Es ist ein Moment, der in der Kriminalgeschichte von Güstrow als das Fanal der Wahrheit vermerkt werden wird. Alles, was die Öffentlichkeit, die Medien und selbst die Ermittler über den schrecklichen Mord an dem achtjährigen Fabian (†8) zu wissen glaubten, muss nun in seine Einzelteile zerlegt und neu bewertet werden. Denn die Forensik hat mit kalter, wissenschaftlicher Präzision enthüllt, dass die Szene des Verbrechens, die als Fundort galt, eine perfide Inszenierung war.
Der Ort, an dem Fabians verbrannte Leiche gefunden wurde – dieser abgelegene Tümpel bei Klein Upahl, den die Hauptverdächtige Gina H. angeblich „zufällig“ entdeckte – ist nicht der Tatort. Fabian starb an einem anderen Ort. Er wurde dort nur abgelegt, versteckt, entsorgt.
Diese Erkenntnis ist eine Bombe, die so viele neue, erschreckende Fragen aufwirft, dass die Ermittlungen quasi bei Null beginnen müssen: Wo genau geschah das Verbrechen? Und die wohl brisanteste Frage: War Gina H. überhaupt physisch in der Lage, die Leiche alleine zu transportieren? Oder war ein Komplize beteiligt, jemand, der noch immer frei herumläuft? Wir tauchen tief in die forensischen Beweise ein, die die Lüge der Inszenierung entlarven und die Jagd nach dem wahren Ort des Schreckens eröffnen.

Die Beweise der Spuren: Warum die Natur nicht lügt
Dass der Fundort nicht der Tatort ist, hatten die Ermittler zwar lange vermutet, doch nun existieren handfeste, wissenschaftliche Beweise. Rechtsmediziner und Kriminaltechniker haben mit akribischer, millimetergenauer Arbeit vier entscheidende Anomalien festgestellt, die das Bild einer Tötung vor Ort widerlegen:
1. Die Logik der Bodenproben
Wenn ein Mensch getötet wird, dringt Blut in den Boden ein. Die Forensiker untersuchten den Boden am Tümpel Zentimeter für Zentimeter. Sie fanden zwar Blutspuren, aber nicht in der Menge oder Verteilung, die zu einer Tötung mit massiver Gewalteinwirkung passen würde. Die Spuren deuteten vielmehr darauf hin, dass ein bereits lebloser Körper dort abgelegt wurde – ein Körper, aus dem das meiste Blut schon woanders ausgetreten war. Die Erde am Fundort war nur das Ziel der Ablage, nicht der Ort des Mordes.
2. Die Asche-Analyse der Täuschung
Der Versuch, Fabians Leichnam zu verbrennen, war ein nachträglicher Akt der Spurenvernichtung. Die Analyse der Aschereste zeigte, dass die Verbrennung relativ oberflächlich war. Sie war nicht intensiv genug, nicht vollständig, um alle Spuren einer Tat zu vernichten, die direkt dort stattgefunden hätte. Die Verbrennung diente primär der Unkenntlichmachung der Leiche, nicht der Vernichtung eines Tatorts – denn der Tatort lag ja woanders.
3. Die Partikel der Wahrheit
Hier wird die wissenschaftliche Analyse zum Fingerabdruck der Lüge: Die Forensiker fanden in den Ascheresten und am Körper Fremdpartikel, die nicht zur Umgebung des Waldtümpels passen. Es handelt sich um mikroskopisch kleine Rückstände, wie Betonstaub oder Partikel, die eher auf eine urbane, bebaute Umgebung hindeuten.
Diese Partikel sind wie stumme Zeugen. Sie verraten, dass Fabian sich kurz vor seiner Ablage in einem völlig anderen Milieu aufgehalten haben muss – möglicherweise in einem Gebäude, einer Garage oder einer städtischen Umgebung. Diese Erkenntnis zwingt die Ermittler, den Fokus von den abgelegenen Waldwegen auf alle möglichen Zugänge der Verdächtigen zu lenken.
4. Das Fehlen von Schleifspuren
Der letzte Beweis ist die Abwesenheit von Spuren: Wenn ein Körper über den Waldboden gezogen wird, hinterlässt das unweigerlich Schleifspuren. Die Forensiker fanden diese Spuren nicht in dem Maße, wie man es erwarten würde. Dies legt nahe, dass der Körper am Fundort nicht weit getragen oder gezogen wurde, sondern wahrscheinlich aus einem Fahrzeug gehoben und direkt abgelegt wurde.
Die Logistik des Verbrechens: Konnte Gina H. das allein schaffen?
Die Erkenntnis, dass der Leichnam transportiert wurde, verändert nicht nur die Richtung der Ermittlungen, sondern zwingt zur Auseinandersetzung mit der makabren Logistik der Tat. Fabian war zwar erst acht Jahre alt, doch ein lebloser Körper ist schwer und unhandlich.
Die Frage, die nun wie ein Hammer auf die Ermittler einwirkt: Konnte Gina H. (29), die Hauptverdächtige, diesen logistischen Aufwand alleine bewältigen?
