Der Populismus-Hammer: Nena Brockhaus demaskiert das Totschlagargument in der Asyl-Debatte – Die brisante Wahrheit über die Macht der Gerichte und den Mut zur Symbolpolitik
Berlin. Ein Talkshow-Abend in Berlin. Was als politische Debatte begann, endete in einer messerscharfen Lektion über die Grenzen des Sagbaren in der deutschen Migrationspolitik. Im Zentrum stand der Schlagabtausch zwischen der Journalistin Nena Brockhaus und dem als „Möchtegern-Comedian“ titulierten Florian Schröder. Der Anlass: Ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts, das die Zurückweisungen von Asylsuchenden an den Grenzen als rechtswidrig einstufte.
Die Frage stand im Raum: Ist die Union, mit Alexander Dobrindt und Friedrich Merz an der Spitze, auf dem besten Weg, die politische Legitimität durch populistisches Agieren zu verspielen? Ist sie, wie Kritiker monierten, in eine juristische Falle getappt, die alle Experten vorhergesagt hatten? Doch Brockhaus durchbrach das bequeme Narrativ der juristischen Unfehlbarkeit mit einer Härte, die den Gegner sichtlich leiden ließ. Sie stellte die Gegenfrage, die die deutsche Politik seit 2015 nicht beantwortet hat: Muss eine Regierung die Mehrheit ihrer Bürger enttäuschen, um Gesetze einzuhalten, die der Bürgerwille längst als gescheitert ansieht? Und noch brisanter: Kann das Wort „Populismus“ heute noch als analytischer Begriff dienen – oder ist es lediglich ein „Totschlagargument“, um unliebsame Kritik zu diskreditieren und die dringend notwendige Debatte über die Integrationsfähigkeit und die Grenzen des Rechtsstaates zu ersticken?

I. Die „Klatsche mit Ansage“: Wenn die Politik bewusst das Gesetz bricht
Die Debatte entzündete sich an der Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts. Die Zurückweisungen an der Grenze seien rechtswidrig, so das Gericht. Für Florian Schröder und die Juristin Frau Hermann war dies eine „Klatsche mit Ansage“. Die Union, so der Vorwurf, sei sehenden Auges in ein Desaster gelaufen, das von Migrationsexperten wie Gerald Knaus klar prognostiziert worden war.
Die Kritiker sehen in dieser Vorgehensweise ein gefährliches System, das die Autorität des Rechtsstaates bewusst untergräbt. Frau Hermann zog den verhängnisvollen Vergleich zur „Methode Trump“ heran: Es gehe darum zu zeigen, dass etwas gewollt sei, selbst wenn es Recht und Verfassung widerspreche. Sie führte Merz’ „berühmte fünf Punkte“ an, die schon vor der Wahl „eindeutig verfassungswidrig“ und gegen Europarecht gewesen seien. Dies sei eine Politik, die sich „überhaupt nicht darum [kümmert], was die Gesetzeslage in den USA ist, sondern sagt, ich bin gewählter Präsident und jetzt mache ich die Gesetze“.
Die fatalste Parallele zog sie zum Mautdebakel, bei dem Alexander Dobrindt als Verkehrsminister ebenfalls Warnungen ignorierte, eine PKW-Maut, die nur Ausländer zahlen sollten, sei diskriminierend und damit europarechtswidrig. Die Folge war nicht nur die Kassierung des Gesetzes, sondern auch eine Steuergeldverschwendung von 243 Millionen Euro an die Mautbetreiber. Die Quintessenz dieser Kritik: Die Union handelt in wichtigen Rechtsfragen dilettantisch oder, schlimmer, sie ist bereit, das Gesetz zu beugen, um kurzfristige populistische Erfolge zu erzielen. Sie betreibe damit billigsten Populismus in Sachen Sicherheitspolitik.
II. Das politische Dilemma: Bürgerwille versus Juristische Unfehlbarkeit
Nena Brockhaus nahm das politische Argument auf und wies die Populismus-Kritik scharf zurück. Für sie ist der zentrale Punkt nicht die juristische Feinheit, sondern die politische Realität und der Wille der Bevölkerung.
