Ein unabhängiger Gutachter aus Hamburg soll laut internen Berichten darauf hingewiesen haben, dass bestimmte Rückstände auf dem verbrannten Handschuh nicht mit dem Bodenmaterial des offiziellen Fundortes übereinstimmen. Vielmehr deuten die Aschepartikel auf eine Entstehung in kleinen, geschlossenen Feuerstellen oder metallenen Fässern hin. Dieses Detail ist für Ermittler enorm bedeutsam, denn es eröffnet die Möglichkeit, dass der Körper des Jungen zunächst an einem anderen Ort verbrannt wurde, bevor er später in das Waldstück bei Klein Upal gebracht wurde. Die Inszenierung eines “zufälligen” Fundortes wäre damit eine gezielte Irreführung.
Zeitgleich tauchte ein bisher unbekanntes Handyvideo auf, aufgenommen am Abend des Verschwindens. Das Material zeigt einen Lichtschein und kurz darauf ein Fahrzeug, das rückwärts in einen Waldweg einbiegt. Dieses Video wird nun als potentiell entscheidend eingestuft, da es auffallend gut zu den Aussagen mehrerer Zeugen passt, die in dieser Nacht eine ungewöhnliche Rauchentwicklung in der Nähe eines verlassenen Schuppens beobachtet haben wollen.
Noch brisanter: Auf einer Überwachungskamera eines Landhandels ist ein dunkler Kombi mit einer eingedrückten Stoßstange zu sehen. Interne Analysen ergaben Ähnlichkeiten mit dem Wagen eines Mannes, der früheren Kontakt zur Verdächtigen gehabt haben soll. Offiziell wird dieses Detail zwar weder bestätigt noch dementiert, doch bei den Ermittlern gilt es längst als die „mögliche zweite Spur“.
Sollte sich bewahrheiten, dass der Tatort und der Fundort nicht identisch sind, würde dies nicht nur die bisherige Erzählung ins Wanken bringen. Es würde die Frage nach einem möglichen Komplizen mit neuer, unentrinnbarer Wucht aufwerfen. Der Gedanke an eine im Voraus geplante Tat, eine gezielte Beseitigung und Verbringung der Leiche – möglicherweise durch zwei Personen – verleiht dem Fall eine Schwere, die weit über die bisherigen Spekulationen hinausreicht und eine völlig neue Jagd nach der Wahrheit eröffnet.
Die Suche nach dem fehlenden Puzzleteil
Am Rand des kleinen Waldgebietes bei Klein Upal liegt an diesem Morgen ein stiller, schwerer Nebel über dem Boden, als hätte die Landschaft selbst begonnen, die Tragik in sich aufzunehmen. Hier zeigt sich die ganze Tragik eines Falles, der noch immer keine eindeutigen Antworten kennt. Die Hinweise auf mögliche Widersprüche, auf einen verschobenen Tatort und auf die Beteiligung weiterer Personen verdichten sich, doch die Wahrheit bleibt hinter einer Wand aus Schweigen und widersprechenden Spuren verborgen.
Die Mutter des Jungen sucht fast täglich die Stelle auf, an der ihr Sohn gefunden wurde. Sie schwankt, so berichtet ihre Anwältin, zwischen Hoffnung auf Erlösung und erneuter Erschöpfung durch jeden neuen, schmerzhaften Hinweis. Auch in der Stadt Güstro wächst die Unruhe. Viele fragen sich: Haben die Ermittlungen wirklich alle Wege ausgeschöpft? Oder agiert irgendwo jemand noch immer im Hintergrund, unbehelligt, unsichtbar und vielleicht sogar dicht genug am Umfeld, um keinen Verdacht zu erregen?
Die Ermittler stehen vor der Mammutaufgabe, aus einer Vielzahl widersprüchlicher Elemente ein Gesamtbild zu formen, das vor Gericht Bestand haben kann. Doch solange die Hauptverdächtige schweigt und gleichzeitig Indizien auftauchen, die auf einen zweiten Beteiligten deuten, bleibt das Risiko hoch, dass die Wahrheit erneut entgleitet. Der Fall Fabian steht an einem Punkt, an dem jedes kleine Detail ausschlaggebend sein kann: Ein winziges Stück Asche. Eine Kameraufnahme. Eine vergessene Erinnerung. All das könnte der Schlüssel sein, der die dunkle Lücke zwischen Wissen und Vermutung schließt.