Friedrich Steinbrecher – Die Entsetzlichen Familienverbrechen, die 1927 ans Licht kamen

Der Lehrer, der sich fragte, warum keines der Mädchen je zur Schule ging. All diese kleinen Splitter ergaben erst im Rückblick das Bild eines Verbrechens, das sich im offenen Blickfeld abgespielt hatte, aber verborgen durch die Angst der Leute, sich einzumischen. Dingemann war entschlossen, diese Lektion festzuhalten.

Auch der Fall von Patrizia Hermann ließ ihn nicht los. Die Dorfbewohner hatten mehrfach nach ihr gesucht und obwohl keine Hoffnung mehr existierte, wollte niemand das Gefühl haben, sie einfach vergessen zu haben. Mehrmals organisierte Dingemann gemeinsame Suchzüge in das Heidegegebiet rund um den ehemaligen Hof.

Doch die Heide war groß, das Gelände unberechenbar und der Körper eines Menschen konnte dort innerhalb weniger Wochen spurlos verschwinden. Die Mutter von Patrizia, deren Herz den Schmerz nicht überlebt hatte, wurde imselben Grab wie ihre Tochter gedacht, obwohl es leer blieb. Viele sagten: “Es sei besser so. Der Gedanke an die Wahrheit sei zu schwer gewesen.

In jenen Monaten geschah jedoch auch etwas anderes, etwas, das niemand erwartet hatte. Anna begann zu sprechen. Nicht viel, nicht oft. Aber an manchen Abenden, wenn die Sonne über dem Garten rot unterging und die Glocken zur Wesper leäuteten, setzte sie sich zu Schwester Magdalena und erzählte: “Zuerst nur Bruchstücke, wie Grätchen immer kleine Steine sammelte und sie als Schätze bezeichnete, wie Liselotte überall Blumen pflückte, selbst in der sandigsten Ecke. wie Margarete heimlich Papier aus dem Arbeitszimmer des Vaters Stahl, um Zeichnungen anzufertigen.

Später kamen auch schwerere Erinnerungen. “Kammen hat uns alle beschützt”, sagte Anna einmal, die Hände fest ineinander verschränkt. “Sie hat immer gesagt, wir müssen warten, dass irgendwann jemand kommen würde.” Schwester Magdalena hörte schweigend zu. Anna erzählte weiter. Sie sang oft, sogar wenn er, wenn er uns schimpfte.

Sie sang, damit die Kleinen keine Angst hatten. Diese Geschichten verbreiteten sich nicht offiziell, aber sie wanderten durch das Kloster, bis sie schließlich auch den Dorfbewohnern in kleinen vorsichtigen Erzählungen zugetragen wurden.

Es veränderte die Art, wie die Schwestern gesehen wurden, nicht nur als Opfer, sondern als Individuen, als Mädchen, die mehr waren als ihr Leid. In dieser Zeit reiste Dingemann mehrmals nach Hamburg, um Berichte vorzulegen und sich mit Kollegen zu beraten. Viele Juristen und Psychologen interessierten sich für den Fall. Einige nannten Steinbrecher einen religiösen Fanatiker, andere einen Sadisten, wieder andere einen schwergestörten Mann.

Doch Dingemann weigerte sich, ihn auf eine Theorie zu reduzieren. “Seine Gründe spielen keine Rolle”, sagte er in einem Gespräch mit einem Reporter. Wichtig ist, wie viele Menschen an ihm gescheitert sind. Trotz all dieser Bemühung, das Geschehene öffentlich zu machen, blieb das Dorf Eichenmoor misstrauisch gegenüber Außenstehenden.

Journalisten, die auftauchten und über das Monster der Heide schreiben wollten, wurden häufig abgewiesen. Einige Dorfbewohner gaben Interviews, darunter Abundius Meer, der glaubte, dass die Geschichte erzählt werden müsse. Andere sagten nichts. Aus Scham. aus Angst oder aus dem tiefen Bedürfnis endlich Ruhe einkehren zu lassen. Fahrer Emil schrieb später nach seiner Genesung, dass jeder Mensch in diesem Dorf ein Stück des Schmerzes trug, wie ein Stein in der Tasche, den man nicht ablegen konnte. Gleichzeitig geschah etwas erstaunliches im Kloster. Anna,

die sich lange verschlossen hatte, begann sich langsam in das Leben einzufügen. Sie half in der Küche, im Garten, im Nähimmer. Ihre Bewegungen wurden sicherer, ihre Augen wacher. Sie lächelte nicht oft, aber manchmal, wenn die anderen Nonnen etwas Lustiges erzählten, zog ein leises, vorsichtiges Lächeln über ihr Gesicht, wie ein heller Fleck auf einem grauen Himmel.

Die Schwestern achteten darauf, sie niemals zu drängen, niemals zu fragen, wohin ihre Gedanken wanderten und Anna respektierte ihre Stille, doch die Albträume blieben. Eines Tages fand man sie keuchend am Brunnen im Garten, eine Hand auf die Brust gepresst, als würde sie ersticken. Schwester Magdalena brachte sie hastig ins Innere. “Ich habe ihn gesehen”, keuchte Anna.

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