Dienstmädchen, das beim Bankett das Fleisch der Kinder ihrer Herrschaft servierte

Ihre Lippen formten von Zeit zu Zeit ein unverständliches Wort, vielleicht ein Name, vielleicht eine Bitte. Lukas klammerte sich an ein Tischbein, doch seine Hände hatten die Kraft verloren. Er glitt langsam zu Boden, der Kopf auf die Arme gelegt, wie ein erschöpftes Tier. Johann hatte die Augen geschlossen, doch seine Lieder zuckten. Seine Hände öffneten und schlossen sich im Takt eines Schreckens, der noch immer durch seinen jungen Körper raste.

Manche Gäste standen langsam auf, nur um sofort wieder zu knien oder zu fallen. Andere krochen in Richtung Ausgang, aber die Tür, die zuvor unpassierbar gewesen war, stand nun offen. Doch niemand wagte hindurchzugehen. Der Saal selbst schien sie festzuhalten, nicht durch Gewalt, sondern durch die Furcht vor dem, was draußen auf sie warten könnte.

die Welt, die nun anders war, weil sie sich selbst gesehen hatten. Sophie stand noch immer an derselben Stelle, regungslos. Doch nun richtete sich ihr Atem wieder nach außen. Ihre Schultern hoben und senkten sich. Ihre Hände zitterten nicht. Ihr Blick war klar. Der Frieden, der in ihrem Gesicht lag, war nicht jener eines Sieges, sondern der einer Frau, die endlich schweres Gepäck ablegen durfte.

Sie sah auf den Boden, auf den Ort, an dem der kleine Schatten zuletzt gestanden hatte. Ein ganz kleiner Fleck auf dem Teppich schien dunkler zu sein als der Rest, obwohl es vielleicht nur ein Schatten der Kerzen war. Sie blinzelte, dann hob sie langsam den Kopf. Ihr Blick wanderte über den Saal, über die Menschen, die sie jahrelang nicht angesehen hatten.

Manche von ihnen wichen ihren Blick aus, andere senkten ihn. Keiner hielt ihn aus. Schließlich wandte sie sich ab. Ihr Gang war langsam, aber sicher. Sie schritt über den Teppich, der ihre Schritte jahrelang geflüstert hatte, über den Boden, den sie geputzt, gewischt und geschruppt hatte, über das Holz, das ihre Tränen gekannt hatte.

Die Tür des Saals stand offen und zum ersten Mal in ihrem Leben durfte sie selbst entscheiden, ob sie hindurchging. Sie tat es. Der Flur war dunkel, aber nicht bedrohlich. Die Kälte des Steinbodens kroch unter ihre Füße, doch sie empfand keine Angst. Hinter ihr hörte man ein Stöhnen, ein Wimmern, ein Schlurfen, aber niemand folgte ihr.

Keiner wagte es. Ihre Schritte halten durch das Haus. Jede Wand kannte ihren Atem. Jede Treppenstufe hatte ihren Schmerz gespürt. Doch in dieser Nacht trug das Haus nicht mehr die Last ihrer Erinnerung. Es war gelehrt worden, gereinigt, befreit.

Sophie ging weiter durch die Küche, in der sie unzählige Stunden verbracht hatte. Der Herd war noch warm. Die Töpfe, die sie benutzt hatte, lagen leer und reglos. Die Kräuter, die sie verarbeitet hatte, hingen wie stumme Zeugen über dem Fenster. Sie legte eine Hand auf den Tisch. Ihre Finger strichen über die Holzmaserung, über die Kerben, die aus Jahren der Arbeit entstanden waren.

Dann ging sie weiter durch die Hintertür in die Nacht hinaus. Die Luft draußen war kalt, aber klar. Der Wald jenseits des Gutshauses rauschte leise im Wind. Der Himmel war tief schwarz, doch die Sterne funkelten in einer Reinheit, die in dieser Nacht ein seltsames, fast schönes Zeichen war. Sophie atmete tief ein.

Der Duft von feuchter Erde, von Eichenblättern, von kaltem Wasser lag in der Luft. Dies war der erste Atemzug seit Jahren, der sich wirklich nach Leben anfühlte. Hinter ihr im Haus bewegte sich etwas, ein dumpfer Laut. Vielleicht ein Stuhl, der verschoben wurde, vielleicht ein Mensch, der endlich zu sich kam. Vielleicht nur das Haus, das einen letzten Atemzug tat.

Sophie sah nicht zurück, nicht ein einziges Mal. Sie setzte einen Fuß vor den anderen. Die Stille der Natur umgab sie. Sie hatte nichts bei sich, außer ihrem Atem, ihrem Herzschlag, ihrem Namen. Und das reichte. Das war alles, was sie jemals gebraucht hatte. Ihre Schritte verloren sich bald im Gras, im feuchten Boden, im Dunkel der Nacht und niemand sah, wohin sie ging.

Doch jeder, der jemals in diesem Haus leben würde, würde wissen, dass an jenem Abend etwas endete und etwas anderes begann. Nicht für Sophie, sondern für all jene, die dort geblieben waren. Denn manche Nächte vergehen nie ganz, manche Häuser vergessen nie und manche Geschichten enden nicht mit einem letzten Satz. sondern mit dem ersten Schritt in die Freiheit.

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