Sie konterte mit aktuellen Zahlen: Laut einer Umfrage wollten fast 70 % der Deutschen weniger Flüchtlinge aufnehmen. Wenn die Union das Thema aufgreife, bediene sie nicht den Populismus, sondern antworte auf einen klaren gesellschaftlichen Auftrag. Die Kritik, man mache nur das Spiel der Rechtspopulisten, sei unzureichend, wenn das Gefühl in der Bevölkerung so weit verbreitet sei, dass „etwas passieren muss“.
„Ich würde das nicht immer so abwischen mit diesem, ja, die Menschen wollen das, da muss man schauen, die Menschen wollen das.“
Das ist der Kern des politischen Dilemmas: Der Rechtsstaat ist an Gerichte und EU-Recht gebunden. Doch wenn das Volk massiv zurückgehende Zahlen bei der Aufnahme und gleichzeitig massive Anstrengungen bei der Grenzpolizei sieht (die laut Schröder und Knaus im Verhältnis zum Ertrag in der ersten Woche minimal waren), entsteht ein Spagat zwischen Aufwand und Ertrag. Wenn die Politik das Gefühl vermittelt, sie sei hilflos und müsse immer warten, bis „irgendein Gericht dann irgendein EU-Recht umsetzt“, so Brockhaus, enttäuscht sie nicht nur die Menschen, sondern schafft einen Nährboden für jene Extremisten, deren Themen man vermeiden möchte.
Brockhaus argumentiert, dass die Notwendigkeit, durchzuhalten, auch gegen den Einwand, die Bundespolizei sei an anderen Orten dringender gebraucht, gelte. Sie berief sich auf Stimmen innerhalb der Polizei, die bestätigten, die Grenzkontrollen seien durchhaltbar.
III. Der Merkel-Präzedenzfall: Die Legitimität der Ausnahme
Ihr stärkstes Argument in der politischen Verteidigung der Unionspolitik ist der Präzedenzfall von 2015.
„Angela Merkel hat 2015 Dublin, worüber wir heute debattieren, außer Kraft gesetzt. Rechtlich war das in Ordnung. Das ist ganz wichtig, weil es gibt immer diesen Mythos. Angela Merkel hätte das Recht gebrochen, hat sie nicht gebrochen.“
Indem sie die rechtliche Legitimität von Merkels Aussetzung der Dublin-Regeln betonte, schuf Brockhaus einen entscheidenden Hebel: Dublin wurde also schon einmal außer Kraft gesetzt. Folglich sei es scheinheilig, wenn man heute von „Populismus“ spreche, nur weil die Union macht, „was die Bürger wollen und was übrigens auch schon mal getan wurde, nur halt in anderer Hinsicht“.
Für Brockhaus ist das Vorgehen selbst dann richtig, wenn es „nur Symbolpolitik ist“. Symbolpolitik sei richtig, weil sie nach außen zeige, dass der Staat Grenzen habe und diese schütze. Es sei eine Aufgabe des Staates, nach außen zu zeigen, dass man nicht alle aufnehmen könne. Wenn der europäische Zusammenhalt daran scheitere, dass Deutschland seine Grenzen schütze, dann sei der europäische Zusammenhalt in seiner jetzigen Form ohnehin gescheitert.
Hier wird die Debatte zur Grundsatzfrage: Wie viel nationale Souveränität ist Deutschland bereit aufzugeben, um den europäischen Konsens zu wahren? Brockhaus’ Antwort ist unmissverständlich: Deutschland muss sich selber schützen.

