Die Frau Matilde Schäfer lächelte zum ersten Mal. Es war kein freundliches Lächeln. Treten Sie ein, Herr Kommissar. Wir haben nichts zu verbergen. Das Innere des Hauses roch nach Rauch, altem Fett und etwas Süßlichem, das Schwarz nicht sofort einordnen konnte.
Es war kühl und dämrig, die Fenster klein, mit dicken Schichten aus Ruß und Schmutz überzogen. Ein einziges Feuerglomm im Herd und sein rötliches Licht warflackernde Schatten über die Wände. An ihnen hingen alte Bibelseiten, sorgfältig mit Fäden befestigt. vergilbt und an manchen Stellen mit handgeschriebenen Notizen versehen.
Worte, die in unruhiger, fast kindlicher Schrift ergänzt waren. Reinheit ist Gesetz, das Blut ist heilig, der Wille Gottes ist größer als das Fleisch. Schwarz ließ seinen Blick schweifen. Das Mobil war spärlich, ein grober Tisch, vier Stühle, ein Holzschrank und eine Truhe, deren Deckel rissig war. Keine Anzeichen eines normalen Familienlebens, keine Bücher, kein Geschirr, außer dreirirdenen Schalen, keine Spuren von weiblicher Hand, nur Ordnung, Stille und eine Schwere, die den Atem drückte.
Einer der Deputierten, Karl Henning, ging an die hintere Wand und fuhr mit dem Finger über den Boden. Herr Kommissar, hier ist geschruppt worden. Vor kurzem. Schwarz trat näher. Der Boden war an dieser Stelle heller, das Holz beinahe weiß. Etwas wurde hier gereinigt, murmelte er. Aber warum nur dieser Fleck? Matilde Schäfer antwortete mit kalter Ruhe: “Wir halten Gottes Haus sauber, Herr Kommissar. Man reinigt, wo das Blut geflossen ist.
Das Opferblut der Tiere.” Schwarz sah sie lange an oder das Blut von Menschen. Sie erwiderte nichts, doch ihre Lippen zuckten, als müsse sie ein Lächeln unterdrücken. Im oberen Stockwerk hörte man ein Rascheln. Wilhelm Kranz, der Älteste der Beamten, stieg vorsichtig die Leiter hinauf, die zum Dachboden führte.
Nach wenigen Augenblicken rief er leise: “Herr Kommissar, sie sollten das sehen.” Schwarz kletterte hinauf. Zwischen den Balken lagen Matratzen aus Stroh. In der Ecke hockten zwei Kinder, schmutzig, dünn, mit verfilztem Haar. Sie sahen die Männer mit angst geweiteten Augen an.
Noch bevor Schwarz sie ansprechen konnte, zog eine unsichtbare Hand sie zurück in die Dunkelheit. “Wie viele Kinder leben hier?”, fragte schwarz scharf, als er wieder unten war. “Keine”, antwortete Matilde. “Uns Saat ist schwach. Gott nimmt sie, bevor die Welt sie verderben kann. Otto Schäfer, der Mittlere der Brüder, trat einen Schritt vor. Seine Stimme war tief, fast kehig. Wir tun, was uns geboten ist. Ihr versteht das nicht.
Fremde verstehen es nie. Schwarz holte tief Luft. Er wußte, daß jede falsche Bewegung hier Blut kosten konnte, doch sein Pflichtgefühl ließ ihn nicht weichen. Ich werde das gesamte Anwesen durchsuchen. Wenn Sie uns daran hindern, verhaften wir sie wegen Behinderung einer Ermittlung. Einen Augenblick lang schien es, als würde jemand das Messer ziehen.
Dann sagte Mathilde: “Sucht, ihr werdet nichts finden.” Sie trat zur Seite und ihr Blick war jene einer Königin, die weiß, dass ihre Macht nicht von dieser Welt stammt. Draußen begann der Wind zu singen, ein leises Pfeifen zwischen den Ästen. Die Männer durchsuchten die Scheune, leer, abgesehen von einem Maultier und ein paar Säckenkorn. Dann fanden sie einen schmalen Pfad hinter dem Haus.
kaum erkennbar von Fahnen überwuchert. Karl Henning blieb davor stehen. Hier führt etwas weiter. Wollen wir? Schwarz nickte. Wir gehen. Die vier Männer drangen durch das Gestrüpp. Das Licht wurde schwächer. Die Geräusche der Welt verstummten. Der Pfad führte in eine Senke, kaum 50 Schritte entfernt, und dort sahen sie eine Hütte.
Kleiner, verfallen, das Dach mit Moos bedeckt. Doch aus dem Schornstein stieg Rauch auf. Schwarz hob die Hand. Bleib zurück. Dann rief er laut: “Königliche Polizei, zeigen Sie sich!” Für einen Moment geschah nichts. Dann öffnete sich die Tür und zwei Gestalten traten hervor. Zwei Frauen abgemagert, in Lumpen gehüllt, die Haut bleich wie Pergament, die Ältere stützte die Jüngere. deren Blick leer war wie ein Spiegel ohne Glas.