Der Fall Fabian: Anatomie eines Albtraums – War der Wald nur eine grausame Bühne für das „Zweite Verbrechen“?
Drei Wochen sind vergangen, seit Deutschland kollektiv aufatmete – oder es zumindest zu glauben versuchte. Gina H., 29 Jahre alt, galt als die Hauptverdächtige im schockierenden Fall des ermordeten achtjährigen Fabian aus Güstro. Doch jetzt erschüttert eine forensische Bombe die Ermittlungsarbeit bis ins Mark und reißt ein neues, viel düstereres Loch in die ohnehin schon schreckliche Tragödie: Der Tatort war woanders.
An jenem trostlosen Flecken Erde, zwischen den verkohlten Baumstämmen eines kleinen Waldstücks bei Güstro, wo Fabians Überreste gefunden wurden, war der Junge nach Überzeugung führender Rechtsmediziner nicht gestorben. Die neue, offizielle Erkenntnis klingt wie ein Donnerschlag und wirft alle bisherigen Annahmen über den Haufen. Es war nur ein Brandplatz, nicht der Ort des Verbrechens.

Die Sprache der Asche: Was die Forensik wirklich fand
Die Analyse der Spuren vor Ort durch das Team der Rechtsmedizin der Universität Rostock liefert einen unmissverständlichen Beweis für eine minutiöse Inszenierung. Der Wald, von Anfang an ein Symbol des Grauens, war demnach nur der letzte Akt eines viel größeren, geplanten Verbrechens. Die Forensiker fanden Indizien, die nicht zur natürlichen Umgebung passten:
-
Der unsaubere Brand: Der Rußanteil war ungewöhnlich niedrig und der Verbrennungsgrad ungleichmäßig, ein klares Zeichen für einen sekundären Brandort. Es sah aus, als sei der Körper nachträglich dorthin gebracht worden.
-
Die fremde Erde: Die Experten stießen auf Bodenpartikel und Mikropartikel, die eher auf ein urbanes Umfeld hindeuten, nicht auf einen Wald. Am schockierendsten: Winzige Reste von Betonstaub und Bitumenpartikeln. Dies ist Material, das typischerweise auf Baustellen oder an Industrieanlagen vorkommt.
-
Die gezielte Vernichtung: Es gab keine eindeutigen Schleifspuren, die auf eine unmittelbare Tat vor Ort schließen lassen. Zudem war der Brand zu sauber, zu kontrolliert. Die Vermutung: Brandbeschleuniger wurden gezielt eingesetzt, um Beweise zu vernichten.
Dieser Befund – dass Fabian an einem anderen Ort gestorben ist – veränderte die Ermittlungsrichtung schlagartig. Planung, Logistik, ein zweites Paar Hände: Die Spuren deuteten auf eine koordinierte Tat hin, die Gina H. allein physisch kaum hätte bewältigen können.
Die Hauptverdächtige selbst, Gina H., schweigt beharrlich seit ihrer Verhaftung. Kein Geständnis, keine Reue. Über ihren Anwalt ließ sie lediglich verlauten: „Meine Mandantin wird sich nicht äußern“. Doch die Ermittler kämpfen nicht nur gegen ihr Schweigen, sondern auch gegen die Lücken im Fall. Gina H. war keine Fremde, sie kannte Fabians Mutter, arbeitete gelegentlich in einem Café. Von Bekannten als ruhig, zurückhaltend, aber merkwürdig verschlossen beschrieben, passte ihr psychologisches Profil (starke Stimmungsschwankungen) nie ganz zu der Präzision, die beim Verbrennen der Leiche an den Tag gelegt wurde. Die Frage stand im Raum: Wer hätte ihr helfen können?
Das Komplott aus Angst und Schweigen: Die Spur zum Mittäter
Zeugenberichte aus der Tatnacht erhielten mit den neuen forensischen Erkenntnissen plötzlich ein ganz neues Gewicht:
-
Der Transporter: Zeugen erinnern sich, einen dunklen Lieferwagen in der Nähe des Waldstücks gesehen zu haben. Eine Anwohnerin will laute Motorengeräusche gehört haben. Internen Dokumenten zufolge begann die Polizei mit der Identifizierung eines grauen Transporters mit abgedunkelten Scheiben. Brisant: Für dieses Modell lagen im Landkreis keine offiziellen Halterdaten vor.
-
Die verschwundenen Gestalten: Ein anderer Anwohner will zwei Gestalten mit Taschenlampen gesehen haben.
-
Das entscheidende Metallteil: Die forensische Untersuchung brachte einen Fund ans Licht, der geheim gehalten wurde: ein deformierter Metallrest. Experten vermuten, dass das Teil nicht von der Umgebung stammt und möglicherweise dazu diente, das Feuer zu legen oder zu kontrollieren.
Dieses Metallteil sollte zum Wendepunkt werden. Durch ein internes Leck sickerten Dokumente durch: An der Brandstelle wurden DNA-Spuren von zwei verschiedenen Personen gefunden! Eine Spur gehörte Fabian, die andere ließ sich keinem bekannten Profil zuordnen – aber sie stammte eindeutig nicht von Gina H. Die zweite DNA-Probe haftete an dem deformierten Metallrest und wies mikroskopische Rückstände von Latex auf, möglicherweise von einem Arbeitshandschuh.
Die Hypothese des Komplizen rückte unaufhaltsam in den Fokus. Die Ermittler prüfen Kontakte aus Gina H.s sozialem Umfeld, darunter einen Mann, der kurz nach der Tat spurlos untergetaucht ist. Er und Gina H. sollen über gemeinsame Bekannte in Kontakt gestanden haben und in den Monaten zuvor mehrfach gemeinsam gesehen worden sein, auch in der Nähe des Waldes. Chatverläufe deuteten auf ein „Geheimnis, das nie ans Licht kommen darf“ hin. Der verschwundene Mann – ein etwa Mitte 30-Jähriger, der früher als Lagerarbeiter beschäftigt war – wurde schnell zum Ziel der Fahnder. Das letzte registrierte Signal seines Handys stammte aus derselben Tatnacht in der Nähe einer verlassenen Lagerhalle.