum breiter als ein Mann. Der Rahmen besteht aus schwerem, geschwärztem Eisen und daran drei massive Bolzen, die von außen hineingetrieben wurden.
Kein Griff an der oberen Seite, keine Möglichkeit, die Luke von innen zu öffnen. Es ist kein Dachboden, es ist eine Zelle. Wir brauchen Verstärkung, flüstert Kellem. Thorn schüttelt den Kopf. Wenn Sie gehen, wird das, was da oben ist, vielleicht bis morgen nicht mehr am Leben sein. Er zieht die Waffe nur, um seine Hände zu beruhigen und nickt Kum zu. Der Deputy hebt den Kolben seines Gewehrs und schlägt gegen den ersten Bolzen.
Der Knall halt durch den ganzen Raum, lässt Staub von den Balken rieseln. Der Bolzen gibt nach, der zweite fliegt schneller, der Dritte ist rostig, widersetzt sich, doch nach zwei kräftigen Schlägen löst auch er sich mit einem metallenden Kreischen. Dann geschieht es. Ein Luftstoß strömt herab, warm und feucht, schwer, giftig, ein Gestank aus menschlichem Elend, Krankheit, Verdauungsabfällen und etwas, das Thorn nicht benennen will.
etwas, das innerlich stirbt, aber nicht sterben darf. Kellum wendet den Kopf ab und wirkt. Thorn hält sich Mund und Nase zu. Aus der Finsternis dringt ein Laut, ein leises Wimmern, fast wie das Geräusch eines Tieres, das gelernt hat, das laut sein Schmerz bedeutet. Thorn ruft nach oben, bemüht, nicht zu ersticken.
Er identifiziere sich als Beamter des Bezirks, komme im Namen des Gesetzes, sie seien nicht länger allein. Stille, dann ein Rascheln. Etwas bewegt sich, schiebt sich, tastet im Dunkeln. Kellum entzündet ein Streichholz, hält es hoch, doch die Flamme ist zu schwach. Sie beleuchtet nur den Ansatz einer Leiter, die in die Schwärze führt. Torn klettert zuerst.
Er steigt langsam, jede Stufe wie der Schritt in eine fremde Welt. Als sein Kopf durch die Öffnung gleitet, bleibt sein Atem stehen. Drei Frauen abgemagert, blass wie Kerzenwachs, ihre Augen zusammengekniffen gegen das Licht und in den Ecken der Dachkammer halb im Stroh verborgen. Elf Kinder, Körper verdreht, Gesichter eingesunken, Augengroß, leer, aber lebendig.