Ein Transport erfordert:
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Beendigung der Tat am Tatort.
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Verpackung oder Vorbereitung des Körpers.
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Verladung in ein Fahrzeug.
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Fahrt zum abgelegenen Tümpel.
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Entladung und Ablage am Fundort, gefolgt vom Versuch der Brandlegung.
Obwohl die Kriminalgeschichte Fälle von Tätern kennt, die selbst in extremen Stresssituationen erstaunliche Kaltblütigkeit und körperliche Leistung zeigten, ist es durchaus plausibel, dass mehr als eine Person beteiligt war.
Die düsterste Version: Der Komplize im Schatten
Wenn der Transport so komplex war, steht die Existenz eines Komplizen im Raum:
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Der Helfer: Jemand, der nicht an der Tötung selbst beteiligt war, aber danach gerufen wurde. Er könnte das Fahrzeug gestellt, beim Tragen geholfen und bei der Spurenvernichtung (Brandlegung) assistiert haben. Dies wäre Beihilfe zur Straftat und Strafvereitelung (§ 258 StGB).
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Der Mittäter: Jemand, der die Tat entweder mitgeplant oder sogar hauptsächlich ausgeführt hat.
Diese Spekulationen sind nicht aus der Luft gegriffen, denn der logistische Aufwand spricht gegen eine spontane Affekttat und deutet auf eine Kaltblütigkeit hin, die Gina H. möglicherweise nicht alleine besaß – oder die von einem ruhigeren, kontrollierteren Partner geleitet wurde.
Der Schatten des Vaters
Der offensichtlichste Kandidat für eine Beihilfe bleibt der Vater, Matthias R.. Seine anfängliche Stille und sein enges Verhältnis zur Verdächtigen werfen weiterhin Fragen auf. Auch wenn eine direkte Mittäterschaft am Mord eine schockierende Theorie wäre, könnte er aus Verzweiflung, Loyalität oder Zwang geholfen haben, die Spuren zu verwischen, was ihn juristisch zum Mittäter machen würde. Die Ermittler sind verpflichtet, die Bewegungsmuster beider Personen in Bezug auf den Tatzeitpunkt und den Ablageort abzugleichen.
Die Jagd nach dem wahren Tatort: Luminol und Funkzellendaten
Die forensische Erkenntnis hat die Ermittlungen in einen neuen, fieberhaften Zustand versetzt. Die Polizei muss nun die Nadel im Heuhaufen finden – den wahren Tatort.
Die neue Strategie konzentriert sich auf die Rekonstruktion des gesamten Lebensumfelds von Gina H.:
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Orte des Zugangs: Überprüfung aller Gebäude, zu denen sie Zugang hatte – das Haus der Großeltern, Ställe, Scheunen, leerstehende Gebäude im Umkreis von bis zu 50 Kilometern.
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Technik spricht: Die Auswertung von Funkzellendaten ist nun entscheidend. War Gina H.’s Handy (oder das eines potenziellen Komplizen) am 10. Oktober an einem Ort, an dem es normalerweise nicht ist? Die Daten können den Radius der Suche dramatisch eingrenzen.
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Die wissenschaftliche Suche: An Verdachtsorten kommen nun härtere forensische Mittel zum Einsatz: Luminol-Tests zur Sichtbarmachung selbst kleinster, gereinigter Blutspuren. Partikelvergleiche werden zeigen, ob die am Körper Fabians gefundenen Fremdpartikel mit Proben von potenziellen Tatorten übereinstimmen.
Die Tat muss an einem Ort stattgefunden haben, den der Täter kannte, der erreichbar war, und der eine andere Umgebung als der Tümpel bietet (Beton, Gebäude).
Die Entscheidung für den Ablageort – abgelegen, aber erreichbar, mit Wasser in der Nähe – war eine bewusste, kalkulierte Entscheidung. Sie zeigt, dass der Täter Ortskenntnisse besaß. Wenn die Forensik diese Ortskenntnis mit den Bewegungsprofilen von Gina H. verknüpfen kann, wird der wahre Tatort bald gefunden.
Fazit: Die Komplexität der Gerechtigkeit
Die Nachricht, dass der Fundort nicht der Tatort ist, macht den Fall juristisch komplexer, aber emotional klarer. Sie bestätigt, dass die Tat von einem gewissen Grad an Kaltblütigkeit oder der Hilfe eines Komplizen begleitet wurde. Ohne diese forensische Aufklärung hätte die Staatsanwaltschaft nur die halbe Wahrheit zur Anklage bringen können.
Dank der akribischen Arbeit der Forensiker ist die Chance auf eine wasserdichte Anklage nun höher, auch wenn die Suche nach dem wahren Tatort eine Mammutaufgabe darstellt. Die Ermittler lassen nicht locker. Fabian verdient Gerechtigkeit, und die volle Wahrheit liegt nicht am Tümpel, sondern verborgen in den Partikeln der Täuschung.