IV. Die Grenzen der Kapazität und die gescheiterte Integration
Die Diskussion verlagerte sich schnell von der Rechts- und Sicherheitspolitik zur Frage der Integrationsfähigkeit und Aufnahmekapazität Deutschlands. Brockhaus, die sich als große Europäerin und Kennerin des Europarechts darstellte, stellte die humanitäre Dimension der Debatte auf den Kopf:
„Wir können doch auch nicht alle aufnehmen und dann sind wir auch nicht humanitär. Das muss man ja auch ganz klar sagen. Man kann nicht alle nehmen und sie richtig integrieren.“
Sie nutzte die eindringliche Metapher des überfüllten Hauses: „In ein Haus mit sechs Zimmern passen auch nicht 300 Menschen.“. Die Kritiker, die Deutschland als ein Land mit zehn Zimmern darstellen, in dem nur drei bewohnt sind, ignorierten die Lebensrealität. Die Wahrheit sei, dass Deutschland seiner humanitären Verantwortung nicht gerecht werde, wenn es immer mehr Menschen aufnehme, ohne sie richtig integrieren zu können.
Die Probleme der Integration lägen dabei auch an Deutschland selbst, an den Ämtern und der Bürokratie. Anstatt immer mehr aufzunehmen, müsse sich die Politik auf die Integration der Menschen konzentrieren, die bereits hier sind. Sie forderte eine Zuwanderung, die arbeitet, und untermauerte dies mit persönlichen Anekdoten aus dem Alltag.
In diesem Kontext kritisierte sie die Turbo-Einbürgerung als „Verschleudern der deutschen Staatsbürgerschaft“, während Schröder diese gerade als „gute Idee“ für qualifizierte Leute lobte. Die tiefe Kluft zwischen den Lagern wird hier sichtbar: Die einen wollen schnell qualifizierte Arbeitskräfte binden, die anderen sehen in der Staatsbürgerschaft ein Gut, das nicht leichtfertig vergeben werden darf.
V. Die Entartung der Debattenkultur: „Populismus“ als Notausgang
Der eigentliche Skandal dieser Talkshow – und das wichtigste Argument der Analyse – liegt im Zustand der demokratischen Debattenkultur.
Am Ende der Diskussion, als die Argumente zur Neige gingen, wurde die Kritik an Brockhaus zunehmend persönlich und reflexhaft. Die Unterstellung, ihre Meinung sei nur getrieben durch finanzielle Interessen ihres Unternehmerehemanns, war ein Tiefpunkt, der jegliche inhaltliche Auseinandersetzung verließ.
Der Sprecher des Videos und die Analyse kommen zum gleichen Schluss: Es ist ein alarmierendes Zeichen, wenn Kritik reflexhaft als Populismus abgestempelt wird. Dieses Wort, einst ein wichtiges analytisches Instrument, verkomme zunehmend zu einem bequemen Totschlagargument.
„Wer Fragen stellt, wer Zweifel äußert, wer Entscheidungen der Regierung hinterfragt, wird mit einem Schlag diskreditiert, bevor seine Argumente überhaupt gehört wurden.“
In diesem Moment endet die Diskussion, nicht weil die besseren Argumente gewonnen hätten, sondern weil die Gegner keine Argumente mehr besitzen. Sie ziehen den moralischen und intellektuellen „Notausgang“ des Populismus-Etiketts. Eine Gesellschaft, die Andersdenkende vorschnell in diese Schublade steckt, verliert die Fähigkeit zum Lernen, verengt ihren Blick und erstickt die Vielfalt, die eine Demokratie erst lebendig macht.
Die Debatte um die Migrationspolitik ist komplex. Sie berührt Fragen des Rechts, der Humanität, der nationalen Kapazität und der politischen Legitimität. Nena Brockhaus hat in diesem hitzigen Schlagabtausch eine unbequeme Wahrheit formuliert: Eine Politik, die den Willen der Bürger ignoriert und jede Kritik daran reflexhaft als Populismus abtut, schwächt letztlich sich selbst und das Fundament der demokratischen Auseinandersetzung. Mut, Respekt und die Bereitschaft, auch unbequeme Stimmen ernst zu nehmen – das ist die Lektion, die über der Frage von Grenzkontrollen und Gerichtsentscheidungen steht.